Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Geschichte
"sabeth schon etwas zu thun machen, um sie
"mir vom Halse zu schaffen. Jch glaubte um
"vier Uhr würde die bequemste Zeit seyn, mir das
"erste Zeichen zu geben, daß er in der Nähe
"wäre, und ich wolte alsdenn die Gartenthür
"aufriegeln."

Jch habe ihm auch in einem P. S. geschrieben:
"da die Meinigen von Tage zu Tage argwöh-
"nischer auf mich würden, so möchte es gut
"seyn, daß er zwischen hier und Montags um
"eilf Uhr so oft als möglich an den Ort käme
"oder schickte, wo ich die Briefe für ihn hinzu-
"legen pflege: denn es könnte sich leicht etwas
"zutragen, dadurch ich gezwungen würde, mei-
"nen Vorsatz zu ändern."

Meine allerliebste Fräulein Howe, was ist
das für eine betrübte Nothwendigkeit, auf solche
Zubereitungen, und Erfindungen zu dencken?
Allein es ist nun zu spät. - - Zu späth!
sage ich? Was für ein Wort ist das! Wie
fürchterlich, wenn es nun zu spät wäre, mich
meine Anschläge gereuen zu lassen, und dem be-
vorstehenden Unglück zu entgehen.

Sonnabends um zehen Uhr.

Herr Solmes ist hier, und soll diesen Mit-
tag bey seinen neuen Anverwanten speisen; wie

er
Brieffe beschreibt sie es also: es hat die Aussicht
nach einer Landschafft, darin Waldung/Wasser,
und Hügel eine angenehme Abwechselung ma-
chen, die mir so wohl gefiel/ daß ich sie abzeich-
nete. Das Stück hänget mit einigen andern
Zeichnungen von meiner Hand in meinem Saal.

Die Geſchichte
ſabeth ſchon etwas zu thun machen, um ſie
„mir vom Halſe zu ſchaffen. Jch glaubte um
„vier Uhr wuͤrde die bequemſte Zeit ſeyn, mir das
„erſte Zeichen zu geben, daß er in der Naͤhe
„waͤre, und ich wolte alsdenn die Gartenthuͤr
„aufriegeln.„

Jch habe ihm auch in einem P. S. geſchrieben:
„da die Meinigen von Tage zu Tage argwoͤh-
„niſcher auf mich wuͤrden, ſo moͤchte es gut
„ſeyn, daß er zwiſchen hier und Montags um
„eilf Uhr ſo oft als moͤglich an den Ort kaͤme
„oder ſchickte, wo ich die Briefe fuͤr ihn hinzu-
„legen pflege: denn es koͤnnte ſich leicht etwas
„zutragen, dadurch ich gezwungen wuͤrde, mei-
„nen Vorſatz zu aͤndern.„

Meine allerliebſte Fraͤulein Howe, was iſt
das fuͤr eine betruͤbte Nothwendigkeit, auf ſolche
Zubereitungen, und Erfindungen zu dencken?
Allein es iſt nun zu ſpaͤt. ‒ ‒ Zu ſpaͤth!
ſage ich? Was fuͤr ein Wort iſt das! Wie
fuͤrchterlich, wenn es nun zu ſpaͤt waͤre, mich
meine Anſchlaͤge gereuen zu laſſen, und dem be-
vorſtehenden Ungluͤck zu entgehen.

Sonnabends um zehen Uhr.

Herr Solmes iſt hier, und ſoll dieſen Mit-
tag bey ſeinen neuen Anverwanten ſpeiſen; wie

