so will ich nicht aufhören fremde gegen ihn zu thun, damit diese Tugend bey ihm zunehmen möge. Was aber den Vorschlag anlanget, daß ich Jhnen mei- ne Meinung durch ihn schreiben lassen soll, so weiß ich fast nicht, was sie für eine Absicht dabey ha- ben. Wollen Sie mir etwan den Menschen un- entbehrlich machen? Unser Briefwechsel soll den- noch nicht abgebrochen werden, Sie mögen so furchtsam und gewissenhaft seyn, als Sie wollen. Der Briefwechsel soll nicht darunter leiden, wenn ich gleich diesen Vorschlag nicht annehmen kann.
Für ihn wird es Ehre genug seyn, wenn sein Nahme oft in unsern Vriefen genannt wird. Er hat alsdenn schon die Ehre, daß wir ein Vertrauen in ihn setzen, die ihm Muth geben wird, den Kopf in die Höhe zu halten, und seine artige Hand mit dem schönen Ringe zu zeigen: und mich seiner Dienstfertigkeit zu versichern, und seines Hoch- muths darüber, daß er mir gefällig seyn kann, und seiner Emsigkeit, und seiner Treue, und seiner Tü- cken, die er anwendet, unser Geheimniß zu verber- gen, und daß er meine Mutter stets eine zweydeuti- ge Antwort geben wird, und noch funfzig mahl und. Er bekommt hiedurch manche neue Gelegenheit, der gnädigen Frau Howe ihre wunderschöne Tochter zu besuchen.
Allein das ist zu viel, daß ich mich mit ihm allein in mein Closet verschliessen sollte, so oft ich es nö- thig finde an Sie zu schreiben, und ihm den Brief gleichsam vorsagen, und meiner Mutter dabey weiß machen sollte, wir hielten lange verliebte Un-
terre-
Dritter Theil. Y
ſo will ich nicht aufhoͤren fremde gegen ihn zu thun, damit dieſe Tugend bey ihm zunehmen moͤge. Was aber den Vorſchlag anlanget, daß ich Jhnen mei- ne Meinung durch ihn ſchreiben laſſen ſoll, ſo weiß ich faſt nicht, was ſie fuͤr eine Abſicht dabey ha- ben. Wollen Sie mir etwan den Menſchen un- entbehrlich machen? Unſer Briefwechſel ſoll den- noch nicht abgebrochen werden, Sie moͤgen ſo furchtſam und gewiſſenhaft ſeyn, als Sie wollen. Der Briefwechſel ſoll nicht darunter leiden, wenn ich gleich dieſen Vorſchlag nicht annehmen kann.
Fuͤr ihn wird es Ehre genug ſeyn, wenn ſein Nahme oft in unſern Vriefen genannt wird. Er hat alsdenn ſchon die Ehre, daß wir ein Vertrauen in ihn ſetzen, die ihm Muth geben wird, den Kopf in die Hoͤhe zu halten, und ſeine artige Hand mit dem ſchoͤnen Ringe zu zeigen: und mich ſeiner Dienſtfertigkeit zu verſichern, und ſeines Hoch- muths daruͤber, daß er mir gefaͤllig ſeyn kann, und ſeiner Emſigkeit, und ſeiner Treue, und ſeiner Tuͤ- cken, die er anwendet, unſer Geheimniß zu verber- gen, und daß er meine Mutter ſtets eine zweydeuti- ge Antwort geben wird, und noch funfzig mahl und. Er bekommt hiedurch manche neue Gelegenheit, der gnaͤdigen Frau Howe ihre wunderſchoͤne Tochter zu beſuchen.
Allein das iſt zu viel, daß ich mich mit ihm allein in mein Cloſet verſchlieſſen ſollte, ſo oft ich es noͤ- thig finde an Sie zu ſchreiben, und ihm den Brief gleichſam vorſagen, und meiner Mutter dabey weiß machen ſollte, wir hielten lange verliebte Un-
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Dritter Theil. Y
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ſo will ich nicht aufhoͤren fremde gegen ihn zu thun,
damit dieſe Tugend bey ihm zunehmen moͤge. Was
aber den Vorſchlag anlanget, daß ich Jhnen mei-
ne Meinung durch ihn ſchreiben laſſen ſoll, ſo weiß
ich faſt nicht, was ſie fuͤr eine Abſicht dabey ha-
ben. Wollen Sie mir etwan den Menſchen un-
entbehrlich machen? Unſer Briefwechſel ſoll den-
noch nicht abgebrochen werden, Sie moͤgen ſo
furchtſam und gewiſſenhaft ſeyn, als Sie wollen.
Der Briefwechſel ſoll nicht darunter leiden, wenn
ich gleich dieſen Vorſchlag nicht annehmen kann.
Fuͤr ihn wird es Ehre genug ſeyn, wenn ſein
Nahme oft in unſern Vriefen genannt wird. Er
hat alsdenn ſchon die Ehre, daß wir ein Vertrauen
in ihn ſetzen, die ihm Muth geben wird, den Kopf
in die Hoͤhe zu halten, und ſeine artige Hand mit
dem ſchoͤnen Ringe zu zeigen: und mich ſeiner
Dienſtfertigkeit zu verſichern, und ſeines Hoch-
muths daruͤber, daß er mir gefaͤllig ſeyn kann, und
ſeiner Emſigkeit, und ſeiner Treue, und ſeiner Tuͤ-
cken, die er anwendet, unſer Geheimniß zu verber-
gen, und daß er meine Mutter ſtets eine zweydeuti-
ge Antwort geben wird, und noch funfzig mahl und.
Er bekommt hiedurch manche neue Gelegenheit, der
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zu beſuchen.
Allein das iſt zu viel, daß ich mich mit ihm allein
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/351>, abgerufen am 22.12.2024.
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