ehemahls vorgegangen seyn möchte, dadurch nur bey dem lebenden Theil die unangenehmen Erinne- rungen erneuert und empfindlicher gemacht werden.
Der viertzigste Brief Eine Fortsetzung des vorigen von der Fräulein Clarissa Harlowe.
Jch muß nicht mehr von jener Sache schreiben. Eine angenehmere Materie würde es seyn, wenn ich über eine Jhrer lebhaften Neben-Anmer- ckungen wiederum eine Anmerckung machen dürfte: wenn sie nehmlich bey dem Hickmannischen Aus- druck, billigen, so vornehm thun.
Wie gehet es doch zu, daß ein Frauenzimmer, welches wegen seiner Edelmüthigkeit überall bekannt ist, sich selbst bisweilen nicht gleichet, und nicht ge- gen jedermann eben so edelmüthig ist? Daß es bey einer solchen Gelegenheit nicht edelmüthig ist, bey der Artigkeit, Klugheit, und Danckbarkeit ihm neue Bewegungs-Gründe zu dieser Tugend geben? Herr Hickmann hat, wie Sie selbst gestehen ein artiges und liebenswürdiges Hertz. Wenn ich dieses nicht längstens gewußt hätte, so würde ich niemahls gleich- sam seine Freywerberin bey der Fräulein Howe gewesen seyn. Wie oft habe ich ihn bedauret, wenn ich das Glück hatte, Sie zu besuchen, und sahe, daß er, nachdem er eine Zeitlang die gantze Gesell- schaft in Jhrer Abwesenheit auf eine angenehme Art
unter-
Dritter Theil. X
ehemahls vorgegangen ſeyn moͤchte, dadurch nur bey dem lebenden Theil die unangenehmen Erinne- rungen erneuert und empfindlicher gemacht werden.
Der viertzigſte Brief Eine Fortſetzung des vorigen von der Fraͤulein Clariſſa Harlowe.
Jch muß nicht mehr von jener Sache ſchreiben. Eine angenehmere Materie wuͤrde es ſeyn, wenn ich uͤber eine Jhrer lebhaften Neben-Anmer- ckungen wiederum eine Anmerckung machen duͤrfte: wenn ſie nehmlich bey dem Hickmanniſchen Aus- druck, billigen, ſo vornehm thun.
Wie gehet es doch zu, daß ein Frauenzimmer, welches wegen ſeiner Edelmuͤthigkeit uͤberall bekannt iſt, ſich ſelbſt bisweilen nicht gleichet, und nicht ge- gen jedermann eben ſo edelmuͤthig iſt? Daß es bey einer ſolchen Gelegenheit nicht edelmuͤthig iſt, bey der Artigkeit, Klugheit, und Danckbarkeit ihm neue Bewegungs-Gruͤnde zu dieſer Tugend geben? Herr Hickmann hat, wie Sie ſelbſt geſtehen ein artiges und liebenswuͤrdiges Hertz. Wenn ich dieſes nicht laͤngſtens gewußt haͤtte, ſo wuͤrde ich niemahls gleich- ſam ſeine Freywerberin bey der Fraͤulein Howe geweſen ſeyn. Wie oft habe ich ihn bedauret, wenn ich das Gluͤck hatte, Sie zu beſuchen, und ſahe, daß er, nachdem er eine Zeitlang die gantze Geſell- ſchaft in Jhrer Abweſenheit auf eine angenehme Art
unter-
Dritter Theil. X
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0335"n="321"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
ehemahls vorgegangen ſeyn moͤchte, dadurch nur<lb/>
bey dem lebenden Theil die unangenehmen Erinne-<lb/>
rungen erneuert und empfindlicher gemacht werden.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="2"><head><hirendition="#fr">Der viertzigſte Brief</hi><lb/>