er
Brieffe beſchreibt ſie es alſo: es hat die Ausſicht
nach einer Landſchafft, darin Waldung/Waſſer,
und Huͤgel eine angenehme Abwechſelung ma-
chen, die mir ſo wohl gefiel/ daß ich ſie abzeich-
nete. Das Stuͤck haͤnget mit einigen andern
Zeichnungen von meiner Hand in meinem Saal.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0466" n="460"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Die Ge&#x017F;chichte</hi></hi></fw><lb/>
&#x201E;<hi rendition="#fr">&#x017F;abeth</hi> &#x017F;chon etwas zu thun machen, um &#x017F;ie<lb/>
&#x201E;mir vom Hal&#x017F;e zu &#x017F;chaffen. Jch glaubte um<lb/>
&#x201E;vier Uhr wu&#x0364;rde die bequem&#x017F;te Zeit &#x017F;eyn, mir das<lb/>
&#x201E;er&#x017F;te Zeichen zu geben, daß er in der Na&#x0364;he<lb/>
&#x201E;wa&#x0364;re, und ich wolte alsdenn die Gartenthu&#x0364;r<lb/>
&#x201E;aufriegeln.&#x201E;</p><lb/>
          <p>Jch habe ihm auch in einem <hi rendition="#aq">P. S.</hi> ge&#x017F;chrieben:<lb/>
&#x201E;da die Meinigen von Tage zu Tage argwo&#x0364;h-<lb/>
&#x201E;ni&#x017F;cher auf mich wu&#x0364;rden, &#x017F;o mo&#x0364;chte es gut<lb/>
&#x201E;&#x017F;eyn, daß er zwi&#x017F;chen hier und Montags um<lb/>
&#x201E;eilf Uhr &#x017F;o oft als mo&#x0364;glich an den Ort ka&#x0364;me<lb/>
&#x201E;oder &#x017F;chickte, wo ich die Briefe fu&#x0364;r ihn hinzu-<lb/>
&#x201E;legen pflege: denn es ko&#x0364;nnte &#x017F;ich leicht etwas<lb/>
&#x201E;zutragen, dadurch ich gezwungen wu&#x0364;rde, mei-<lb/>
&#x201E;nen Vor&#x017F;atz zu a&#x0364;ndern.&#x201E;</p><lb/>
          <p>Meine allerlieb&#x017F;te Fra&#x0364;ulein <hi rendition="#fr">Howe,</hi> was i&#x017F;t<lb/>
das fu&#x0364;r eine betru&#x0364;bte Nothwendigkeit, auf &#x017F;olche<lb/>
Zubereitungen, und Erfindungen zu dencken?<lb/>
Allein es i&#x017F;t nun zu &#x017F;pa&#x0364;t. &#x2012; &#x2012; <hi rendition="#fr">Zu &#x017F;pa&#x0364;th!</hi><lb/>
&#x017F;age ich? Was fu&#x0364;r ein Wort i&#x017F;t das! Wie<lb/>
fu&#x0364;rchterlich, wenn es nun <hi rendition="#fr">zu &#x017F;pa&#x0364;t</hi> wa&#x0364;re, mich<lb/>
meine An&#x017F;chla&#x0364;ge gereuen zu la&#x017F;&#x017F;en, und dem be-<lb/>
vor&#x017F;tehenden Unglu&#x0364;ck zu entgehen.</p><lb/>
          <p> <hi rendition="#et">Sonnabends um zehen Uhr.</hi> </p><lb/>
          <p>Herr <hi rendition="#fr">Solmes</hi> i&#x017F;t hier, und &#x017F;oll die&#x017F;en Mit-<lb/>
tag bey &#x017F;einen neuen Anverwanten &#x017F;pei&#x017F;en; wie<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">er</fw><lb/><note xml:id="seg2pn_2_2" prev="#seg2pn_2_1" place="foot" n="*">Brieffe be&#x017F;chreibt &#x017F;ie es al&#x017F;o: <hi rendition="#fr">es hat die Aus&#x017F;icht<lb/>
nach einer Land&#x017F;chafft, darin Waldung/Wa&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
und Hu&#x0364;gel eine angenehme Abwech&#x017F;elung ma-<lb/>
chen, die mir &#x017F;o wohl gefiel/ daß ich &#x017F;ie abzeich-<lb/>
nete. Das Stu&#x0364;ck ha&#x0364;nget mit einigen andern<lb/>
Zeichnungen von meiner Hand in meinem Saal.</hi></note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[460/0466] Die Geſchichte „ſabeth ſchon etwas zu thun machen, um ſie „mir vom Halſe zu ſchaffen. Jch glaubte um „vier Uhr wuͤrde die bequemſte Zeit ſeyn, mir das „erſte Zeichen zu geben, daß er in der Naͤhe „waͤre, und ich wolte alsdenn die Gartenthuͤr „aufriegeln.„ Jch habe ihm auch in einem P. S. geſchrieben: „da die Meinigen von Tage zu Tage argwoͤh- „niſcher auf mich wuͤrden, ſo moͤchte es gut „ſeyn, daß er zwiſchen hier und Montags um „eilf Uhr ſo oft als moͤglich an den Ort kaͤme „oder ſchickte, wo ich die Briefe fuͤr ihn hinzu- „legen pflege: denn es koͤnnte ſich leicht etwas „zutragen, dadurch ich gezwungen wuͤrde, mei- „nen Vorſatz zu aͤndern.„ Meine allerliebſte Fraͤulein Howe, was iſt das fuͤr eine betruͤbte Nothwendigkeit, auf ſolche Zubereitungen, und Erfindungen zu dencken? Allein es iſt nun zu ſpaͤt. ‒ ‒ Zu ſpaͤth! ſage ich? Was fuͤr ein Wort iſt das! Wie fuͤrchterlich, wenn es nun zu ſpaͤt waͤre, mich meine Anſchlaͤge gereuen zu laſſen, und dem be- vorſtehenden Ungluͤck zu entgehen. Sonnabends um zehen Uhr. Herr Solmes iſt hier, und ſoll dieſen Mit- tag bey ſeinen neuen Anverwanten ſpeiſen; wie er * * Brieffe beſchreibt ſie es alſo: es hat die Ausſicht nach einer Landſchafft, darin Waldung/Waſſer, und Huͤgel eine angenehme Abwechſelung ma- chen, die mir ſo wohl gefiel/ daß ich ſie abzeich- nete. Das Stuͤck haͤnget mit einigen andern Zeichnungen von meiner Hand in meinem Saal.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/466
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/466>, abgerufen am 25.11.2024.