Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite



heben, oder mich vor einem Frauenzimmer wieder
sehen lassen können? So wie die Sachen jetzt ste-
hen, darf sie nicht sagen, daß sie wider ihren Wil-
len geflohen ist: und ich habe veranstaltet, daß alle
ihre unversöhnlichen Verwanten glauben, daß sie
mit guten Bedacht davon gegangen ist.

Sie hat von der Fräulein Howe eine Antwort
auf den Brief erhalten, den Sie von S. Albans
geschrieben hat. Jch weiß den Jnhalt nicht: nur
dieses: sie weinete hefftig, und ich muß für den
Jnhalt des Briefes büßen.

Die Fräulein Howe ist ein wackeres Mädchen:
allein sie ist gar zu empfindlich und muthig. Jch
fürchte mich fast vor ihr. Sie will ihrer Mutter
kaum gehorchen. Jch muß fortfahren, den alten
Anton durch meinen Joseph aufzuhetzen, daß er
der Mutter in den Ohren liegt, und dadurch der
Tochter die Hände bindet, damit mein Kind keinen
Freund ausser mir haben möge.

Die Frau Howe kann keine Widerrede lei-
den; und die Fräulein ist hierin ihr Ebenbild.
Wenn ein Frauenzimmer fühlt, daß es alles an
sich hat, was erfodert wird, eine Haus-Mutter zu
seyn; und es muß unter einer Mutter stehen: so
kann ein munterer Kopf seine Dinge schon machen.
Die Mutter ist all zu voll von Erinnerungen; die
Tochter allzu empfindlich: und ihr Hickmann ist
keines von beyden. Er verhält sich blos leidend.

Allein ich habe ein Ziel, nach welchem ich mich
mehr sehne.

Wie



heben, oder mich vor einem Frauenzimmer wieder
ſehen laſſen koͤnnen? So wie die Sachen jetzt ſte-
hen, darf ſie nicht ſagen, daß ſie wider ihren Wil-
len geflohen iſt: und ich habe veranſtaltet, daß alle
ihre unverſoͤhnlichen Verwanten glauben, daß ſie
mit guten Bedacht davon gegangen iſt.

Sie hat von der Fraͤulein Howe eine Antwort
auf den Brief erhalten, den Sie von S. Albans
geſchrieben hat. Jch weiß den Jnhalt nicht: nur
dieſes: ſie weinete hefftig, und ich muß fuͤr den
Jnhalt des Briefes buͤßen.

Die Fraͤulein Howe iſt ein wackeres Maͤdchen:
allein ſie iſt gar zu empfindlich und muthig. Jch
fuͤrchte mich faſt vor ihr. Sie will ihrer Mutter
kaum gehorchen. Jch muß fortfahren, den alten
Anton durch meinen Joſeph aufzuhetzen, daß er
der Mutter in den Ohren liegt, und dadurch der
Tochter die Haͤnde bindet, damit mein Kind keinen
Freund auſſer mir haben moͤge.

Die Frau Howe kann keine Widerrede lei-
den; und die Fraͤulein iſt hierin ihr Ebenbild.
Wenn ein Frauenzimmer fuͤhlt, daß es alles an
ſich hat, was erfodert wird, eine Haus-Mutter zu
ſeyn; und es muß unter einer Mutter ſtehen: ſo
kann ein munterer Kopf ſeine Dinge ſchon machen.
Die Mutter iſt all zu voll von Erinnerungen; die
Tochter allzu empfindlich: und ihr Hickmann iſt
keines von beyden. Er verhaͤlt ſich blos leidend.

Allein ich habe ein Ziel, nach welchem ich mich
mehr ſehne.

