sie zu überreden: und ich wollte ihm doch nicht gern deswegen verpflichtet seyn, wenn ich es an- ders vermeiden kan. Denn wenn Mannsper- sonen ihre Absichten haben, so bilden sie sich so viel darauf ein, wenn ein Frauenzimmer sich herabläßt ihnen etwas aufzutragen, daß es gantz unerträglich ist. Sollte ich heute keine gute Ge- legenheit finden, so will ich mein Anliegen Mor- gen anbringen.
Jch werde keins von Jhren versiegelten Pa- cketchens anders als in Jhrer Gegenwart er- öffnen. Jch brauche dieses nicht zu thun: denn es ist mir unmöglich einiges Mißtrauen in Jh- re Aufführung zu setzen; und aus den Auszü- gen seiner und Jhrer Brieffe, die Sie mir mit- getheilet haben, sehe ich doch schon alles, was Jhre gegenwärtigen Umstände betreffen kan, und wie Sie mit ihm stehen.
Jch hatte schon eine etwas lebhaffte Anmer- ckung in der Feder. Allein weil Sie gern vor allen unsers Geschlechts einen Vorzug haben wollten, und ihn in der That zu haben verdie- nen, so will ich Jhrer verschonen. Sie scheinen indessen bisweilen Jhre Neigungen und Gedan- cken mehr als halb heraus sagen zu wollen. Daß Sie es nicht völlig thun, muß ich blos dem Kampf zwischen Jhnen und Jhnen zuschrei- ben: Jhre Blödigkeit hält Sie ab. Wenn die- se erst überwunden ist, so bin ich versichert, daß Sie mir Jhre völlige Neigung frey gestehen werden.
Jch
Die Geſchichte
ſie zu uͤberreden: und ich wollte ihm doch nicht gern deswegen verpflichtet ſeyn, wenn ich es an- ders vermeiden kan. Denn wenn Mannsper- ſonen ihre Abſichten haben, ſo bilden ſie ſich ſo viel darauf ein, wenn ein Frauenzimmer ſich herablaͤßt ihnen etwas aufzutragen, daß es gantz unertraͤglich iſt. Sollte ich heute keine gute Ge- legenheit finden, ſo will ich mein Anliegen Mor- gen anbringen.
Jch werde keins von Jhren verſiegelten Pa- cketchens anders als in Jhrer Gegenwart er- oͤffnen. Jch brauche dieſes nicht zu thun: denn es iſt mir unmoͤglich einiges Mißtrauen in Jh- re Auffuͤhrung zu ſetzen; und aus den Auszuͤ- gen ſeiner und Jhrer Brieffe, die Sie mir mit- getheilet haben, ſehe ich doch ſchon alles, was Jhre gegenwaͤrtigen Umſtaͤnde betreffen kan, und wie Sie mit ihm ſtehen.
Jch hatte ſchon eine etwas lebhaffte Anmer- ckung in der Feder. Allein weil Sie gern vor allen unſers Geſchlechts einen Vorzug haben wollten, und ihn in der That zu haben verdie- nen, ſo will ich Jhrer verſchonen. Sie ſcheinen indeſſen bisweilen Jhre Neigungen und Gedan- cken mehr als halb heraus ſagen zu wollen. Daß Sie es nicht voͤllig thun, muß ich blos dem Kampf zwiſchen Jhnen und Jhnen zuſchrei- ben: Jhre Bloͤdigkeit haͤlt Sie ab. Wenn die- ſe erſt uͤberwunden iſt, ſo bin ich verſichert, daß Sie mir Jhre voͤllige Neigung frey geſtehen werden.
