wüßte. Die sollte sein Gesetz seyn, sie möchte auch ausfallen, wie sie wollte.
Meine Meinung ist, daß sie mich den Augenblick verlassen sollen. Wie oft soll ich ihnen das sagen?
Er wollte mir gehorchen, wenn ich nur an einem andern Orte wäre. Er würde es allen andern Vorschlägen vorziehen, (einen eintzigen ausgenom- men, den er nicht nennen dürfte,) wenn ich auf mein Recht dringen wollte. Alsdenn würde ich Freyheit haben, seinen Besuch anzunehmen oder abzuschlagen: ich würde bloß den Briefwechsel mit ihm fortsetzen: und die gantze Welt würde erkennen, daß der eintzige Endzweck meiner bisherigen Hand- lungen gewesen sey, mich in Freyheit zu setzen.
Wie oft soll ich ihnen sagen, (antwortete ich) daß ich mit meinen Vater nicht vor Gericht gehen will? Meinen sie daß mein Unglück mir eine andere Erklärung des vierten Gebots beybringet, in so fern mir es noch möglich, meine Pflicht gegen meine El- tern zu erfüllen? Wie kann ich ohne Proceß zum Besitz meines Gutes gelangen? oder ohne Hülffe der in dem Testament benanten Persohnen, die vor die Erfüllung zu sorgen haben? der eine von diesen ist ausser Landes, und der andere ist mir zuwider. Alles dieses würde Zeit erfodern, wenn ich auch ih- ren Rath folgen wollte. Jch verlange weiter nichts, als daß Sie sich alsobald entfernen, und mich in völ- liger Freyheit lassen.
Der unartige Mensch fing an bey seiner Seele zu schwören, daß es jetzt nicht sicher sey, sich von mir zu entfernen. Er hätte mir die Ursachen schon
gesagt,
wuͤßte. Die ſollte ſein Geſetz ſeyn, ſie moͤchte auch ausfallen, wie ſie wollte.
Meine Meinung iſt, daß ſie mich den Augenblick verlaſſen ſollen. Wie oft ſoll ich ihnen das ſagen?
Er wollte mir gehorchen, wenn ich nur an einem andern Orte waͤre. Er wuͤrde es allen andern Vorſchlaͤgen vorziehen, (einen eintzigen ausgenom- men, den er nicht nennen duͤrfte,) wenn ich auf mein Recht dringen wollte. Alsdenn wuͤrde ich Freyheit haben, ſeinen Beſuch anzunehmen oder abzuſchlagen: ich wuͤrde bloß den Briefwechſel mit ihm fortſetzen: und die gantze Welt wuͤrde erkennen, daß der eintzige Endzweck meiner bisherigen Hand- lungen geweſen ſey, mich in Freyheit zu ſetzen.
Wie oft ſoll ich ihnen ſagen, (antwortete ich) daß ich mit meinen Vater nicht vor Gericht gehen will? Meinen ſie daß mein Ungluͤck mir eine andere Erklaͤrung des vierten Gebots beybringet, in ſo fern mir es noch moͤglich, meine Pflicht gegen meine El- tern zu erfuͤllen? Wie kann ich ohne Proceß zum Beſitz meines Gutes gelangen? oder ohne Huͤlffe der in dem Teſtament benanten Perſohnen, die vor die Erfuͤllung zu ſorgen haben? der eine von dieſen iſt auſſer Landes, und der andere iſt mir zuwider. Alles dieſes wuͤrde Zeit erfodern, wenn ich auch ih- ren Rath folgen wollte. Jch verlange weiter nichts, als daß Sie ſich alſobald entfernen, und mich in voͤl- liger Freyheit laſſen.
