Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Geschichte
richt bekommen? als welches nach Jhrem Wunsch
Herr Hickman bey dem Lord M. ausforschen soll-
te. Jch gebrauchte mich der Gelegenheit, und er
beantwortete meine Frage hinlänglich, indem er
mir aus einem mitgebrachten Briefe von Lord M.
vorlaß: Eine Verbindung mit Jhnen wür-
de auch bloß um Jhrer eigenen Vorzüge
und Verdienste willen ihnen die erwünsch-
teste Sache seyn.
Ja so weit gehen Seine
Gnaden in Dero Schreiben: daß sie ihn versichern:
wenn Sie um seinetwillen einigen Verlust
des Vermögens übernehmen müsten/ und
die Bitterkeit Jhrer Anverwandten so weit
ginge/ so wolle er selbst und seine Schwe-
stern gesammter Hand ihm diesen Verlust wie-
der gut thun.
Jndessen wird ohne Zweifel das
Ansehen einer so vornehmen Familie machen, daß
man in dieser Sache, welche die Ehre beyder Fa-
milien angehet, eine allgemeine Genehmhaltung
der Jhrigen sehr wünschet.

Jch sagte ihm, was Sie auch selbst bereits ihm
gesagt haben: Sie wären dem Herrn Solmes
aufs äusserste abgeneigt: und würden unverhey-
rathet bleiben, falls Sie Jhrer eigenen Wahl fol-
gen dürften. Gegen ihn, sagte ich deutlich, hät-
ten Sie wegen seiner Lebens-Art sehr starcke und
gerechte Einwendungen. Es sey billig zu verwun-
dern, daß junge Herren, die sich selbst so viele
Freyheit erlaubten, als man ihm Schuld gäbe,
sich einbilden könnten, es müsse ihnen das tugend-
hafteste Frauenzimmer zu Theil werden, so bald sie

es

Die Geſchichte
richt bekommen? als welches nach Jhrem Wunſch
Herr Hickman bey dem Lord M. ausforſchen ſoll-
te. Jch gebrauchte mich der Gelegenheit, und er
beantwortete meine Frage hinlaͤnglich, indem er
mir aus einem mitgebrachten Briefe von Lord M.
vorlaß: Eine Verbindung mit Jhnen wuͤr-
de auch bloß um Jhrer eigenen Vorzuͤge
und Verdienſte willen ihnen die erwuͤnſch-
teſte Sache ſeyn.
Ja ſo weit gehen Seine
Gnaden in Dero Schreiben: daß ſie ihn verſichern:
wenn Sie um ſeinetwillen einigen Verluſt
des Vermoͤgens uͤbernehmen muͤſten/ und
die Bitterkeit Jhrer Anverwandten ſo weit
ginge/ ſo wolle er ſelbſt und ſeine Schwe-
ſtern geſam̃ter Hand ihm dieſen Verluſt wie-
der gut thun.
Jndeſſen wird ohne Zweifel das
Anſehen einer ſo vornehmen Familie machen, daß
man in dieſer Sache, welche die Ehre beyder Fa-
milien angehet, eine allgemeine Genehmhaltung
der Jhrigen ſehr wuͤnſchet.

Jch ſagte ihm, was Sie auch ſelbſt bereits ihm
geſagt haben: Sie waͤren dem Herrn Solmes
aufs aͤuſſerſte abgeneigt: und wuͤrden unverhey-
rathet bleiben, falls Sie Jhrer eigenen Wahl fol-
gen duͤrften. Gegen ihn, ſagte ich deutlich, haͤt-
ten Sie wegen ſeiner Lebens-Art ſehr ſtarcke und
gerechte Einwendungen. Es ſey billig zu verwun-
dern, daß junge Herren, die ſich ſelbſt ſo viele
Freyheit erlaubten, als man ihm Schuld gaͤbe,
ſich einbilden koͤnnten, es muͤſſe ihnen das tugend-
hafteſte Frauenzimmer zu Theil werden, ſo bald ſie

