andern als ein thätiges Werckzeug des Betruges gebrauchen läßt. Allein das ist recht die Art der Welt: recht die Art meiner eigenen Mutter. Diese hat ausser ihrem eigenen Kinde niemand in der Welt, den sie so hoch schätzt, als Sie. Und dennoch heißt es: was sollen wir uns um an- derer Leute willen Ungelegenheit machen?
Andere Leute! Wie verhaßt klingen diese Worte in meinen Ohren, wenn von einer solchen Freundin die Rede ist, und der Schutz dieser so nützlich, und uns so unschädlich seyn kan?
Jch freue mich darüber, daß Sie so viel Muth beweisen: ich erwartete es in Warheit nicht von Jhnen, eben so wenig als die Jhrigen. Sie würden ihn auch schwerlich bewiesen haben, wenn nicht Lovelaces Nachricht von Herrn Solmes Kinder-Stube eine solche Wirckung gehabt hät- te. Jch wundere mich nicht, daß dieser Kerl immer verliebter in Sie wird. Was für eine Ehre würde es seyn, eine solche Frau zu haben! Und wenn Sie fortfahren ihm so zu begegnen, so kan er Jhnen gleiches mit gleichem vergelten. Er muß in der That ein Wilder/ ein Unmensch seyn, wie Sie ihn nennen. Allein er ist doch noch eher zu entschuldigen, wenn er auf seiner Bitte beharret, als diejenigen von Jhrer eige- nen Familie, die Sie am meisten verehren.
Es ist gut (das habe ich schon oft gesagt) daß ich nicht in Jhren Umständen bin: ich möchte schon längstens den Rath der Fräulein Dorth- gen in das Werck gesetzt haben. Allein ich
darf
B b 4
der Clariſſa.
andern als ein thaͤtiges Werckzeug des Betruges gebrauchen laͤßt. Allein das iſt recht die Art der Welt: recht die Art meiner eigenen Mutter. Dieſe hat auſſer ihrem eigenen Kinde niemand in der Welt, den ſie ſo hoch ſchaͤtzt, als Sie. Und dennoch heißt es: was ſollen wir uns um an- derer Leute willen Ungelegenheit machen?
Andere Leute! Wie verhaßt klingen dieſe Worte in meinen Ohren, wenn von einer ſolchen Freundin die Rede iſt, und der Schutz dieſer ſo nuͤtzlich, und uns ſo unſchaͤdlich ſeyn kan?
Jch freue mich daruͤber, daß Sie ſo viel Muth beweiſen: ich erwartete es in Warheit nicht von Jhnen, eben ſo wenig als die Jhrigen. Sie wuͤrden ihn auch ſchwerlich bewieſen haben, wenn nicht Lovelaces Nachricht von Herrn Solmes Kinder-Stube eine ſolche Wirckung gehabt haͤt- te. Jch wundere mich nicht, daß dieſer Kerl immer verliebter in Sie wird. Was fuͤr eine Ehre wuͤrde es ſeyn, eine ſolche Frau zu haben! Und wenn Sie fortfahren ihm ſo zu begegnen, ſo kan er Jhnen gleiches mit gleichem vergelten. Er muß in der That ein Wilder/ ein Unmenſch ſeyn, wie Sie ihn nennen. Allein er iſt doch noch eher zu entſchuldigen, wenn er auf ſeiner Bitte beharret, als diejenigen von Jhrer eige- nen Familie, die Sie am meiſten verehren.
