willkommener Gast darin gewesen seyn würden. (Hiebey laurete er mir auf die Augen.)
Jch sagte: das sind meine Gedancken auch. Es ist zwar unangenehm, auf das ungewisse nach Lon- don zu reisen. Aber wie ungereimt würde es seyn, daß eine Person, die für völlig frey von ihm angese- hen seyn will, einem ihrer Bekannten eine solche Verbindlichkeit haben solte? noch dazu eben demje- nigen Herrn dessen Nahmen die Meinigen auf die Aufschrifft meiner Briefe setzen müssen, wenn sie mich einer Antwort würdigen? Sie hätten den Vor- schlag nicht einmahl thun sollen.
Er sagte: er hätte ihn gar nicht in der Absicht gethan, daß ich ihn billigen solte, sondern nur um mir zu zeigen, wie verlegen er wegen eines bessern Vorschlages sey.
Handelt ihre Familie (sagte er) mit keinem Kauffmann, der eine bequeme Gelegenheit hat? Jch wollte es einen solchen schon bezahlen, daß er ihren Aufenthalt geheim hält. Die Kauff-Leute sind zwar rechte Nadeln-Krämer: wer ihnen vor einen Groschen Waare abnimt, der gilt mehr bey ihnen, als wer ihnen einen Thaler schencket, weil sie es ein- mahl so gewohnt sind. Allein sie werden auch den Thaler nicht ausschlagen.
Jch antwortete: an niemanden würde eher ge- schrieben werden, als an die Kauff-Leute, mit de- nen mein Vater handelte, wenn man meinen Auf- enthalt auskundschafften wöllte. Dieser Vorschlag sey eben so ungereimt, als der erste.
Wir
willkommener Gaſt darin geweſen ſeyn wuͤrden. (Hiebey laurete er mir auf die Augen.)
Jch ſagte: das ſind meine Gedancken auch. Es iſt zwar unangenehm, auf das ungewiſſe nach Lon- don zu reiſen. Aber wie ungereimt wuͤrde es ſeyn, daß eine Perſon, die fuͤr voͤllig frey von ihm angeſe- hen ſeyn will, einem ihrer Bekannten eine ſolche Verbindlichkeit haben ſolte? noch dazu eben demje- nigen Herrn deſſen Nahmen die Meinigen auf die Aufſchrifft meiner Briefe ſetzen muͤſſen, wenn ſie mich einer Antwort wuͤrdigen? Sie haͤtten den Vor- ſchlag nicht einmahl thun ſollen.
Er ſagte: er haͤtte ihn gar nicht in der Abſicht gethan, daß ich ihn billigen ſolte, ſondern nur um mir zu zeigen, wie verlegen er wegen eines beſſern Vorſchlages ſey.
Handelt ihre Familie (ſagte er) mit keinem Kauffmann, der eine bequeme Gelegenheit hat? Jch wollte es einen ſolchen ſchon bezahlen, daß er ihren Aufenthalt geheim haͤlt. Die Kauff-Leute ſind zwar rechte Nadeln-Kraͤmer: wer ihnen vor einen Groſchen Waare abnimt, der gilt mehr bey ihnen, als wer ihnen einen Thaler ſchencket, weil ſie es ein- mahl ſo gewohnt ſind. Allein ſie werden auch den Thaler nicht ausſchlagen.
Jch antwortete: an niemanden wuͤrde eher ge- ſchrieben werden, als an die Kauff-Leute, mit de- nen mein Vater handelte, wenn man meinen Auf- enthalt auskundſchafften woͤllte. Dieſer Vorſchlag ſey eben ſo ungereimt, als der erſte.
