danckte Pachrer des Lord M. erzählet hat: Herr Lovelace habe sechs oder sieben Brüder, die eben so schlimm seyn sollen als er selbst; und die gan- tze Gegend freue sich, wenn sie wegreiseten. Jch höre, daß er jetzt eine solche Bande um sich hat. Seyn Sie versichert, er wird nicht zugeben, daß Sie ohne Hinderniß nach Jhres Onckles Gut gebracht werden. Und wessen werden Sie seyn müssen, wenn es ihm glücket, Sie aus den Hän- den der Jhrigen zu retten?
Jch zittere aus Liebe zu Jhnen, wenn ich an die Folgen gedencke, die eine Schlägerey bey ei- ner solchen Gelegenheit haben könnte. Er ist gewiß einigen von Jhren Anverwanten die Rache noch schuldig. Dieses macht mich noch mehr über die abschlägige Antwort meiner Mutter, in einer Sache, die mir so sehr am Hertzen lag, verdrießlich.
Meine Mutter will den Thee nicht allein trin- cken: ich soll mit dabey seyn. Ein kleiner Zanck ist oft nützlich: allein gar zu viel Liebe ist eben so beschwerlich, als gar zu wenig.
Wir haben noch einen Satz mit einander ge- habt. Gewiß, sie ist ungemein, - - (was soll ich sagen?) - - - - eigensinnig. Sie mag diesesmahl mit einem so gelinden Ausdruck ab- kommen.
Was war das doch für ein alter Grieche, der
sag-
der Clariſſa.
danckte Pachrer des Lord M. erzaͤhlet hat: Herr Lovelace habe ſechs oder ſieben Bruͤder, die eben ſo ſchlimm ſeyn ſollen als er ſelbſt; und die gan- tze Gegend freue ſich, wenn ſie wegreiſeten. Jch hoͤre, daß er jetzt eine ſolche Bande um ſich hat. Seyn Sie verſichert, er wird nicht zugeben, daß Sie ohne Hinderniß nach Jhres Onckles Gut gebracht werden. Und weſſen werden Sie ſeyn muͤſſen, wenn es ihm gluͤcket, Sie aus den Haͤn- den der Jhrigen zu retten?
Jch zittere aus Liebe zu Jhnen, wenn ich an die Folgen gedencke, die eine Schlaͤgerey bey ei- ner ſolchen Gelegenheit haben koͤnnte. Er iſt gewiß einigen von Jhren Anverwanten die Rache noch ſchuldig. Dieſes macht mich noch mehr uͤber die abſchlaͤgige Antwort meiner Mutter, in einer Sache, die mir ſo ſehr am Hertzen lag, verdrießlich.
Meine Mutter will den Thee nicht allein trin- cken: ich ſoll mit dabey ſeyn. Ein kleiner Zanck iſt oft nuͤtzlich: allein gar zu viel Liebe iſt eben ſo beſchwerlich, als gar zu wenig.
Wir haben noch einen Satz mit einander ge- habt. Gewiß, ſie iſt ungemein, ‒ ‒ (was ſoll ich ſagen?) ‒ ‒ ‒ ‒ eigenſinnig. Sie mag dieſesmahl mit einem ſo gelinden Ausdruck ab- kommen.
Was war das doch fuͤr ein alter Grieche, der
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der Clariſſa.
danckte Pachrer des Lord M. erzaͤhlet hat: Herr
Lovelace habe ſechs oder ſieben Bruͤder, die eben
ſo ſchlimm ſeyn ſollen als er ſelbſt; und die gan-
tze Gegend freue ſich, wenn ſie wegreiſeten. Jch
hoͤre, daß er jetzt eine ſolche Bande um ſich hat.
Seyn Sie verſichert, er wird nicht zugeben, daß
Sie ohne Hinderniß nach Jhres Onckles Gut
gebracht werden. Und weſſen werden Sie ſeyn
muͤſſen, wenn es ihm gluͤcket, Sie aus den Haͤn-
den der Jhrigen zu retten?
Jch zittere aus Liebe zu Jhnen, wenn ich an
die Folgen gedencke, die eine Schlaͤgerey bey ei-
ner ſolchen Gelegenheit haben koͤnnte. Er iſt
gewiß einigen von Jhren Anverwanten die Rache
noch ſchuldig. Dieſes macht mich noch mehr
uͤber die abſchlaͤgige Antwort meiner Mutter, in
einer Sache, die mir ſo ſehr am Hertzen lag,
verdrießlich.
Meine Mutter will den Thee nicht allein trin-
cken: ich ſoll mit dabey ſeyn. Ein kleiner Zanck
iſt oft nuͤtzlich: allein gar zu viel Liebe iſt eben
ſo beſchwerlich, als gar zu wenig.
Wir haben noch einen Satz mit einander ge-
habt. Gewiß, ſie iſt ungemein, ‒ ‒ (was ſoll
ich ſagen?) ‒ ‒ ‒ ‒ eigenſinnig. Sie mag
dieſesmahl mit einem ſo gelinden Ausdruck ab-
kommen.
Was war das doch fuͤr ein alter Grieche, der
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/403>, abgerufen am 22.11.2024.
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