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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

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theilte Liebe fodern, so sollten sie mit der äusersten
Sorgfalt dergleichen fortdaurenden Zwiespalt zu
vermeiden suchen, der ihre Kinder zwinget, ihre Ehr-
furcht und Liebe zu theilen, und einen von beyden
auszuwählen, dem sie diese natürlichen und uner-
läßlichen Pflichten erzeigen wollen.

Allein die Ursache alles Unglücks ist diese: meine
Mutter ist eine unvergleichliche Haushälterin, und
recht dazu gebohren etwas auszurichten: eine mun-
tere und aufmercksame Frau aber wird sich nicht
gern so viel einreden lassen, als eine Schlaf-Mütze.
Diese ist sich bewust, daß ihr vieles zu gute gehal-
ten werden muß: allein jene weiß gar zu viel von
ihrer Geschicklichkeit und guten Eigenschaften, als
daß sie von jemand ausser sich eine gute Meinung
haben sollte. Eine jede hat ihren Wurm: und den
gewiß. Weil sie sieht, daß sie in der Haushaltung
brauchbar ist, so will sie noch mehr als brauchbar
seyn.

Jch versichere Jhnen, wenn ich eine Manns-
Person wäre, und ruhig zu leben wünschte, so wollte
ich keine von den klugen Haushälterinnen nehmen,
wenn sie auch güldene Eyer legen könnte. Wenn
ich von meiner Geliebten hörete, daß sie nach dem
Urtheil der Leute Verstand hätte, und auf alles
merckte, so wollte ich mich zuförderst erkundigen, ob
sie Verstand nach Art der Frauenzimmer oder der
Manns-Leute habe. Wenn ich ein schlaf-truncke-
ner träger Schweimeler wäre, der vielleicht seines
Verwalters Bauer werden könnte: so wollte ich mir
eine Parthey aussuchen, vor der sich mein Verwal-
ter fürchten müßte.


Jch



theilte Liebe fodern, ſo ſollten ſie mit der aͤuſerſten
Sorgfalt dergleichen fortdaurenden Zwieſpalt zu
vermeiden ſuchen, der ihre Kinder zwinget, ihre Ehr-
furcht und Liebe zu theilen, und einen von beyden
auszuwaͤhlen, dem ſie dieſe natuͤrlichen und uner-
laͤßlichen Pflichten erzeigen wollen.

Allein die Urſache alles Ungluͤcks iſt dieſe: meine
Mutter iſt eine unvergleichliche Haushaͤlterin, und
recht dazu gebohren etwas auszurichten: eine mun-
tere und aufmerckſame Frau aber wird ſich nicht
gern ſo viel einreden laſſen, als eine Schlaf-Muͤtze.
Dieſe iſt ſich bewuſt, daß ihr vieles zu gute gehal-
ten werden muß: allein jene weiß gar zu viel von
ihrer Geſchicklichkeit und guten Eigenſchaften, als
daß ſie von jemand auſſer ſich eine gute Meinung
haben ſollte. Eine jede hat ihren Wurm: und den
gewiß. Weil ſie ſieht, daß ſie in der Haushaltung
brauchbar iſt, ſo will ſie noch mehr als brauchbar
ſeyn.

Jch verſichere Jhnen, wenn ich eine Manns-
Perſon waͤre, und ruhig zu leben wuͤnſchte, ſo wollte
ich keine von den klugen Haushaͤlterinnen nehmen,
wenn ſie auch guͤldene Eyer legen koͤnnte. Wenn
ich von meiner Geliebten hoͤrete, daß ſie nach dem
Urtheil der Leute Verſtand haͤtte, und auf alles
merckte, ſo wollte ich mich zufoͤrderſt erkundigen, ob
ſie Verſtand nach Art der Frauenzimmer oder der
Manns-Leute habe. Wenn ich ein ſchlaf-truncke-
ner traͤger Schweimeler waͤre, der vielleicht ſeines
Verwalters Bauer werden koͤnnte: ſo wollte ich mir
eine Parthey ausſuchen, vor der ſich mein Verwal-
ter fuͤrchten muͤßte.


Jch
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[306/0320] theilte Liebe fodern, ſo ſollten ſie mit der aͤuſerſten Sorgfalt dergleichen fortdaurenden Zwieſpalt zu vermeiden ſuchen, der ihre Kinder zwinget, ihre Ehr- furcht und Liebe zu theilen, und einen von beyden auszuwaͤhlen, dem ſie dieſe natuͤrlichen und uner- laͤßlichen Pflichten erzeigen wollen. Allein die Urſache alles Ungluͤcks iſt dieſe: meine Mutter iſt eine unvergleichliche Haushaͤlterin, und recht dazu gebohren etwas auszurichten: eine mun- tere und aufmerckſame Frau aber wird ſich nicht gern ſo viel einreden laſſen, als eine Schlaf-Muͤtze. Dieſe iſt ſich bewuſt, daß ihr vieles zu gute gehal- ten werden muß: allein jene weiß gar zu viel von ihrer Geſchicklichkeit und guten Eigenſchaften, als daß ſie von jemand auſſer ſich eine gute Meinung haben ſollte. Eine jede hat ihren Wurm: und den gewiß. Weil ſie ſieht, daß ſie in der Haushaltung brauchbar iſt, ſo will ſie noch mehr als brauchbar ſeyn. Jch verſichere Jhnen, wenn ich eine Manns- Perſon waͤre, und ruhig zu leben wuͤnſchte, ſo wollte ich keine von den klugen Haushaͤlterinnen nehmen, wenn ſie auch guͤldene Eyer legen koͤnnte. Wenn ich von meiner Geliebten hoͤrete, daß ſie nach dem Urtheil der Leute Verſtand haͤtte, und auf alles merckte, ſo wollte ich mich zufoͤrderſt erkundigen, ob ſie Verſtand nach Art der Frauenzimmer oder der Manns-Leute habe. Wenn ich ein ſchlaf-truncke- ner traͤger Schweimeler waͤre, der vielleicht ſeines Verwalters Bauer werden koͤnnte: ſo wollte ich mir eine Parthey ausſuchen, vor der ſich mein Verwal- ter fuͤrchten muͤßte. Jch

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/320>, abgerufen am 25.11.2024.