edles Gemüth wird keinen hintergehen, der ein Zutrauen zu ihm fasset.
Sie müssen behutsam, ungemein behutsam mit Jhrem Lovelace umgehen. Er hat jetzt nur noch einen Weg vor sich. Jch habe Mitleyden mit Jhnen. Allein Sie müssen sich in das Loos, das Jhnen wider Jhren Willen zugefallen ist, so gut schicken, als Sie können. Jch erkenne es, was sie für Schwierigkeiten finden. Wenn er aber nur Jhr Zutrauen nicht misbrauchet, so wünschete ich, daß Sie sich stellen möchten, als wenn Sie ei- niges Zutrauen zu ihm hätten.
Wenn es Jhre veste Entschließung ist, ihn nicht so bald zu nehmen: so billige ich es, daß Sie sich an einen Ort begeben, da Sie nicht in seiner Ge- walt sind. Noch besser wäre es, wenn er selbst nicht wüßte, wo Sie sich aufhielten. Jch glaube aber auch dieses, daß Gewalt würde gebraucht werden, Sie zurück in ihres Vaters Haus zu brin- gen, wenn sich die Jhrigen nicht vor ihm fürch- ten müßten, und ohne Gefahr an Sie kommen könnten.
Mein Rath, den ich ohnmöglich ändern kann, ist dieser. Wenden Sie sich an Jhre beyden Vet- tern, denen die Ausführung des letzten Willens Jhres Groß-Vaters aufgetragen ist, und suchen Sie zu dem Besitz Jhres Gutes zu gelangen. Un- terdessen liegen bey mir sechzig Guineas zu Jhrem Dienst bereit. Jch bitte mir Jhren Befehl des- halb aus. Jch will dafür sorgen, daß Sie mehr bekommen sollen, ehe dieses Geld verzehrt seyn
wird.
edles Gemuͤth wird keinen hintergehen, der ein Zutrauen zu ihm faſſet.
Sie muͤſſen behutſam, ungemein behutſam mit Jhrem Lovelace umgehen. Er hat jetzt nur noch einen Weg vor ſich. Jch habe Mitleyden mit Jhnen. Allein Sie muͤſſen ſich in das Loos, das Jhnen wider Jhren Willen zugefallen iſt, ſo gut ſchicken, als Sie koͤnnen. Jch erkenne es, was ſie fuͤr Schwierigkeiten finden. Wenn er aber nur Jhr Zutrauen nicht misbrauchet, ſo wuͤnſchete ich, daß Sie ſich ſtellen moͤchten, als wenn Sie ei- niges Zutrauen zu ihm haͤtten.
Wenn es Jhre veſte Entſchließung iſt, ihn nicht ſo bald zu nehmen: ſo billige ich es, daß Sie ſich an einen Ort begeben, da Sie nicht in ſeiner Ge- walt ſind. Noch beſſer waͤre es, wenn er ſelbſt nicht wuͤßte, wo Sie ſich aufhielten. Jch glaube aber auch dieſes, daß Gewalt wuͤrde gebraucht werden, Sie zuruͤck in ihres Vaters Haus zu brin- gen, wenn ſich die Jhrigen nicht vor ihm fuͤrch- ten muͤßten, und ohne Gefahr an Sie kommen koͤnnten.
Mein Rath, den ich ohnmoͤglich aͤndern kann, iſt dieſer. Wenden Sie ſich an Jhre beyden Vet- tern, denen die Ausfuͤhrung des letzten Willens Jhres Groß-Vaters aufgetragen iſt, und ſuchen Sie zu dem Beſitz Jhres Gutes zu gelangen. Un- terdeſſen liegen bey mir ſechzig Guineas zu Jhrem Dienſt bereit. Jch bitte mir Jhren Befehl des- halb aus. Jch will dafuͤr ſorgen, daß Sie mehr bekommen ſollen, ehe dieſes Geld verzehrt ſeyn
wird.
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edles Gemuͤth wird keinen hintergehen, der ein
Zutrauen zu ihm faſſet.
Sie muͤſſen behutſam, ungemein behutſam
mit Jhrem Lovelace umgehen. Er hat jetzt nur
noch einen Weg vor ſich. Jch habe Mitleyden
mit Jhnen. Allein Sie muͤſſen ſich in das Loos,
das Jhnen wider Jhren Willen zugefallen iſt, ſo
gut ſchicken, als Sie koͤnnen. Jch erkenne es,
was ſie fuͤr Schwierigkeiten finden. Wenn er aber
nur Jhr Zutrauen nicht misbrauchet, ſo wuͤnſchete
ich, daß Sie ſich ſtellen moͤchten, als wenn Sie ei-
niges Zutrauen zu ihm haͤtten.
Wenn es Jhre veſte Entſchließung iſt, ihn nicht
ſo bald zu nehmen: ſo billige ich es, daß Sie ſich
an einen Ort begeben, da Sie nicht in ſeiner Ge-
walt ſind. Noch beſſer waͤre es, wenn er ſelbſt
nicht wuͤßte, wo Sie ſich aufhielten. Jch glaube
aber auch dieſes, daß Gewalt wuͤrde gebraucht
werden, Sie zuruͤck in ihres Vaters Haus zu brin-
gen, wenn ſich die Jhrigen nicht vor ihm fuͤrch-
ten muͤßten, und ohne Gefahr an Sie kommen
koͤnnten.
Mein Rath, den ich ohnmoͤglich aͤndern kann,
iſt dieſer. Wenden Sie ſich an Jhre beyden Vet-
tern, denen die Ausfuͤhrung des letzten Willens
Jhres Groß-Vaters aufgetragen iſt, und ſuchen
Sie zu dem Beſitz Jhres Gutes zu gelangen. Un-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/121>, abgerufen am 27.11.2024.
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