Diese gute Zeitung ward mir mit einem un- angenehmen Umstande erzählt. Denn Elisa- beth sagte: sie hätte Befehl mich zu benach- richtigen, daß mein Spatzirengehen Verdacht erweckte, und verboten werden würde, wenn ich bis auf den Sonnabend oder Montag hier bliebe.
Vielleicht geschicht dieses mit Bedacht, um mich williger zur Abreise nach meines Onckels Gut zu machen.
Meine Mutter hatte ihr aufgetragen, mir zu sagen, wenn ich mich hierüber oder über die Ab- foderung meines Schreibgeräthes beklagen wür- de: "das Lesen schicke sich besser zu meinen jetzi- "gen Umständen, als das Schreiben. Jenes "könnte mich von meiner Pflicht unterrichten, "und dieses nur verstockter machen, wenn ich an "diejenigen schriebe, an die man glaubte, daß ich "schriebe. Es wäre besser, wenn ich die Nadel "gebrauchte, als so viel spatziren ginge, welches "ich bey guten und schlimmen Wetter thäte."
Wenn ich mich nun nicht bald zu etwas ent- schliesse, so werde ich dem gedroheten Unglück nicht entgehen, und nicht einmahl ferner an Sie schreiben können.
Mittewochens Abends.
Es ist unten alles in Unruhe. Elisabeth geht aus und ein wie ein Spion. Es muß et- was vor seyn, ich weiß aber nicht was. Jch bin kranck an Leibe und Gemüth, und mein Hertz ist gantz wund.
Ob
Die Geſchichte
Dieſe gute Zeitung ward mir mit einem un- angenehmen Umſtande erzaͤhlt. Denn Eliſa- beth ſagte: ſie haͤtte Befehl mich zu benach- richtigen, daß mein Spatzirengehen Verdacht erweckte, und verboten werden wuͤrde, wenn ich bis auf den Sonnabend oder Montag hier bliebe.
Vielleicht geſchicht dieſes mit Bedacht, um mich williger zur Abreiſe nach meines Onckels Gut zu machen.
Meine Mutter hatte ihr aufgetragen, mir zu ſagen, wenn ich mich hieruͤber oder uͤber die Ab- foderung meines Schreibgeraͤthes beklagen wuͤr- de: „das Leſen ſchicke ſich beſſer zu meinen jetzi- „gen Umſtaͤnden, als das Schreiben. Jenes „koͤnnte mich von meiner Pflicht unterrichten, „und dieſes nur verſtockter machen, wenn ich an „diejenigen ſchriebe, an die man glaubte, daß ich „ſchriebe. Es waͤre beſſer, wenn ich die Nadel „gebrauchte, als ſo viel ſpatziren ginge, welches „ich bey guten und ſchlimmen Wetter thaͤte.„
Wenn ich mich nun nicht bald zu etwas ent- ſchlieſſe, ſo werde ich dem gedroheten Ungluͤck nicht entgehen, und nicht einmahl ferner an Sie ſchreiben koͤnnen.
Mittewochens Abends.
Es iſt unten alles in Unruhe. Eliſabeth geht aus und ein wie ein Spion. Es muß et- was vor ſeyn, ich weiß aber nicht was. Jch bin kranck an Leibe und Gemuͤth, und mein Hertz iſt gantz wund.
Ob
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0392"n="386"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#g">Die Geſchichte</hi></hi></fw><lb/><p>Dieſe gute Zeitung ward mir mit einem un-<lb/>
angenehmen Umſtande erzaͤhlt. Denn <hirendition="#fr">Eliſa-<lb/>
beth</hi>ſagte: ſie haͤtte Befehl mich zu benach-<lb/>
richtigen, daß mein Spatzirengehen Verdacht<lb/>
erweckte, und verboten werden wuͤrde, wenn ich<lb/>
bis auf den Sonnabend oder Montag hier bliebe.</p><lb/><p>Vielleicht geſchicht dieſes mit Bedacht, um<lb/>
mich williger zur Abreiſe nach meines Onckels<lb/>
Gut zu machen.</p><lb/><p>Meine Mutter hatte ihr aufgetragen, mir zu<lb/>ſagen, wenn ich mich hieruͤber oder uͤber die Ab-<lb/>
foderung meines Schreibgeraͤthes beklagen wuͤr-<lb/>
de: „das Leſen ſchicke ſich beſſer zu meinen jetzi-<lb/>„gen Umſtaͤnden, als das Schreiben. Jenes<lb/>„koͤnnte mich von meiner Pflicht unterrichten,<lb/>„und dieſes nur verſtockter machen, wenn ich an<lb/>„diejenigen ſchriebe, an die man glaubte, daß ich<lb/>„ſchriebe. Es waͤre beſſer, wenn ich die Nadel<lb/>„gebrauchte, als ſo viel ſpatziren ginge, welches<lb/>„ich bey guten und ſchlimmen Wetter thaͤte.„</p><lb/><p>Wenn ich mich nun nicht bald zu etwas ent-<lb/>ſchlieſſe, ſo werde ich dem gedroheten Ungluͤck<lb/>
nicht entgehen, und nicht einmahl ferner an Sie<lb/>ſchreiben koͤnnen.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p><hirendition="#et">Mittewochens Abends.</hi></p><lb/><p>Es iſt unten alles in Unruhe. <hirendition="#fr">Eliſabeth</hi><lb/>
geht aus und ein wie ein Spion. Es muß et-<lb/>
was vor ſeyn, ich weiß aber nicht was. Jch<lb/>
bin kranck an Leibe und Gemuͤth, und mein Hertz<lb/>
iſt gantz wund.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Ob</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[386/0392]
Die Geſchichte
Dieſe gute Zeitung ward mir mit einem un-
angenehmen Umſtande erzaͤhlt. Denn Eliſa-
beth ſagte: ſie haͤtte Befehl mich zu benach-
richtigen, daß mein Spatzirengehen Verdacht
erweckte, und verboten werden wuͤrde, wenn ich
bis auf den Sonnabend oder Montag hier bliebe.
Vielleicht geſchicht dieſes mit Bedacht, um
mich williger zur Abreiſe nach meines Onckels
Gut zu machen.
Meine Mutter hatte ihr aufgetragen, mir zu
ſagen, wenn ich mich hieruͤber oder uͤber die Ab-
foderung meines Schreibgeraͤthes beklagen wuͤr-
de: „das Leſen ſchicke ſich beſſer zu meinen jetzi-
„gen Umſtaͤnden, als das Schreiben. Jenes
„koͤnnte mich von meiner Pflicht unterrichten,
„und dieſes nur verſtockter machen, wenn ich an
„diejenigen ſchriebe, an die man glaubte, daß ich
„ſchriebe. Es waͤre beſſer, wenn ich die Nadel
„gebrauchte, als ſo viel ſpatziren ginge, welches
„ich bey guten und ſchlimmen Wetter thaͤte.„
Wenn ich mich nun nicht bald zu etwas ent-
ſchlieſſe, ſo werde ich dem gedroheten Ungluͤck
nicht entgehen, und nicht einmahl ferner an Sie
ſchreiben koͤnnen.
Mittewochens Abends.
Es iſt unten alles in Unruhe. Eliſabeth
geht aus und ein wie ein Spion. Es muß et-
was vor ſeyn, ich weiß aber nicht was. Jch
bin kranck an Leibe und Gemuͤth, und mein Hertz
iſt gantz wund.
Ob
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/392>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.