lein Harlowe, die Sie immer gewesen sind: zur Verstellung, zu Künsten, und zu Verkleinerung Jhrer Fehler viel zu groß. Jhre Familie ist die eintzige in der Welt, die eine solche Tochter so auf das äusserste treiben konnte.
Allein Sie müssen die Jhrigen nicht all zu sehr entschuldigen. Sie geben sich selbst, und der Un- terredung mit ihm, so völlig alle Schuld dessen, was vorgegangen ist, daß Jhre ärgsten Feinde nichts mehreres sagen könnten, wenn sie Jhre Er- zählung sehen sollten.
Nachdem ich diese Jhre Nachrichten gelesen, so wundere ich mich nicht mehr, daß ein so dreister und arglistiger Kopf - - - Jch muß ab- brechen.
Sie haben sich länger und besser gewehret. - Abermahls kommt meine argwöhnische Mutter.
Zürnen Sie nicht allzusehr mit sich selbst. Haben Sie nicht jedesmahl es so gut gemacht, als möglich war? Sie haben seine Briefe beantwor- tet: allein es war bey nahe Jhre Schuldigkeit, der Schutz Engel Jhrer Familie zu werden, nachdem der eiserne Ritter das Unglück gehabt hatte zu schwärmen, und sich in Gefahr zu stürtzen. Denn wer unter den Jhrigen hat Menschen-Verstand? Jhre Frau Mutter nehme ich aus: allein die wird unter der Zucht gehalten.
Ver-
lein Harlowe, die Sie immer geweſen ſind: zur Verſtellung, zu Kuͤnſten, und zu Verkleinerung Jhrer Fehler viel zu groß. Jhre Familie iſt die eintzige in der Welt, die eine ſolche Tochter ſo auf das aͤuſſerſte treiben konnte.
Allein Sie muͤſſen die Jhrigen nicht all zu ſehr entſchuldigen. Sie geben ſich ſelbſt, und der Un- terredung mit ihm, ſo voͤllig alle Schuld deſſen, was vorgegangen iſt, daß Jhre aͤrgſten Feinde nichts mehreres ſagen koͤnnten, wenn ſie Jhre Er- zaͤhlung ſehen ſollten.
Nachdem ich dieſe Jhre Nachrichten geleſen, ſo wundere ich mich nicht mehr, daß ein ſo dreiſter und argliſtiger Kopf ‒ ‒ ‒ Jch muß ab- brechen.
Sie haben ſich laͤnger und beſſer gewehret. ‒ Abermahls kommt meine argwoͤhniſche Mutter.
Zuͤrnen Sie nicht allzuſehr mit ſich ſelbſt. Haben Sie nicht jedesmahl es ſo gut gemacht, als moͤglich war? Sie haben ſeine Briefe beantwor- tet: allein es war bey nahe Jhre Schuldigkeit, der Schutz Engel Jhrer Familie zu werden, nachdem der eiſerne Ritter das Ungluͤck gehabt hatte zu ſchwaͤrmen, und ſich in Gefahr zu ſtuͤrtzen. Denn wer unter den Jhrigen hat Menſchen-Verſtand? Jhre Frau Mutter nehme ich aus: allein die wird unter der Zucht gehalten.
Ver-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0109"n="95"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
lein <hirendition="#fr">Harlowe,</hi> die Sie immer geweſen ſind: zur<lb/>
Verſtellung, zu Kuͤnſten, und zu Verkleinerung<lb/>
Jhrer Fehler viel zu groß. Jhre Familie iſt die<lb/>
eintzige in der Welt, die eine ſolche Tochter ſo auf<lb/>
das aͤuſſerſte treiben konnte.</p><lb/><p>Allein Sie muͤſſen die Jhrigen nicht all zu ſehr<lb/>
entſchuldigen. Sie geben ſich ſelbſt, und der Un-<lb/>
terredung mit ihm, ſo voͤllig alle Schuld deſſen,<lb/>
was vorgegangen iſt, daß Jhre aͤrgſten Feinde<lb/>
nichts mehreres ſagen koͤnnten, wenn ſie Jhre Er-<lb/>
zaͤhlung ſehen ſollten.</p><lb/><p>Nachdem ich dieſe Jhre Nachrichten geleſen, ſo<lb/>
wundere ich mich nicht mehr, daß ein ſo dreiſter<lb/>
und argliſtiger Kopf ‒‒‒ Jch muß ab-<lb/>
brechen.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Sie haben ſich laͤnger und beſſer gewehret.<lb/>‒ Abermahls kommt meine argwoͤhniſche Mutter.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Zuͤrnen Sie nicht allzuſehr mit ſich ſelbſt.<lb/>
Haben Sie nicht jedesmahl es ſo gut gemacht, als<lb/>
moͤglich war? Sie haben ſeine Briefe beantwor-<lb/>
tet: allein es war bey nahe Jhre Schuldigkeit, der<lb/>
Schutz Engel Jhrer Familie zu werden, nachdem<lb/>
der eiſerne Ritter das Ungluͤck gehabt hatte zu<lb/>ſchwaͤrmen, und ſich in Gefahr zu ſtuͤrtzen. Denn<lb/>
wer unter den Jhrigen hat Menſchen-Verſtand?<lb/>
Jhre Frau Mutter nehme ich aus: allein die wird<lb/>
unter der Zucht gehalten.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Ver-</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[95/0109]
lein Harlowe, die Sie immer geweſen ſind: zur
Verſtellung, zu Kuͤnſten, und zu Verkleinerung
Jhrer Fehler viel zu groß. Jhre Familie iſt die
eintzige in der Welt, die eine ſolche Tochter ſo auf
das aͤuſſerſte treiben konnte.
Allein Sie muͤſſen die Jhrigen nicht all zu ſehr
entſchuldigen. Sie geben ſich ſelbſt, und der Un-
terredung mit ihm, ſo voͤllig alle Schuld deſſen,
was vorgegangen iſt, daß Jhre aͤrgſten Feinde
nichts mehreres ſagen koͤnnten, wenn ſie Jhre Er-
zaͤhlung ſehen ſollten.
Nachdem ich dieſe Jhre Nachrichten geleſen, ſo
wundere ich mich nicht mehr, daß ein ſo dreiſter
und argliſtiger Kopf ‒ ‒ ‒ Jch muß ab-
brechen.
Sie haben ſich laͤnger und beſſer gewehret.
‒ Abermahls kommt meine argwoͤhniſche Mutter.
Zuͤrnen Sie nicht allzuſehr mit ſich ſelbſt.
Haben Sie nicht jedesmahl es ſo gut gemacht, als
moͤglich war? Sie haben ſeine Briefe beantwor-
tet: allein es war bey nahe Jhre Schuldigkeit, der
Schutz Engel Jhrer Familie zu werden, nachdem
der eiſerne Ritter das Ungluͤck gehabt hatte zu
ſchwaͤrmen, und ſich in Gefahr zu ſtuͤrtzen. Denn
wer unter den Jhrigen hat Menſchen-Verſtand?
Jhre Frau Mutter nehme ich aus: allein die wird
unter der Zucht gehalten.
Ver-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/109>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.