meines aufrichtigen Bekänntnisses willen alles über- sehen werden, was ihnen sonst mißfällig seyn könnte.
Jch kannte diesen Joseph Lehmann gar nicht, und ich würde mich geschämt haben, mich eines so niederträchtigen Mittels zu bedienen, und einen Bedienten zu bestechen, damit ich die Heimlichkei- ten des Hauses erfahren möchte; wenn ich ihn nicht darüber ertappet hätte, daß er einen meiner Bedienten bestechen wollte, um von allen meinen Thun und Lassen, von allen meinen vermeinten krummen Wegen, von meinen Umständen, kurtz von allem was mich allein anging Nachrichten zu bekommen. Was die Absicht hiebey war, brau- che ich nicht zu sagen.
Mein Bedienter gab mir hiervon Nachricht, und ich befahl ihm, daß er mir Gelegenheit verschaffen sollte, ihn bey dem nächsten Zuspruch zu behorchen, ohne daß es jener wußte.
Mitten in der Unterredung, da Lehmann eben Geld bot, um eine gewisse Zeitung zu erfahren, und noch mehr Geld versprach, wenn er erst die ge- wünschte Nachricht erfahren haben würde, über- fiel ich sie, und rief, es sollte mir jemand ein Mes- ser bringen, dem Kerl die Ohren abzuschneiden, damit ich sie an die Leute, die ihn zum Spion ge- brauchten, überschicken könnte. Jch hielt ein Ohr veste, und ließ ihn nicht eher loß, bis er mir gestand, wer ihn geschickt hätte.
Er nannte ihren Bruder und ihren Onckle An- ton. So bald er dieses bekannt hatte, vergab ich
ihm
meines aufrichtigen Bekaͤnntniſſes willen alles uͤber- ſehen werden, was ihnen ſonſt mißfaͤllig ſeyn koͤnnte.
Jch kannte dieſen Joſeph Lehmann gar nicht, und ich wuͤrde mich geſchaͤmt haben, mich eines ſo niedertraͤchtigen Mittels zu bedienen, und einen Bedienten zu beſtechen, damit ich die Heimlichkei- ten des Hauſes erfahren moͤchte; wenn ich ihn nicht daruͤber ertappet haͤtte, daß er einen meiner Bedienten beſtechen wollte, um von allen meinen Thun und Laſſen, von allen meinen vermeinten krummen Wegen, von meinen Umſtaͤnden, kurtz von allem was mich allein anging Nachrichten zu bekommen. Was die Abſicht hiebey war, brau- che ich nicht zu ſagen.
Mein Bedienter gab mir hiervon Nachricht, und ich befahl ihm, daß er mir Gelegenheit verſchaffen ſollte, ihn bey dem naͤchſten Zuſpruch zu behorchen, ohne daß es jener wußte.
Mitten in der Unterredung, da Lehmann eben Geld bot, um eine gewiſſe Zeitung zu erfahren, und noch mehr Geld verſprach, wenn er erſt die ge- wuͤnſchte Nachricht erfahren haben wuͤrde, uͤber- fiel ich ſie, und rief, es ſollte mir jemand ein Meſ- ſer bringen, dem Kerl die Ohren abzuſchneiden, damit ich ſie an die Leute, die ihn zum Spion ge- brauchten, uͤberſchicken koͤnnte. Jch hielt ein Ohr veſte, und ließ ihn nicht eher loß, bis er mir geſtand, wer ihn geſchickt haͤtte.
Er nannte ihren Bruder und ihren Onckle An- ton. So bald er dieſes bekannt hatte, vergab ich
ihm
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[194/0208]
meines aufrichtigen Bekaͤnntniſſes willen alles uͤber-
ſehen werden, was ihnen ſonſt mißfaͤllig ſeyn
koͤnnte.
Jch kannte dieſen Joſeph Lehmann gar nicht,
und ich wuͤrde mich geſchaͤmt haben, mich eines ſo
niedertraͤchtigen Mittels zu bedienen, und einen
Bedienten zu beſtechen, damit ich die Heimlichkei-
ten des Hauſes erfahren moͤchte; wenn ich ihn
nicht daruͤber ertappet haͤtte, daß er einen meiner
Bedienten beſtechen wollte, um von allen meinen
Thun und Laſſen, von allen meinen vermeinten
krummen Wegen, von meinen Umſtaͤnden, kurtz
von allem was mich allein anging Nachrichten zu
bekommen. Was die Abſicht hiebey war, brau-
che ich nicht zu ſagen.
Mein Bedienter gab mir hiervon Nachricht, und
ich befahl ihm, daß er mir Gelegenheit verſchaffen
ſollte, ihn bey dem naͤchſten Zuſpruch zu behorchen,
ohne daß es jener wußte.
Mitten in der Unterredung, da Lehmann eben
Geld bot, um eine gewiſſe Zeitung zu erfahren,
und noch mehr Geld verſprach, wenn er erſt die ge-
wuͤnſchte Nachricht erfahren haben wuͤrde, uͤber-
fiel ich ſie, und rief, es ſollte mir jemand ein Meſ-
ſer bringen, dem Kerl die Ohren abzuſchneiden,
damit ich ſie an die Leute, die ihn zum Spion ge-
brauchten, uͤberſchicken koͤnnte. Jch hielt ein
Ohr veſte, und ließ ihn nicht eher loß, bis er mir
geſtand, wer ihn geſchickt haͤtte.
Er nannte ihren Bruder und ihren Onckle An-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/208>, abgerufen am 25.11.2024.
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