Jch hatte noch den Endzweck, ihr einen hohen Begriff von ihrer Klugheit und Vorsichtigkeit bey- zubringen. Wenn ich eine Grube grabe, so wün- sche ich, daß mein Raub gantz sicher und ohne Furcht in die Grube gehen möge. Alsdenn kann man auf sein schönes Kind einen losen Blick thun: in aller Welt, mein Hertzgen, wie bist du so gefan- gen worden?
Montag den 17. April.
Jetzt eben habe ich von dem ehrlichen Joseph Lehmann neue Nachricht erhalten. Du kennest MademoiselleBetterton und Notting- ham. Jacob Harlowe sucht jetzt diese Fami- lien wider mich zur Rache zu reitzen. Vor einiger Zeit gaben sich die Harlowes sehr viel Mühe, diese Geschichte umständlich zu erfahren. Sie sind jetzt entschlossen (die tummen Teuffels) Lerm zu blasen, wenn sie es anders können. Mein Kopf ist jetzt sehr beschäftiget, den tummen Juncker zu meinem Vortheil zum Schelm, zum Rechts-Verdreher, zum Angeber zu machen, weil ich glaube, daß die Fräulein mir in London sagen wird: drey Schrit- te vom Leibe, oder gar weg! Du sollst zu seiner Zeit Josephs Brief, und meine Antwort zu sehen be- kommen. (*) Wenn ich eine Schelmerey früh ge- nug weiß, so habe ich sie schon zu nichte gemacht, und den Schelm selbst betrogen.
Joseph ist voll von hypocondrischen gewissen- haften Thorheiten. Seine gantze Hypocondrie kann
vor
(*) Siehe den 45sten und 46sten Brief dieses Bandes.
Jch hatte noch den Endzweck, ihr einen hohen Begriff von ihrer Klugheit und Vorſichtigkeit bey- zubringen. Wenn ich eine Grube grabe, ſo wuͤn- ſche ich, daß mein Raub gantz ſicher und ohne Furcht in die Grube gehen moͤge. Alsdenn kann man auf ſein ſchoͤnes Kind einen loſen Blick thun: in aller Welt, mein Hertzgen, wie biſt du ſo gefan- gen worden?
Montag den 17. April.
Jetzt eben habe ich von dem ehrlichen Joſeph Lehmann neue Nachricht erhalten. Du kenneſt MademoiſelleBetterton und Notting- ham. Jacob Harlowe ſucht jetzt dieſe Fami- lien wider mich zur Rache zu reitzen. Vor einiger Zeit gaben ſich die Harlowes ſehr viel Muͤhe, dieſe Geſchichte umſtaͤndlich zu erfahren. Sie ſind jetzt entſchloſſen (die tummen Teuffels) Lerm zu blaſen, wenn ſie es anders koͤnnen. Mein Kopf iſt jetzt ſehr beſchaͤftiget, den tummen Juncker zu meinem Vortheil zum Schelm, zum Rechts-Verdreher, zum Angeber zu machen, weil ich glaube, daß die Fraͤulein mir in London ſagen wird: drey Schrit- te vom Leibe, oder gar weg! Du ſollſt zu ſeiner Zeit Joſephs Brief, und meine Antwort zu ſehen be- kommen. (*) Wenn ich eine Schelmerey fruͤh ge- nug weiß, ſo habe ich ſie ſchon zu nichte gemacht, und den Schelm ſelbſt betrogen.
