mich, um zu entdecken was in meinem Gemüthe vorging. Meine Freude war tiefer verstecket, als daß ihr Auge sie hätte entdecken können, wenn es auch ein Sonnen-Strahl gewesen wäre.
Das schöne Kind setzt nicht das geringste Zu- trauen auf mich. Wenn ich meine Absichten ändern solte, so wirst du mich doch nie durch Vorhaltung ihres Vertrauens, das sie auf mich und auf meine Ehre setzt, dazu bewegen. Soll ein solcher geübter Kunstverständiger in der Kunst verschmitzt zu lie- ben von einem unerfahrnen Kinde übervortheilet werden?
Wie ward mir? als ich sahe, daß mein Kind sich die ausgekünstelten Briefe so gefallen ließ, daß es mich um Dolemanns Brief bat, um ihn an die Fräulein Howe zu senden, damit die ihn sich gleichfalls gefallen lassen möchte.
Sind das nicht einfältige Schelm-Kinder, die sich so viel auf ihr eignes Urtheil verlassen, und den- noch mit offenen Augen Fehltritte thun! Nichts als die Erfahrung kann ihnen die Weisheit der alten Mütter beybringen, und sie in den Stand setzen, unsere List zu nichte zu machen. Alsdenn können sie als Caßandren sitzen, und andern predigen, was jene ihm eben so wenig glauben werden, als sie es jetzt von ihren Müttern annehmen, wann ih- nen ein artiger und dreister Kerl, (wie du einen ken- nest) in den Weg kommt.
Aber, Belford, ist dir das nicht auf das Hertz gefallen, daß der schlaue Kerl der Dolemann die Strasse, in der die Wittwe wohnet, Doverstreet
nennet?
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mich, um zu entdecken was in meinem Gemuͤthe vorging. Meine Freude war tiefer verſtecket, als daß ihr Auge ſie haͤtte entdecken koͤnnen, wenn es auch ein Sonnen-Strahl geweſen waͤre.
Das ſchoͤne Kind ſetzt nicht das geringſte Zu- trauen auf mich. Wenn ich meine Abſichten aͤndern ſolte, ſo wirſt du mich doch nie durch Vorhaltung ihres Vertrauens, das ſie auf mich und auf meine Ehre ſetzt, dazu bewegen. Soll ein ſolcher geuͤbter Kunſtverſtaͤndiger in der Kunſt verſchmitzt zu lie- ben von einem unerfahrnen Kinde uͤbervortheilet werden?
Wie ward mir? als ich ſahe, daß mein Kind ſich die ausgekuͤnſtelten Briefe ſo gefallen ließ, daß es mich um Dolemanns Brief bat, um ihn an die Fraͤulein Howe zu ſenden, damit die ihn ſich gleichfalls gefallen laſſen moͤchte.
Sind das nicht einfaͤltige Schelm-Kinder, die ſich ſo viel auf ihr eignes Urtheil verlaſſen, und den- noch mit offenen Augen Fehltritte thun! Nichts als die Erfahrung kann ihnen die Weisheit der alten Muͤtter beybringen, und ſie in den Stand ſetzen, unſere Liſt zu nichte zu machen. Alsdenn koͤnnen ſie als Caßandren ſitzen, und andern predigen, was jene ihm eben ſo wenig glauben werden, als ſie es jetzt von ihren Muͤttern annehmen, wann ih- nen ein artiger und dreiſter Kerl, (wie du einen ken- neſt) in den Weg kommt.
Aber, Belford, iſt dir das nicht auf das Hertz gefallen, daß der ſchlaue Kerl der Dolemann die Straſſe, in der die Wittwe wohnet, Doverſtreet
nennet?
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mich, um zu entdecken was in meinem Gemuͤthe
vorging. Meine Freude war tiefer verſtecket, als
daß ihr Auge ſie haͤtte entdecken koͤnnen, wenn es
auch ein Sonnen-Strahl geweſen waͤre.
Das ſchoͤne Kind ſetzt nicht das geringſte Zu-
trauen auf mich. Wenn ich meine Abſichten aͤndern
ſolte, ſo wirſt du mich doch nie durch Vorhaltung
ihres Vertrauens, das ſie auf mich und auf meine
Ehre ſetzt, dazu bewegen. Soll ein ſolcher geuͤbter
Kunſtverſtaͤndiger in der Kunſt verſchmitzt zu lie-
ben von einem unerfahrnen Kinde uͤbervortheilet
werden?
Wie ward mir? als ich ſahe, daß mein Kind
ſich die ausgekuͤnſtelten Briefe ſo gefallen ließ, daß
es mich um Dolemanns Brief bat, um ihn an
die Fraͤulein Howe zu ſenden, damit die ihn ſich
gleichfalls gefallen laſſen moͤchte.
Sind das nicht einfaͤltige Schelm-Kinder, die
ſich ſo viel auf ihr eignes Urtheil verlaſſen, und den-
noch mit offenen Augen Fehltritte thun! Nichts als
die Erfahrung kann ihnen die Weisheit der alten
Muͤtter beybringen, und ſie in den Stand ſetzen,
unſere Liſt zu nichte zu machen. Alsdenn koͤnnen
ſie als Caßandren ſitzen, und andern predigen,
was jene ihm eben ſo wenig glauben werden, als
ſie es jetzt von ihren Muͤttern annehmen, wann ih-
nen ein artiger und dreiſter Kerl, (wie du einen ken-
neſt) in den Weg kommt.
Aber, Belford, iſt dir das nicht auf das Hertz
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Straſſe, in der die Wittwe wohnet, Doverſtreet
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/311>, abgerufen am 22.12.2024.
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