Jch sehe wol, was die Meinung ist, sagte er mit einer niedergeschlagenen und empfindlichen Gebeerde. Wie hart ist mein Schicksaal! Sie haben sich endlich überwinden lassen. Jhr Bru- der und ihre Schwester sind Sieger geblieben; und ich muß alle meine Hoffnung einem solchen Koth von Menschen überlassen. - -
Jch sage es ihnen nochmahls, ich werde nie die seinige werden. Vielleicht nimmt die gantze Ge- schichte auf den Mittewochen ein gantz anderes Ende als sie dencken. - -
Und vielleicht nicht! - - Und denn Himmel - -
Jch habe Grund zu glauben, daß dieses nur der letzte Versuch ist.
Auch ich habe Grund eben das zu glauben. Denn wenn sie nicht eilen, so sind sie Frau Sol- mes.
Nicht also! (siel ich ihm in die Rede) Jn ei- nem Stück bin ich gefällig gewesen: die meinigen werden doch auch ein wenig gefälliger seyn. Wenn alle Hoffnung fehl schlägt, so will ich doch Zeit gewinnen. Jch habe mehr als einen Ausweg: seyn sie dessen versichert.
Aber, meine liebe Fräulein, was hilft das, wenn sie Zeit gewinnen? Jch sehe, daß sie selbst nichts mehreres hoffen. Jch sehe es: sonst würden sie den elenden Vorwand nicht gebrauchen. - - Lieb- stes liebstes Kind, darf ich sie nicht bitten, sich nicht in eine Gefahr zu begeben, davon die Folgen ewig seyn werden? Jch kann sie überzeugen, daß es nicht eine bloße Gefahr seyn wird, sondern daß
sie
Jch ſehe wol, was die Meinung iſt, ſagte er mit einer niedergeſchlagenen und empfindlichen Gebeerde. Wie hart iſt mein Schickſaal! Sie haben ſich endlich uͤberwinden laſſen. Jhr Bru- der und ihre Schweſter ſind Sieger geblieben; und ich muß alle meine Hoffnung einem ſolchen Koth von Menſchen uͤberlaſſen. ‒ ‒
Jch ſage es ihnen nochmahls, ich werde nie die ſeinige werden. Vielleicht nimmt die gantze Ge- ſchichte auf den Mittewochen ein gantz anderes Ende als ſie dencken. ‒ ‒
Und vielleicht nicht! ‒ ‒ Und denn Himmel ‒ ‒
Jch habe Grund zu glauben, daß dieſes nur der letzte Verſuch iſt.
Auch ich habe Grund eben das zu glauben. Denn wenn ſie nicht eilen, ſo ſind ſie Frau Sol- mes.
Nicht alſo! (ſiel ich ihm in die Rede) Jn ei- nem Stuͤck bin ich gefaͤllig geweſen: die meinigen werden doch auch ein wenig gefaͤlliger ſeyn. Wenn alle Hoffnung fehl ſchlaͤgt, ſo will ich doch Zeit gewinnen. Jch habe mehr als einen Ausweg: ſeyn ſie deſſen verſichert.
Aber, meine liebe Fraͤulein, was hilft das, wenn ſie Zeit gewinnen? Jch ſehe, daß ſie ſelbſt nichts mehreres hoffen. Jch ſehe es: ſonſt wuͤrden ſie den elenden Vorwand nicht gebrauchen. ‒ ‒ Lieb- ſtes liebſtes Kind, darf ich ſie nicht bitten, ſich nicht in eine Gefahr zu begeben, davon die Folgen ewig ſeyn werden? Jch kann ſie uͤberzeugen, daß es nicht eine bloße Gefahr ſeyn wird, ſondern daß
ſie
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Jch ſehe wol, was die Meinung iſt, ſagte er
mit einer niedergeſchlagenen und empfindlichen
Gebeerde. Wie hart iſt mein Schickſaal! Sie
haben ſich endlich uͤberwinden laſſen. Jhr Bru-
der und ihre Schweſter ſind Sieger geblieben;
und ich muß alle meine Hoffnung einem ſolchen
Koth von Menſchen uͤberlaſſen. ‒ ‒
Jch ſage es ihnen nochmahls, ich werde nie die
ſeinige werden. Vielleicht nimmt die gantze Ge-
ſchichte auf den Mittewochen ein gantz anderes
Ende als ſie dencken. ‒ ‒
Und vielleicht nicht! ‒ ‒ Und denn Himmel ‒ ‒
Jch habe Grund zu glauben, daß dieſes nur
der letzte Verſuch iſt.
Auch ich habe Grund eben das zu glauben.
Denn wenn ſie nicht eilen, ſo ſind ſie Frau Sol-
mes.
Nicht alſo! (ſiel ich ihm in die Rede) Jn ei-
nem Stuͤck bin ich gefaͤllig geweſen: die meinigen
werden doch auch ein wenig gefaͤlliger ſeyn. Wenn
alle Hoffnung fehl ſchlaͤgt, ſo will ich doch Zeit
gewinnen. Jch habe mehr als einen Ausweg:
ſeyn ſie deſſen verſichert.
Aber, meine liebe Fraͤulein, was hilft das, wenn
ſie Zeit gewinnen? Jch ſehe, daß ſie ſelbſt nichts
mehreres hoffen. Jch ſehe es: ſonſt wuͤrden ſie
den elenden Vorwand nicht gebrauchen. ‒ ‒ Lieb-
ſtes liebſtes Kind, darf ich ſie nicht bitten, ſich
nicht in eine Gefahr zu begeben, davon die Folgen
ewig ſeyn werden? Jch kann ſie uͤberzeugen, daß
es nicht eine bloße Gefahr ſeyn wird, ſondern daß
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/25>, abgerufen am 18.12.2024.
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