Joſeph iſt voll von hypocondriſchen gewiſſen- haften Thorheiten. Seine gantze Hypocondrie kann
vor
(*) Siehe den 45ſten und 46ſten Brief dieſes Bandes.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0292"n="278"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Jch hatte noch den Endzweck, ihr einen hohen<lb/>
Begriff von ihrer Klugheit und Vorſichtigkeit bey-<lb/>
zubringen. Wenn ich eine Grube grabe, ſo wuͤn-<lb/>ſche ich, daß mein Raub gantz ſicher und ohne<lb/>
Furcht in die Grube gehen moͤge. Alsdenn kann<lb/>
man auf ſein ſchoͤnes Kind einen loſen Blick thun:<lb/>
in aller Welt, mein Hertzgen, wie biſt du ſo gefan-<lb/>
gen worden?</p><lb/><p><hirendition="#et">Montag den 17. April.</hi></p><lb/><p><hirendition="#in">J</hi>etzt eben habe ich von dem ehrlichen <hirendition="#fr">Joſeph<lb/>
Lehmann</hi> neue Nachricht erhalten. Du<lb/>
kenneſt <hirendition="#aq">Mademoiſelle</hi><hirendition="#fr">Betterton</hi> und <hirendition="#fr">Notting-<lb/>
ham. Jacob Harlowe</hi>ſucht jetzt dieſe Fami-<lb/>
lien wider mich zur Rache zu reitzen. Vor einiger<lb/>
Zeit gaben ſich die <hirendition="#fr">Harlowes</hi>ſehr viel Muͤhe, dieſe<lb/>
Geſchichte umſtaͤndlich zu erfahren. Sie ſind jetzt<lb/>
entſchloſſen (die tummen Teuffels) Lerm zu blaſen,<lb/>
wenn ſie es anders koͤnnen. Mein Kopf iſt jetzt<lb/>ſehr beſchaͤftiget, den tummen Juncker zu meinem<lb/>
Vortheil zum Schelm, zum Rechts-Verdreher,<lb/>
zum Angeber zu machen, weil ich glaube, daß die<lb/>
Fraͤulein mir in <hirendition="#fr">London</hi>ſagen wird: drey Schrit-<lb/>
te vom Leibe, oder gar weg! Du ſollſt zu ſeiner Zeit<lb/><hirendition="#fr">Joſephs</hi> Brief, und meine Antwort zu ſehen be-<lb/>
kommen. <noteplace="foot"n="(*)">Siehe den 45ſten und 46ſten Brief dieſes<lb/>
Bandes.</note> Wenn ich eine Schelmerey fruͤh ge-<lb/>
nug weiß, ſo habe ich ſie ſchon zu nichte gemacht, und<lb/>
den Schelm ſelbſt betrogen.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Joſeph</hi> iſt voll von hypocondriſchen gewiſſen-<lb/>
haften Thorheiten. Seine gantze Hypocondrie kann<lb/><fwplace="bottom"type="catch">vor</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[278/0292]
Jch hatte noch den Endzweck, ihr einen hohen
Begriff von ihrer Klugheit und Vorſichtigkeit bey-
zubringen. Wenn ich eine Grube grabe, ſo wuͤn-
ſche ich, daß mein Raub gantz ſicher und ohne
Furcht in die Grube gehen moͤge. Alsdenn kann
man auf ſein ſchoͤnes Kind einen loſen Blick thun:
in aller Welt, mein Hertzgen, wie biſt du ſo gefan-
gen worden?
Montag den 17. April.
Jetzt eben habe ich von dem ehrlichen Joſeph
Lehmann neue Nachricht erhalten. Du
kenneſt Mademoiſelle Betterton und Notting-
ham. Jacob Harlowe ſucht jetzt dieſe Fami-
lien wider mich zur Rache zu reitzen. Vor einiger
Zeit gaben ſich die Harlowes ſehr viel Muͤhe, dieſe
Geſchichte umſtaͤndlich zu erfahren. Sie ſind jetzt
entſchloſſen (die tummen Teuffels) Lerm zu blaſen,
wenn ſie es anders koͤnnen. Mein Kopf iſt jetzt
ſehr beſchaͤftiget, den tummen Juncker zu meinem
Vortheil zum Schelm, zum Rechts-Verdreher,
zum Angeber zu machen, weil ich glaube, daß die
Fraͤulein mir in London ſagen wird: drey Schrit-
te vom Leibe, oder gar weg! Du ſollſt zu ſeiner Zeit
Joſephs Brief, und meine Antwort zu ſehen be-
kommen. (*) Wenn ich eine Schelmerey fruͤh ge-
nug weiß, ſo habe ich ſie ſchon zu nichte gemacht, und
den Schelm ſelbſt betrogen.
Joſeph iſt voll von hypocondriſchen gewiſſen-
haften Thorheiten. Seine gantze Hypocondrie kann
vor
(*) Siehe den 45ſten und 46ſten Brief dieſes
Bandes.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/292>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.