Eine Fortſetzung des vorigen von der Fraͤulein<lb/><hirendition="#fr">Clariſſa Harlowe.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">J</hi>ch muß nicht mehr von jener Sache ſchreiben.<lb/>
Eine angenehmere Materie wuͤrde es ſeyn,<lb/>
wenn ich uͤber eine Jhrer lebhaften Neben-Anmer-<lb/>
ckungen wiederum eine Anmerckung machen duͤrfte:<lb/>
wenn ſie nehmlich bey dem Hickmanniſchen Aus-<lb/>
druck, <hirendition="#fr">billigen,</hi>ſo vornehm thun.</p><lb/><p>Wie gehet es doch zu, daß ein Frauenzimmer,<lb/>
welches wegen ſeiner Edelmuͤthigkeit uͤberall bekannt<lb/>
iſt, ſich ſelbſt bisweilen nicht gleichet, und nicht ge-<lb/>
gen jedermann eben ſo edelmuͤthig iſt? Daß es bey<lb/>
einer ſolchen Gelegenheit nicht edelmuͤthig iſt, bey<lb/>
der Artigkeit, Klugheit, und Danckbarkeit ihm neue<lb/>
Bewegungs-Gruͤnde zu dieſer Tugend geben? Herr<lb/><hirendition="#fr">Hickmann</hi> hat, wie Sie ſelbſt geſtehen ein artiges<lb/>
und liebenswuͤrdiges Hertz. Wenn ich dieſes nicht<lb/>
laͤngſtens gewußt haͤtte, ſo wuͤrde ich niemahls gleich-<lb/>ſam ſeine Freywerberin bey der Fraͤulein <hirendition="#fr">Howe</hi><lb/>
geweſen ſeyn. Wie oft habe ich ihn bedauret,<lb/>
wenn ich das Gluͤck hatte, Sie zu beſuchen, und ſahe,<lb/>
daß er, nachdem er eine Zeitlang die gantze Geſell-<lb/>ſchaft in Jhrer Abweſenheit auf eine angenehme Art<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr">Dritter Theil.</hi> X</fw><fwplace="bottom"type="catch">unter-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[321/0335]
ehemahls vorgegangen ſeyn moͤchte, dadurch nur
bey dem lebenden Theil die unangenehmen Erinne-
rungen erneuert und empfindlicher gemacht werden.
Der viertzigſte Brief
Eine Fortſetzung des vorigen von der Fraͤulein
Clariſſa Harlowe.
Jch muß nicht mehr von jener Sache ſchreiben.
Eine angenehmere Materie wuͤrde es ſeyn,
wenn ich uͤber eine Jhrer lebhaften Neben-Anmer-
ckungen wiederum eine Anmerckung machen duͤrfte:
wenn ſie nehmlich bey dem Hickmanniſchen Aus-
druck, billigen, ſo vornehm thun.
Wie gehet es doch zu, daß ein Frauenzimmer,
welches wegen ſeiner Edelmuͤthigkeit uͤberall bekannt
iſt, ſich ſelbſt bisweilen nicht gleichet, und nicht ge-
gen jedermann eben ſo edelmuͤthig iſt? Daß es bey
einer ſolchen Gelegenheit nicht edelmuͤthig iſt, bey
der Artigkeit, Klugheit, und Danckbarkeit ihm neue
Bewegungs-Gruͤnde zu dieſer Tugend geben? Herr
Hickmann hat, wie Sie ſelbſt geſtehen ein artiges
und liebenswuͤrdiges Hertz. Wenn ich dieſes nicht
laͤngſtens gewußt haͤtte, ſo wuͤrde ich niemahls gleich-
ſam ſeine Freywerberin bey der Fraͤulein Howe
geweſen ſeyn. Wie oft habe ich ihn bedauret,
wenn ich das Gluͤck hatte, Sie zu beſuchen, und ſahe,
daß er, nachdem er eine Zeitlang die gantze Geſell-
ſchaft in Jhrer Abweſenheit auf eine angenehme Art
unter-
Dritter Theil. X
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/335>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.