Wir
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0284"n="270"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
willkommener Gaſt darin geweſen ſeyn wuͤrden.<lb/>
(Hiebey laurete er mir auf die Augen.)</p><lb/><p>Jch ſagte: das ſind meine Gedancken auch. Es<lb/>
iſt zwar unangenehm, auf das ungewiſſe nach Lon-<lb/>
don zu reiſen. Aber wie ungereimt wuͤrde es ſeyn,<lb/>
daß eine Perſon, die fuͤr voͤllig frey von ihm angeſe-<lb/>
hen ſeyn will, einem ihrer Bekannten eine ſolche<lb/>
Verbindlichkeit haben ſolte? noch dazu eben demje-<lb/>
nigen Herrn deſſen Nahmen die Meinigen auf die<lb/>
Aufſchrifft meiner Briefe ſetzen muͤſſen, wenn ſie<lb/>
mich einer Antwort wuͤrdigen? Sie haͤtten den Vor-<lb/>ſchlag nicht einmahl thun ſollen.</p><lb/><p>Er ſagte: er haͤtte ihn gar nicht in der Abſicht<lb/>
gethan, daß ich ihn billigen ſolte, ſondern nur um<lb/>
mir zu zeigen, wie verlegen er wegen eines beſſern<lb/>
Vorſchlages ſey.</p><lb/><p>Handelt ihre Familie (ſagte er) mit keinem<lb/>
Kauffmann, der eine bequeme Gelegenheit hat?<lb/>
Jch wollte es einen ſolchen ſchon bezahlen, daß er<lb/>
ihren Aufenthalt geheim haͤlt. Die Kauff-Leute ſind<lb/>
zwar rechte Nadeln-Kraͤmer: wer ihnen vor einen<lb/>
Groſchen Waare abnimt, der gilt mehr bey ihnen,<lb/>
als wer ihnen einen Thaler ſchencket, weil ſie es ein-<lb/>
mahl ſo gewohnt ſind. Allein ſie werden auch den<lb/>
Thaler nicht ausſchlagen.</p><lb/><p>Jch antwortete: an niemanden wuͤrde eher ge-<lb/>ſchrieben werden, als an die Kauff-Leute, mit de-<lb/>
nen mein Vater handelte, wenn man meinen Auf-<lb/>
enthalt auskundſchafften woͤllte. Dieſer Vorſchlag<lb/>ſey eben ſo ungereimt, als der erſte.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Wir</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[270/0284]
willkommener Gaſt darin geweſen ſeyn wuͤrden.
(Hiebey laurete er mir auf die Augen.)
Jch ſagte: das ſind meine Gedancken auch. Es
iſt zwar unangenehm, auf das ungewiſſe nach Lon-
don zu reiſen. Aber wie ungereimt wuͤrde es ſeyn,
daß eine Perſon, die fuͤr voͤllig frey von ihm angeſe-
hen ſeyn will, einem ihrer Bekannten eine ſolche
Verbindlichkeit haben ſolte? noch dazu eben demje-
nigen Herrn deſſen Nahmen die Meinigen auf die
Aufſchrifft meiner Briefe ſetzen muͤſſen, wenn ſie
mich einer Antwort wuͤrdigen? Sie haͤtten den Vor-
ſchlag nicht einmahl thun ſollen.
Er ſagte: er haͤtte ihn gar nicht in der Abſicht
gethan, daß ich ihn billigen ſolte, ſondern nur um
mir zu zeigen, wie verlegen er wegen eines beſſern
Vorſchlages ſey.
Handelt ihre Familie (ſagte er) mit keinem
Kauffmann, der eine bequeme Gelegenheit hat?
Jch wollte es einen ſolchen ſchon bezahlen, daß er
ihren Aufenthalt geheim haͤlt. Die Kauff-Leute ſind
zwar rechte Nadeln-Kraͤmer: wer ihnen vor einen
Groſchen Waare abnimt, der gilt mehr bey ihnen,
als wer ihnen einen Thaler ſchencket, weil ſie es ein-
mahl ſo gewohnt ſind. Allein ſie werden auch den
Thaler nicht ausſchlagen.
Jch antwortete: an niemanden wuͤrde eher ge-
ſchrieben werden, als an die Kauff-Leute, mit de-
nen mein Vater handelte, wenn man meinen Auf-
enthalt auskundſchafften woͤllte. Dieſer Vorſchlag
ſey eben ſo ungereimt, als der erſte.
Wir
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/284>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.