Jch ging wieder hinein, ließ mich auf den Sitz am Fenster nieder, und weinete bitterlich.
Soll ich Jhnen ein kurtzes aber lächerliches Gespräch erzählen, das ich mit meinem Vruder gehalten habe, als er und Elisabeth mich be- wahren mußten! weil meine Stube durchsucht ward? Doch nein! Es würde keinen Nutzen haben.
Jch bat ihn einige mahl um Erlaubniß, auf meine Stube zu gehen; allein umsonst. Jch glaube die Durchsuchung war noch nicht zu En- de. Meine Schwester war mit dabey beschäfti- get, und niemand würde fleißiger und ernstlicher haben suchen können, als sie. Es war ein Glück für mich, daß sie nichts fanden.
Als meine Schwester nichts von den Schrif- ten des listigen Mädchens finden konnte, so ward beschlossen, daß ich noch einen Besuch von Herrn Solmes auszustehen haben sollte. Mei- ne Base Hervey muste mit dabey seyn; und ich konnte ihr an den Augen absehen, daß es wi- der ihren Willen geschahe. Allein mein Onckle Anton war ihr zugeordnet, damit sie sich nicht möchte erweichen lassen.
Jch bin jetzt etwas müde, denn es ist schon des Morgens um zwey Uhr. Jch will mich des- wegen in meinen Kleidern niederlegen, und ver- suchen ob ich einschlaffen kan.
Jch
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der Clariſſa.
Jch ging wieder hinein, ließ mich auf den Sitz am Fenſter nieder, und weinete bitterlich.
Soll ich Jhnen ein kurtzes aber laͤcherliches Geſpraͤch erzaͤhlen, das ich mit meinem Vruder gehalten habe, als er und Eliſabeth mich be- wahren mußten! weil meine Stube durchſucht ward? Doch nein! Es wuͤrde keinen Nutzen haben.
Jch bat ihn einige mahl um Erlaubniß, auf meine Stube zu gehen; allein umſonſt. Jch glaube die Durchſuchung war noch nicht zu En- de. Meine Schweſter war mit dabey beſchaͤfti- get, und niemand wuͤrde fleißiger und ernſtlicher haben ſuchen koͤnnen, als ſie. Es war ein Gluͤck fuͤr mich, daß ſie nichts fanden.
Als meine Schweſter nichts von den Schrif- ten des liſtigen Maͤdchens finden konnte, ſo ward beſchloſſen, daß ich noch einen Beſuch von Herrn Solmes auszuſtehen haben ſollte. Mei- ne Baſe Hervey muſte mit dabey ſeyn; und ich konnte ihr an den Augen abſehen, daß es wi- der ihren Willen geſchahe. Allein mein Onckle Anton war ihr zugeordnet, damit ſie ſich nicht moͤchte erweichen laſſen.
Jch bin jetzt etwas muͤde, denn es iſt ſchon des Morgens um zwey Uhr. Jch will mich des- wegen in meinen Kleidern niederlegen, und ver- ſuchen ob ich einſchlaffen kan.
Jch
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der Clariſſa.
Jch ging wieder hinein, ließ mich auf den Sitz
am Fenſter nieder, und weinete bitterlich.
Soll ich Jhnen ein kurtzes aber laͤcherliches
Geſpraͤch erzaͤhlen, das ich mit meinem Vruder
gehalten habe, als er und Eliſabeth mich be-
wahren mußten! weil meine Stube durchſucht
ward? Doch nein! Es wuͤrde keinen Nutzen
haben.
Jch bat ihn einige mahl um Erlaubniß, auf
meine Stube zu gehen; allein umſonſt. Jch
glaube die Durchſuchung war noch nicht zu En-
de. Meine Schweſter war mit dabey beſchaͤfti-
get, und niemand wuͤrde fleißiger und ernſtlicher
haben ſuchen koͤnnen, als ſie. Es war ein Gluͤck
fuͤr mich, daß ſie nichts fanden.
Als meine Schweſter nichts von den Schrif-
ten des liſtigen Maͤdchens finden konnte, ſo
ward beſchloſſen, daß ich noch einen Beſuch von
Herrn Solmes auszuſtehen haben ſollte. Mei-
ne Baſe Hervey muſte mit dabey ſeyn; und
ich konnte ihr an den Augen abſehen, daß es wi-
der ihren Willen geſchahe. Allein mein Onckle
Anton war ihr zugeordnet, damit ſie ſich nicht
moͤchte erweichen laſſen.
Jch bin jetzt etwas muͤde, denn es iſt ſchon des
Morgens um zwey Uhr. Jch will mich des-
wegen in meinen Kleidern niederlegen, und ver-
ſuchen ob ich einſchlaffen kan.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/347>, abgerufen am 23.11.2024.
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