Jch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0278"n="272"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#g">Die Geſchichte</hi></hi></fw><lb/>ſie zu uͤberreden: und ich wollte ihm doch nicht<lb/>
gern deswegen verpflichtet ſeyn, wenn ich es an-<lb/>
ders vermeiden kan. Denn wenn Mannsper-<lb/>ſonen ihre Abſichten haben, ſo bilden ſie ſich ſo<lb/>
viel darauf ein, wenn ein Frauenzimmer ſich<lb/>
herablaͤßt ihnen etwas aufzutragen, daß es gantz<lb/>
unertraͤglich iſt. Sollte ich heute keine gute Ge-<lb/>
legenheit finden, ſo will ich mein Anliegen Mor-<lb/>
gen anbringen.</p><lb/><p>Jch werde keins von Jhren verſiegelten Pa-<lb/>
cketchens anders als in Jhrer Gegenwart er-<lb/>
oͤffnen. Jch brauche dieſes nicht zu thun: denn<lb/>
es iſt mir unmoͤglich einiges Mißtrauen in Jh-<lb/>
re Auffuͤhrung zu ſetzen; und aus den Auszuͤ-<lb/>
gen ſeiner und Jhrer Brieffe, die Sie mir mit-<lb/>
getheilet haben, ſehe ich doch ſchon alles, was<lb/>
Jhre gegenwaͤrtigen Umſtaͤnde betreffen kan,<lb/>
und wie Sie mit ihm ſtehen.</p><lb/><p>Jch hatte ſchon eine etwas lebhaffte Anmer-<lb/>
ckung in der Feder. Allein weil Sie gern vor<lb/>
allen unſers Geſchlechts einen Vorzug haben<lb/>
wollten, und ihn in der That zu haben verdie-<lb/>
nen, ſo will ich Jhrer verſchonen. Sie ſcheinen<lb/>
indeſſen bisweilen Jhre Neigungen und Gedan-<lb/>
cken mehr als halb heraus ſagen zu wollen. Daß<lb/>
Sie es nicht voͤllig thun, muß ich blos dem<lb/>
Kampf zwiſchen <hirendition="#fr">Jhnen</hi> und <hirendition="#fr">Jhnen</hi> zuſchrei-<lb/>
ben: Jhre Bloͤdigkeit haͤlt Sie ab. Wenn die-<lb/>ſe erſt uͤberwunden iſt, ſo bin ich verſichert, daß<lb/>
Sie mir Jhre voͤllige Neigung frey geſtehen<lb/>
werden.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Jch</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[272/0278]
Die Geſchichte
ſie zu uͤberreden: und ich wollte ihm doch nicht
gern deswegen verpflichtet ſeyn, wenn ich es an-
ders vermeiden kan. Denn wenn Mannsper-
ſonen ihre Abſichten haben, ſo bilden ſie ſich ſo
viel darauf ein, wenn ein Frauenzimmer ſich
herablaͤßt ihnen etwas aufzutragen, daß es gantz
unertraͤglich iſt. Sollte ich heute keine gute Ge-
legenheit finden, ſo will ich mein Anliegen Mor-
gen anbringen.
Jch werde keins von Jhren verſiegelten Pa-
cketchens anders als in Jhrer Gegenwart er-
oͤffnen. Jch brauche dieſes nicht zu thun: denn
es iſt mir unmoͤglich einiges Mißtrauen in Jh-
re Auffuͤhrung zu ſetzen; und aus den Auszuͤ-
gen ſeiner und Jhrer Brieffe, die Sie mir mit-
getheilet haben, ſehe ich doch ſchon alles, was
Jhre gegenwaͤrtigen Umſtaͤnde betreffen kan,
und wie Sie mit ihm ſtehen.
Jch hatte ſchon eine etwas lebhaffte Anmer-
ckung in der Feder. Allein weil Sie gern vor
allen unſers Geſchlechts einen Vorzug haben
wollten, und ihn in der That zu haben verdie-
nen, ſo will ich Jhrer verſchonen. Sie ſcheinen
indeſſen bisweilen Jhre Neigungen und Gedan-
cken mehr als halb heraus ſagen zu wollen. Daß
Sie es nicht voͤllig thun, muß ich blos dem
Kampf zwiſchen Jhnen und Jhnen zuſchrei-
ben: Jhre Bloͤdigkeit haͤlt Sie ab. Wenn die-
ſe erſt uͤberwunden iſt, ſo bin ich verſichert, daß
Sie mir Jhre voͤllige Neigung frey geſtehen
werden.
Jch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/278>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.