Der unartige Menſch fing an bey ſeiner Seele zu ſchwoͤren, daß es jetzt nicht ſicher ſey, ſich von mir zu entfernen. Er haͤtte mir die Urſachen ſchon
geſagt,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0268"n="254"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
wuͤßte. Die ſollte ſein Geſetz ſeyn, ſie moͤchte auch<lb/>
ausfallen, wie ſie wollte.</p><lb/><p>Meine Meinung iſt, daß ſie mich den Augenblick<lb/>
verlaſſen ſollen. Wie oft ſoll ich ihnen das ſagen?</p><lb/><p>Er wollte mir gehorchen, wenn ich nur an einem<lb/>
andern Orte waͤre. Er wuͤrde es allen andern<lb/>
Vorſchlaͤgen vorziehen, (einen eintzigen ausgenom-<lb/>
men, den er nicht nennen duͤrfte,) wenn ich auf<lb/>
mein Recht dringen wollte. Alsdenn wuͤrde ich<lb/>
Freyheit haben, ſeinen Beſuch anzunehmen oder<lb/>
abzuſchlagen: ich wuͤrde bloß den Briefwechſel mit<lb/>
ihm fortſetzen: und die gantze Welt wuͤrde erkennen,<lb/>
daß der eintzige Endzweck meiner bisherigen Hand-<lb/>
lungen geweſen ſey, mich in Freyheit zu ſetzen.</p><lb/><p>Wie oft ſoll ich ihnen ſagen, (antwortete ich)<lb/>
daß ich mit meinen Vater nicht vor Gericht gehen<lb/>
will? Meinen ſie daß mein Ungluͤck mir eine andere<lb/>
Erklaͤrung des vierten Gebots beybringet, in ſo fern<lb/>
mir es noch moͤglich, meine Pflicht gegen meine El-<lb/>
tern zu erfuͤllen? Wie kann ich ohne Proceß zum<lb/>
Beſitz meines Gutes gelangen? oder ohne Huͤlffe<lb/>
der in dem Teſtament benanten Perſohnen, die vor<lb/>
die Erfuͤllung zu ſorgen haben? der eine von dieſen<lb/>
iſt auſſer Landes, und der andere iſt mir zuwider.<lb/>
Alles dieſes wuͤrde Zeit erfodern, wenn ich auch ih-<lb/>
ren Rath folgen wollte. Jch verlange weiter nichts,<lb/>
als daß Sie ſich alſobald entfernen, und mich in voͤl-<lb/>
liger Freyheit laſſen.</p><lb/><p>Der unartige Menſch fing an bey ſeiner Seele<lb/>
zu ſchwoͤren, daß es jetzt nicht ſicher ſey, ſich von<lb/>
mir zu entfernen. Er haͤtte mir die Urſachen ſchon<lb/><fwplace="bottom"type="catch">geſagt,</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[254/0268]
wuͤßte. Die ſollte ſein Geſetz ſeyn, ſie moͤchte auch
ausfallen, wie ſie wollte.
Meine Meinung iſt, daß ſie mich den Augenblick
verlaſſen ſollen. Wie oft ſoll ich ihnen das ſagen?
Er wollte mir gehorchen, wenn ich nur an einem
andern Orte waͤre. Er wuͤrde es allen andern
Vorſchlaͤgen vorziehen, (einen eintzigen ausgenom-
men, den er nicht nennen duͤrfte,) wenn ich auf
mein Recht dringen wollte. Alsdenn wuͤrde ich
Freyheit haben, ſeinen Beſuch anzunehmen oder
abzuſchlagen: ich wuͤrde bloß den Briefwechſel mit
ihm fortſetzen: und die gantze Welt wuͤrde erkennen,
daß der eintzige Endzweck meiner bisherigen Hand-
lungen geweſen ſey, mich in Freyheit zu ſetzen.
Wie oft ſoll ich ihnen ſagen, (antwortete ich)
daß ich mit meinen Vater nicht vor Gericht gehen
will? Meinen ſie daß mein Ungluͤck mir eine andere
Erklaͤrung des vierten Gebots beybringet, in ſo fern
mir es noch moͤglich, meine Pflicht gegen meine El-
tern zu erfuͤllen? Wie kann ich ohne Proceß zum
Beſitz meines Gutes gelangen? oder ohne Huͤlffe
der in dem Teſtament benanten Perſohnen, die vor
die Erfuͤllung zu ſorgen haben? der eine von dieſen
iſt auſſer Landes, und der andere iſt mir zuwider.
Alles dieſes wuͤrde Zeit erfodern, wenn ich auch ih-
ren Rath folgen wollte. Jch verlange weiter nichts,
als daß Sie ſich alſobald entfernen, und mich in voͤl-
liger Freyheit laſſen.
Der unartige Menſch fing an bey ſeiner Seele
zu ſchwoͤren, daß es jetzt nicht ſicher ſey, ſich von
mir zu entfernen. Er haͤtte mir die Urſachen ſchon
geſagt,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/268>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.