Es iſt gut (das habe ich ſchon oft geſagt) daß ich nicht in Jhren Umſtaͤnden bin: ich moͤchte ſchon laͤngſtens den Rath der Fraͤulein Dorth- gen in das Werck geſetzt haben. Allein ich
darf
B b 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0397"n="391"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#g">der Clariſſa</hi>.</hi></fw><lb/>
andern als ein thaͤtiges Werckzeug des Betruges<lb/>
gebrauchen laͤßt. Allein das iſt recht die Art der<lb/>
Welt: recht die Art meiner eigenen Mutter.<lb/>
Dieſe hat auſſer ihrem eigenen Kinde niemand<lb/>
in der Welt, den ſie ſo hoch ſchaͤtzt, als Sie. Und<lb/>
dennoch heißt es: <hirendition="#fr">was ſollen wir uns um an-<lb/>
derer Leute willen Ungelegenheit machen?</hi></p><lb/><p><hirendition="#fr">Andere Leute!</hi> Wie verhaßt klingen dieſe<lb/>
Worte in meinen Ohren, wenn von einer ſolchen<lb/>
Freundin die Rede iſt, und der Schutz dieſer ſo<lb/>
nuͤtzlich, und uns ſo unſchaͤdlich ſeyn kan?</p><lb/><p>Jch freue mich daruͤber, daß Sie ſo viel Muth<lb/>
beweiſen: ich erwartete es in Warheit nicht<lb/>
von Jhnen, eben ſo wenig als die Jhrigen. Sie<lb/>
wuͤrden ihn auch ſchwerlich bewieſen haben, wenn<lb/>
nicht <hirendition="#fr">Lovelaces</hi> Nachricht von Herrn <hirendition="#fr">Solmes</hi><lb/>
Kinder-Stube eine ſolche Wirckung gehabt haͤt-<lb/>
te. Jch wundere mich nicht, daß dieſer Kerl<lb/>
immer verliebter in Sie wird. Was fuͤr eine<lb/>
Ehre wuͤrde es ſeyn, eine ſolche Frau zu haben!<lb/>
Und wenn Sie fortfahren ihm ſo zu begegnen,<lb/>ſo kan er Jhnen gleiches mit gleichem vergelten.<lb/>
Er muß in der That ein <hirendition="#fr">Wilder/</hi> ein Unmenſch<lb/>ſeyn, wie Sie ihn nennen. Allein er iſt doch<lb/>
noch eher zu entſchuldigen, wenn er auf ſeiner<lb/>
Bitte beharret, als diejenigen von Jhrer eige-<lb/>
nen Familie, die Sie am meiſten verehren.</p><lb/><p>Es iſt gut (das habe ich ſchon oft geſagt) daß<lb/>
ich nicht in Jhren Umſtaͤnden bin: ich moͤchte<lb/>ſchon laͤngſtens den Rath der Fraͤulein <hirendition="#fr">Dorth-<lb/>
gen</hi> in das Werck geſetzt haben. Allein ich<lb/><fwplace="bottom"type="sig">B b 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">darf</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[391/0397]
der Clariſſa.
andern als ein thaͤtiges Werckzeug des Betruges
gebrauchen laͤßt. Allein das iſt recht die Art der
Welt: recht die Art meiner eigenen Mutter.
Dieſe hat auſſer ihrem eigenen Kinde niemand
in der Welt, den ſie ſo hoch ſchaͤtzt, als Sie. Und
dennoch heißt es: was ſollen wir uns um an-
derer Leute willen Ungelegenheit machen?
Andere Leute! Wie verhaßt klingen dieſe
Worte in meinen Ohren, wenn von einer ſolchen
Freundin die Rede iſt, und der Schutz dieſer ſo
nuͤtzlich, und uns ſo unſchaͤdlich ſeyn kan?
Jch freue mich daruͤber, daß Sie ſo viel Muth
beweiſen: ich erwartete es in Warheit nicht
von Jhnen, eben ſo wenig als die Jhrigen. Sie
wuͤrden ihn auch ſchwerlich bewieſen haben, wenn
nicht Lovelaces Nachricht von Herrn Solmes
Kinder-Stube eine ſolche Wirckung gehabt haͤt-
te. Jch wundere mich nicht, daß dieſer Kerl
immer verliebter in Sie wird. Was fuͤr eine
Ehre wuͤrde es ſeyn, eine ſolche Frau zu haben!
Und wenn Sie fortfahren ihm ſo zu begegnen,
ſo kan er Jhnen gleiches mit gleichem vergelten.
Er muß in der That ein Wilder/ ein Unmenſch
ſeyn, wie Sie ihn nennen. Allein er iſt doch
noch eher zu entſchuldigen, wenn er auf ſeiner
Bitte beharret, als diejenigen von Jhrer eige-
nen Familie, die Sie am meiſten verehren.
Es iſt gut (das habe ich ſchon oft geſagt) daß
ich nicht in Jhren Umſtaͤnden bin: ich moͤchte
ſchon laͤngſtens den Rath der Fraͤulein Dorth-
gen in das Werck geſetzt haben. Allein ich
darf
B b 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/397>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.