"Der Lord M. wird mich auch zu der Zeit "und auf die Art besuchen, als ich selbst verord- "nen werde: d.i. entweder in der Stille oder "öffentlich. Er selbst will sich von mir entfer- "nen, so bald er siehet, daß ich entweder bey sei- "nen Anverwanten oder in meiner eigenen Woh- "nung in Sicherheit bin, und sich nicht unter- "stehen, mich ohne Erlaubniß zu besuchen.
"Es wäre ihm wohl eingefallen, da die Fräu- "lein Charlotte Montague unpäßlich sey, sei- "ne Fräulein-Base Patty dahin zu vermögen, "daß sie sich mir zur Gesellschafft nach St. Al- "bans oder in das benachbarte Dorff begäbe. "Allein sie sey ein furchtsames kleinmüthiges "Mädchen, die uns neue Unruhe machen würde.
Sie sehen demnach, daß seiner eignen Mei- nung nach Muth und Dreistigkeit erfodert wird, meinen Vorsatz in das Werck zu richten. Er hat Recht. Was werde ich aber anfangen?
Er scheint es selbst für nöthig zu halten, daß ein Frauenzimmer bey uns sey! Er hätte doch zum wenigsten eine Kammer-Jungfer einer sei- ner Basen in Vorschlag bringen können. Lie- ber GOtt, was fange ich an!
So
Zweyter Theil. H h
der Clariſſa.
„Der Lord M. wird mich auch zu der Zeit „und auf die Art beſuchen, als ich ſelbſt verord- „nen werde: d.i. entweder in der Stille oder „oͤffentlich. Er ſelbſt will ſich von mir entfer- „nen, ſo bald er ſiehet, daß ich entweder bey ſei- „nen Anverwanten oder in meiner eigenen Woh- „nung in Sicherheit bin, und ſich nicht unter- „ſtehen, mich ohne Erlaubniß zu beſuchen.
„Es waͤre ihm wohl eingefallen, da die Fraͤu- „lein Charlotte Montague unpaͤßlich ſey, ſei- „ne Fraͤulein-Baſe Patty dahin zu vermoͤgen, „daß ſie ſich mir zur Geſellſchafft nach St. Al- „bans oder in das benachbarte Dorff begaͤbe. „Allein ſie ſey ein furchtſames kleinmuͤthiges „Maͤdchen, die uns neue Unruhe machen wuͤrde.
Sie ſehen demnach, daß ſeiner eignen Mei- nung nach Muth und Dreiſtigkeit erfodert wird, meinen Vorſatz in das Werck zu richten. Er hat Recht. Was werde ich aber anfangen?
Er ſcheint es ſelbſt fuͤr noͤthig zu halten, daß ein Frauenzimmer bey uns ſey! Er haͤtte doch zum wenigſten eine Kammer-Jungfer einer ſei- ner Baſen in Vorſchlag bringen koͤnnen. Lie- ber GOtt, was fange ich an!
So
Zweyter Theil. H h
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der Clariſſa.
„Der Lord M. wird mich auch zu der Zeit
„und auf die Art beſuchen, als ich ſelbſt verord-
„nen werde: d.i. entweder in der Stille oder
„oͤffentlich. Er ſelbſt will ſich von mir entfer-
„nen, ſo bald er ſiehet, daß ich entweder bey ſei-
„nen Anverwanten oder in meiner eigenen Woh-
„nung in Sicherheit bin, und ſich nicht unter-
„ſtehen, mich ohne Erlaubniß zu beſuchen.
„Es waͤre ihm wohl eingefallen, da die Fraͤu-
„lein Charlotte Montague unpaͤßlich ſey, ſei-
„ne Fraͤulein-Baſe Patty dahin zu vermoͤgen,
„daß ſie ſich mir zur Geſellſchafft nach St. Al-
„bans oder in das benachbarte Dorff begaͤbe.
„Allein ſie ſey ein furchtſames kleinmuͤthiges
„Maͤdchen, die uns neue Unruhe machen wuͤrde.
Sie ſehen demnach, daß ſeiner eignen Mei-
nung nach Muth und Dreiſtigkeit erfodert wird,
meinen Vorſatz in das Werck zu richten. Er
hat Recht. Was werde ich aber anfangen?
Er ſcheint es ſelbſt fuͤr noͤthig zu halten, daß
ein Frauenzimmer bey uns ſey! Er haͤtte doch
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 481. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/487>, abgerufen am 25.11.2024.
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