es
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0036" n="30"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Die Ge&#x017F;chichte</hi></hi></fw><lb/>
richt bekommen? als welches nach Jhrem Wun&#x017F;ch<lb/>
Herr <hi rendition="#fr">Hickman</hi> bey dem Lord <hi rendition="#fr">M.</hi> ausfor&#x017F;chen &#x017F;oll-<lb/>
te. Jch gebrauchte mich der Gelegenheit, und er<lb/>
beantwortete meine Frage hinla&#x0364;nglich, indem er<lb/>
mir aus einem mitgebrachten Briefe von Lord <hi rendition="#fr">M.</hi><lb/>
vorlaß: <hi rendition="#fr">Eine Verbindung mit Jhnen wu&#x0364;r-<lb/>
de auch bloß um Jhrer eigenen Vorzu&#x0364;ge<lb/>
und Verdien&#x017F;te willen ihnen die erwu&#x0364;n&#x017F;ch-<lb/>
te&#x017F;te Sache &#x017F;eyn.</hi> Ja &#x017F;o weit gehen Seine<lb/>
Gnaden in Dero Schreiben: daß &#x017F;ie ihn ver&#x017F;ichern:<lb/><hi rendition="#fr">wenn Sie um &#x017F;einetwillen einigen Verlu&#x017F;t<lb/>
des Vermo&#x0364;gens u&#x0364;bernehmen mu&#x0364;&#x017F;ten/ und<lb/>
die Bitterkeit Jhrer Anverwandten &#x017F;o weit<lb/>
ginge/ &#x017F;o wolle er &#x017F;elb&#x017F;t und &#x017F;eine Schwe-<lb/>
&#x017F;tern ge&#x017F;am&#x0303;ter Hand ihm die&#x017F;en Verlu&#x017F;t wie-<lb/>
der gut thun.</hi> Jnde&#x017F;&#x017F;en wird ohne Zweifel das<lb/>
An&#x017F;ehen einer &#x017F;o vornehmen Familie machen, daß<lb/>
man in die&#x017F;er Sache, welche die Ehre beyder Fa-<lb/>
milien angehet, eine allgemeine Genehmhaltung<lb/>
der Jhrigen &#x017F;ehr wu&#x0364;n&#x017F;chet.</p><lb/>
          <p>Jch &#x017F;agte ihm, was Sie auch &#x017F;elb&#x017F;t bereits ihm<lb/>
ge&#x017F;agt haben: Sie wa&#x0364;ren dem Herrn <hi rendition="#fr">Solmes</hi><lb/>
aufs a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;te abgeneigt: und wu&#x0364;rden unverhey-<lb/>
rathet bleiben, falls Sie Jhrer eigenen Wahl fol-<lb/>
gen du&#x0364;rften. Gegen ihn, &#x017F;agte ich deutlich, ha&#x0364;t-<lb/>
ten Sie wegen &#x017F;einer Lebens-Art &#x017F;ehr &#x017F;tarcke und<lb/>
gerechte Einwendungen. Es &#x017F;ey billig zu verwun-<lb/>
dern, daß junge Herren, die &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;o viele<lb/>
Freyheit erlaubten, als man ihm Schuld ga&#x0364;be,<lb/>
&#x017F;ich einbilden ko&#x0364;nnten, es mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e ihnen das tugend-<lb/>
hafte&#x017F;te Frauenzimmer zu Theil werden, &#x017F;o bald &#x017F;ie<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">es</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0036] Die Geſchichte richt bekommen? als welches nach Jhrem Wunſch Herr Hickman bey dem Lord M. ausforſchen ſoll- te. Jch gebrauchte mich der Gelegenheit, und er beantwortete meine Frage hinlaͤnglich, indem er mir aus einem mitgebrachten Briefe von Lord M. vorlaß: Eine Verbindung mit Jhnen wuͤr- de auch bloß um Jhrer eigenen Vorzuͤge und Verdienſte willen ihnen die erwuͤnſch- teſte Sache ſeyn. Ja ſo weit gehen Seine Gnaden in Dero Schreiben: daß ſie ihn verſichern: wenn Sie um ſeinetwillen einigen Verluſt des Vermoͤgens uͤbernehmen muͤſten/ und die Bitterkeit Jhrer Anverwandten ſo weit ginge/ ſo wolle er ſelbſt und ſeine Schwe- ſtern geſam̃ter Hand ihm dieſen Verluſt wie- der gut thun. Jndeſſen wird ohne Zweifel das Anſehen einer ſo vornehmen Familie machen, daß man in dieſer Sache, welche die Ehre beyder Fa- milien angehet, eine allgemeine Genehmhaltung der Jhrigen ſehr wuͤnſchet. Jch ſagte ihm, was Sie auch ſelbſt bereits ihm geſagt haben: Sie waͤren dem Herrn Solmes aufs aͤuſſerſte abgeneigt: und wuͤrden unverhey- rathet bleiben, falls Sie Jhrer eigenen Wahl fol- gen duͤrften. Gegen ihn, ſagte ich deutlich, haͤt- ten Sie wegen ſeiner Lebens-Art ſehr ſtarcke und gerechte Einwendungen. Es ſey billig zu verwun- dern, daß junge Herren, die ſich ſelbſt ſo viele Freyheit erlaubten, als man ihm Schuld gaͤbe, ſich einbilden koͤnnten, es muͤſſe ihnen das tugend- hafteſte Frauenzimmer zu Theil werden, ſo bald ſie es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/36
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/36>, abgerufen am 21.11.2024.