Jch wünsche, Frau Base, daß ich nicht mehr Ursache haben möge, zu befürchten, daß mein Vater noch länger auf mich unwillig bleiben wird, als zu hoffen, daß sich das Vater-Hertz wieder bey ihm regen werde.
Sie können das nicht wissen, mein Kind. Die Sachen können anders lauffen. Es steht viel- leicht nicht so schlimm um sie, als sie dencken.
Liebste Frau Base, können sie mir einigen Trost geben?
Wie so, mein Kind! Jst es ihnen etwan mög- lich, mehr nachzugeben, als sie bisher gethan haben?
Ach warum machten sie mir eine falsche Hoff- nung? Machen sie nicht, daß ich glauben muß, meine Base Hervey sey gegen ihrer Schwester Tochter grausam, von der sie doch so kindlich geehret und geliebet wird.
Jch kan ihnen vielleicht (aber im Vetrauen, nicht anders als im Vertrauen) noch mehr sa- gen, wenn die Durchsuchung gut für sie abläuft. Sind sie sich etwas bewust, das man zu ihrem Nachtheil finden könnte?
Einiges geschriebene könnte wol gefunden wer- den. Jch muß mir alle Folgen davon gefallen
lassen.
K k 2
der Clariſſa.
Jch wuͤnſche, Frau Baſe, daß ich nicht mehr Urſache haben moͤge, zu befuͤrchten, daß mein Vater noch laͤnger auf mich unwillig bleiben wird, als zu hoffen, daß ſich das Vater-Hertz wieder bey ihm regen werde.
Sie koͤnnen das nicht wiſſen, mein Kind. Die Sachen koͤnnen anders lauffen. Es ſteht viel- leicht nicht ſo ſchlimm um ſie, als ſie dencken.
Liebſte Frau Baſe, koͤnnen ſie mir einigen Troſt geben?
Wie ſo, mein Kind! Jſt es ihnen etwan moͤg- lich, mehr nachzugeben, als ſie bisher gethan haben?
Ach warum machten ſie mir eine falſche Hoff- nung? Machen ſie nicht, daß ich glauben muß, meine Baſe Hervey ſey gegen ihrer Schweſter Tochter grauſam, von der ſie doch ſo kindlich geehret und geliebet wird.
Jch kan ihnen vielleicht (aber im Vetrauen, nicht anders als im Vertrauen) noch mehr ſa- gen, wenn die Durchſuchung gut fuͤr ſie ablaͤuft. Sind ſie ſich etwas bewuſt, das man zu ihrem Nachtheil finden koͤnnte?
Einiges geſchriebene koͤnnte wol gefunden wer- den. Jch muß mir alle Folgen davon gefallen
laſſen.
K k 2
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der Clariſſa.
Jch wuͤnſche, Frau Baſe, daß ich nicht mehr
Urſache haben moͤge, zu befuͤrchten, daß mein
Vater noch laͤnger auf mich unwillig bleiben
wird, als zu hoffen, daß ſich das Vater-Hertz
wieder bey ihm regen werde.
Sie koͤnnen das nicht wiſſen, mein Kind. Die
Sachen koͤnnen anders lauffen. Es ſteht viel-
leicht nicht ſo ſchlimm um ſie, als ſie dencken.
Liebſte Frau Baſe, koͤnnen ſie mir einigen
Troſt geben?
Wie ſo, mein Kind! Jſt es ihnen etwan moͤg-
lich, mehr nachzugeben, als ſie bisher gethan
haben?
Ach warum machten ſie mir eine falſche Hoff-
nung? Machen ſie nicht, daß ich glauben muß,
meine Baſe Hervey ſey gegen ihrer Schweſter
Tochter grauſam, von der ſie doch ſo kindlich
geehret und geliebet wird.
Jch kan ihnen vielleicht (aber im Vetrauen,
nicht anders als im Vertrauen) noch mehr ſa-
gen, wenn die Durchſuchung gut fuͤr ſie ablaͤuft.
Sind ſie ſich etwas bewuſt, das man zu ihrem
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 515. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/521>, abgerufen am 22.11.2024.
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