richt gegeben, die er von seinem Spion erhalten hat te. Es gefällt mir an ihm, daß er nicht viel dar aus machet, sondern verächtlich davon redet. Hät te ich nicht durch Sie Nachricht davon gehabt, so würde ich geglaubt haben, daß es eine Erdichtung von ihm sey, dadurch er meine Abreise nach Lon- don zu beschleunigen suche, weil er selbst längstens gewünscht hat zu London zu seyn.
Er las mir einige Stellen aus Lehmans Briefe vor, die mit der Erzählung der Fräulein Lloyd übereinstimmeten und nur den Umstand hinzusetzten: daß einer Nahmens Singleton, ein Schottischer Schiffs-Capitain der Mann sey, der sich zu dieser Gewaltthätigkeit gebrauchen lassen will. Jch ken- ne ihn von Person: Denn er ist zweymahl als ein Freund meines Bruders zu Harloweburg zu Ga- ste gewesen. Er hat etwas dreistes und unerschro- ckenes im Gesichte, und ich halte ihn für den Er- finder dieses Vorschlages. Mein Bruder mag vielleicht gegen jedermann von meiner Uebereilung reden, wie er denn meiner nie geschonet hat, ehe ich ihm noch Gelegenheit gab mich herunter zu setzen.
Dieser Singleton wohnt zu Leith: es wird also wohl die Absicht seyn, mich nach dem Hause meines Bruders zu bringen, welches nicht weit von diesem Hafen liegt.
Wenn ich diese Umstände zusammen nehme, so bin ich in grossen Sorgen, daß man versuchen wird diesen Vorschlag auszuführen, so verächtlich auch Herr Lovelace davon redet, weil er nicht gewohnt ist sich zu fürchten, und daß Unglück daraus entste- hen könnte.
Als
richt gegeben, die er von ſeinem Spion erhalten hat te. Es gefaͤllt mir an ihm, daß er nicht viel dar aus machet, ſondern veraͤchtlich davon redet. Haͤt te ich nicht durch Sie Nachricht davon gehabt, ſo wuͤrde ich geglaubt haben, daß es eine Erdichtung von ihm ſey, dadurch er meine Abreiſe nach Lon- don zu beſchleunigen ſuche, weil er ſelbſt laͤngſtens gewuͤnſcht hat zu London zu ſeyn.
Er las mir einige Stellen aus Lehmans Briefe vor, die mit der Erzaͤhlung der Fraͤulein Lloyd uͤbereinſtimmeten und nur den Umſtand hinzuſetzten: daß einer Nahmens Singleton, ein Schottiſcher Schiffs-Capitain der Mann ſey, der ſich zu dieſer Gewaltthaͤtigkeit gebrauchen laſſen will. Jch ken- ne ihn von Perſon: Denn er iſt zweymahl als ein Freund meines Bruders zu Harloweburg zu Ga- ſte geweſen. Er hat etwas dreiſtes und unerſchro- ckenes im Geſichte, und ich halte ihn fuͤr den Er- finder dieſes Vorſchlages. Mein Bruder mag vielleicht gegen jedermann von meiner Uebereilung reden, wie er denn meiner nie geſchonet hat, ehe ich ihm noch Gelegenheit gab mich herunter zu ſetzen.
Dieſer Singleton wohnt zu Leith: es wird alſo wohl die Abſicht ſeyn, mich nach dem Hauſe meines Bruders zu bringen, welches nicht weit von dieſem Hafen liegt.
Wenn ich dieſe Umſtaͤnde zuſammen nehme, ſo bin ich in groſſen Sorgen, daß man verſuchen wird dieſen Vorſchlag auszufuͤhren, ſo veraͤchtlich auch Herr Lovelace davon redet, weil er nicht gewohnt iſt ſich zu fuͤrchten, und daß Ungluͤck daraus entſte- hen koͤnnte.
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te ich nicht durch Sie Nachricht davon gehabt, ſo
wuͤrde ich geglaubt haben, daß es eine Erdichtung
von ihm ſey, dadurch er meine Abreiſe nach Lon-
don zu beſchleunigen ſuche, weil er ſelbſt laͤngſtens
gewuͤnſcht hat zu London zu ſeyn.
Er las mir einige Stellen aus Lehmans Briefe
vor, die mit der Erzaͤhlung der Fraͤulein Lloyd
uͤbereinſtimmeten und nur den Umſtand hinzuſetzten:
daß einer Nahmens Singleton, ein Schottiſcher
Schiffs-Capitain der Mann ſey, der ſich zu dieſer
Gewaltthaͤtigkeit gebrauchen laſſen will. Jch ken-
ne ihn von Perſon: Denn er iſt zweymahl als ein
Freund meines Bruders zu Harloweburg zu Ga-
ſte geweſen. Er hat etwas dreiſtes und unerſchro-
ckenes im Geſichte, und ich halte ihn fuͤr den Er-
finder dieſes Vorſchlages. Mein Bruder mag
vielleicht gegen jedermann von meiner Uebereilung
reden, wie er denn meiner nie geſchonet hat, ehe
ich ihm noch Gelegenheit gab mich herunter zu ſetzen.
Dieſer Singleton wohnt zu Leith: es wird
alſo wohl die Abſicht ſeyn, mich nach dem Hauſe
meines Bruders zu bringen, welches nicht weit
von dieſem Hafen liegt.
Wenn ich dieſe Umſtaͤnde zuſammen nehme, ſo
bin ich in groſſen Sorgen, daß man verſuchen wird
dieſen Vorſchlag auszufuͤhren, ſo veraͤchtlich auch
Herr Lovelace davon redet, weil er nicht gewohnt
iſt ſich zu fuͤrchten, und daß Ungluͤck daraus entſte-
hen koͤnnte.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/354>, abgerufen am 24.11.2024.
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