oder noch weitere Vorstellungen zu thun. Jch hätte gedacht, daß man nicht mehr in mich drin- gen würde, da mein Entschluß bekannt genug ist.
Sie sahe mich ernsthaft an, und antwortete: sie verstehen meine Meinung nicht. Bisher hat man sie ersucht und gebeten, den Jhrigen eine Gefälligkeit zu erzeigen. Das Bitten hat nun ein Ende: man sieht wohl, daß das nichts aus- richtet. Es ist deswegen beschlossen, daß sie ih- rem Herrn Vater Gehorsam leisten sollen, wie es recht und billig ist. Nun giebt man ihnen einiges Schuld, darin ihre Frau Mutter sie für unschuldig hält: nehmlich, daß sie um Herrn Lovelaces Drohungen, sie zu entführen, wissen sollen. Sie will ihnen gern sagen, daß sie eine bessere Meinung von ihnen hat, und daß sie sie liebet, und was sie bey der bevorstehenden Gele- genheit von ihnen erwartet: allein, um sich nicht in die Gefahr einer abschlägigen Antwort zu se- tzen, verlanget sie, daß sie ihr zum voraus ver- sprechen sollen, das auf eine anständige Weise zu thun, was sie doch thun müssen. Sie will ihnen auch gern einen guten Rath geben, wie sie sich mit ihrem Herrn Vater und mit dem gan- tzen Haufe aussöhnen sollen. Wollen sie nun mit herunter kommen, Fräulein Base, oder nicht?
Jch sagte: ich würde mich zwar glücklich schätzen, wenn ich meine Mutter nach einer so langen Entfernung wieder sprechen dürfte.
Allein
Die Geſchichte
oder noch weitere Vorſtellungen zu thun. Jch haͤtte gedacht, daß man nicht mehr in mich drin- gen wuͤrde, da mein Entſchluß bekannt genug iſt.
Sie ſahe mich ernſthaft an, und antwortete: ſie verſtehen meine Meinung nicht. Bisher hat man ſie erſucht und gebeten, den Jhrigen eine Gefaͤlligkeit zu erzeigen. Das Bitten hat nun ein Ende: man ſieht wohl, daß das nichts aus- richtet. Es iſt deswegen beſchloſſen, daß ſie ih- rem Herrn Vater Gehorſam leiſten ſollen, wie es recht und billig iſt. Nun giebt man ihnen einiges Schuld, darin ihre Frau Mutter ſie fuͤr unſchuldig haͤlt: nehmlich, daß ſie um Herrn Lovelaces Drohungen, ſie zu entfuͤhren, wiſſen ſollen. Sie will ihnen gern ſagen, daß ſie eine beſſere Meinung von ihnen hat, und daß ſie ſie liebet, und was ſie bey der bevorſtehenden Gele- genheit von ihnen erwartet: allein, um ſich nicht in die Gefahr einer abſchlaͤgigen Antwort zu ſe- tzen, verlanget ſie, daß ſie ihr zum voraus ver- ſprechen ſollen, das auf eine anſtaͤndige Weiſe zu thun, was ſie doch thun muͤſſen. Sie will ihnen auch gern einen guten Rath geben, wie ſie ſich mit ihrem Herrn Vater und mit dem gan- tzen Haufe ausſoͤhnen ſollen. Wollen ſie nun mit herunter kommen, Fraͤulein Baſe, oder nicht?
Jch ſagte: ich wuͤrde mich zwar gluͤcklich ſchaͤtzen, wenn ich meine Mutter nach einer ſo langen Entfernung wieder ſprechen duͤrfte.
Allein
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Die Geſchichte
oder noch weitere Vorſtellungen zu thun. Jch
haͤtte gedacht, daß man nicht mehr in mich drin-
gen wuͤrde, da mein Entſchluß bekannt genug
iſt.
Sie ſahe mich ernſthaft an, und antwortete:
ſie verſtehen meine Meinung nicht. Bisher hat
man ſie erſucht und gebeten, den Jhrigen eine
Gefaͤlligkeit zu erzeigen. Das Bitten hat nun
ein Ende: man ſieht wohl, daß das nichts aus-
richtet. Es iſt deswegen beſchloſſen, daß ſie ih-
rem Herrn Vater Gehorſam leiſten ſollen, wie
es recht und billig iſt. Nun giebt man ihnen
einiges Schuld, darin ihre Frau Mutter ſie
fuͤr unſchuldig haͤlt: nehmlich, daß ſie um Herrn
Lovelaces Drohungen, ſie zu entfuͤhren, wiſſen
ſollen. Sie will ihnen gern ſagen, daß ſie eine
beſſere Meinung von ihnen hat, und daß ſie ſie
liebet, und was ſie bey der bevorſtehenden Gele-
genheit von ihnen erwartet: allein, um ſich nicht
in die Gefahr einer abſchlaͤgigen Antwort zu ſe-
tzen, verlanget ſie, daß ſie ihr zum voraus ver-
ſprechen ſollen, das auf eine anſtaͤndige Weiſe
zu thun, was ſie doch thun muͤſſen. Sie will
ihnen auch gern einen guten Rath geben, wie ſie
ſich mit ihrem Herrn Vater und mit dem gan-
tzen Haufe ausſoͤhnen ſollen. Wollen ſie nun
mit herunter kommen, Fraͤulein Baſe, oder
nicht?
Jch ſagte: ich wuͤrde mich zwar gluͤcklich
ſchaͤtzen, wenn ich meine Mutter nach einer
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/444>, abgerufen am 25.11.2024.
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