Wie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0148" n="134"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
heben, oder mich vor einem Frauenzimmer wieder<lb/>
&#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnen? So wie die Sachen jetzt &#x017F;te-<lb/>
hen, darf &#x017F;ie nicht &#x017F;agen, daß &#x017F;ie wider ihren Wil-<lb/>
len geflohen i&#x017F;t: und ich habe veran&#x017F;taltet, daß alle<lb/>
ihre unver&#x017F;o&#x0364;hnlichen Verwanten glauben, daß &#x017F;ie<lb/>
mit guten Bedacht davon gegangen i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Sie hat von der Fra&#x0364;ulein <hi rendition="#fr">Howe</hi> eine Antwort<lb/>
auf den Brief erhalten, den Sie von S. Albans<lb/>
ge&#x017F;chrieben hat. Jch weiß den Jnhalt nicht: nur<lb/>
die&#x017F;es: &#x017F;ie weinete hefftig, und ich muß fu&#x0364;r den<lb/>
Jnhalt des Briefes bu&#x0364;ßen.</p><lb/>
          <p>Die Fra&#x0364;ulein <hi rendition="#fr">Howe</hi> i&#x017F;t ein wackeres Ma&#x0364;dchen:<lb/>
allein &#x017F;ie i&#x017F;t gar zu empfindlich und muthig. Jch<lb/>
fu&#x0364;rchte mich fa&#x017F;t vor ihr. Sie will ihrer Mutter<lb/>
kaum gehorchen. Jch muß fortfahren, den alten<lb/><hi rendition="#fr">Anton</hi> durch meinen Jo&#x017F;eph aufzuhetzen, daß er<lb/>
der Mutter in den Ohren liegt, und dadurch der<lb/>
Tochter die Ha&#x0364;nde bindet, damit mein Kind keinen<lb/>
Freund au&#x017F;&#x017F;er mir haben mo&#x0364;ge.</p><lb/>
          <p>Die Frau <hi rendition="#fr">Howe</hi> kann keine Widerrede lei-<lb/>
den; und die Fra&#x0364;ulein i&#x017F;t hierin ihr Ebenbild.<lb/>
Wenn ein Frauenzimmer fu&#x0364;hlt, daß es alles an<lb/>
&#x017F;ich hat, was erfodert wird, eine Haus-Mutter zu<lb/>
&#x017F;eyn; und es muß unter einer Mutter &#x017F;tehen: &#x017F;o<lb/>
kann ein munterer Kopf &#x017F;eine Dinge &#x017F;chon machen.<lb/>
Die Mutter i&#x017F;t all zu voll von Erinnerungen; die<lb/>
Tochter allzu empfindlich: und ihr <hi rendition="#fr">Hickmann</hi> i&#x017F;t<lb/>
keines von beyden. Er verha&#x0364;lt &#x017F;ich blos leidend.</p><lb/>
          <p>Allein ich habe ein Ziel, nach welchem ich mich<lb/>
mehr &#x017F;ehne.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[134/0148] heben, oder mich vor einem Frauenzimmer wieder ſehen laſſen koͤnnen? So wie die Sachen jetzt ſte- hen, darf ſie nicht ſagen, daß ſie wider ihren Wil- len geflohen iſt: und ich habe veranſtaltet, daß alle ihre unverſoͤhnlichen Verwanten glauben, daß ſie mit guten Bedacht davon gegangen iſt. Sie hat von der Fraͤulein Howe eine Antwort auf den Brief erhalten, den Sie von S. Albans geſchrieben hat. Jch weiß den Jnhalt nicht: nur dieſes: ſie weinete hefftig, und ich muß fuͤr den Jnhalt des Briefes buͤßen. Die Fraͤulein Howe iſt ein wackeres Maͤdchen: allein ſie iſt gar zu empfindlich und muthig. Jch fuͤrchte mich faſt vor ihr. Sie will ihrer Mutter kaum gehorchen. Jch muß fortfahren, den alten Anton durch meinen Joſeph aufzuhetzen, daß er der Mutter in den Ohren liegt, und dadurch der Tochter die Haͤnde bindet, damit mein Kind keinen Freund auſſer mir haben moͤge. Die Frau Howe kann keine Widerrede lei- den; und die Fraͤulein iſt hierin ihr Ebenbild. Wenn ein Frauenzimmer fuͤhlt, daß es alles an ſich hat, was erfodert wird, eine Haus-Mutter zu ſeyn; und es muß unter einer Mutter ſtehen: ſo kann ein munterer Kopf ſeine Dinge ſchon machen. Die Mutter iſt all zu voll von Erinnerungen; die Tochter allzu empfindlich: und ihr Hickmann iſt keines von beyden. Er verhaͤlt ſich blos leidend. Allein ich habe ein Ziel, nach welchem ich mich mehr ſehne. Wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/148
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/148>, abgerufen am 21.11.2024.