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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748.

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der Clarissa.

"O das veränderliche wanckelmüthige Ge-
"schlecht! kan aber Fräulein Clarissa Har-
"lowe
- - -
"Vergeben Sie mir, ich weiß nicht was ich
"schreibe.

"Jch beruffe mich auf Jhr Versprechen: ich
"muß mich darauf beruffen: oder Sie müssen
"wenigstens die Gütigkeit haben, bessere Ursa-
"chen zu erfinden, warum Sie es brechen wol-
"len; und mich überzeugen, daß Sie bessere
"Gründe gehabt als gemelder haben. Ein ein-
"mahl gegebenes Versprechen, das mit gutem
"Bedacht gegeben ist, kan nur der erlassen, dem
"es gegeben ist: oder es muß eine offenbahre
"Hinderniß dazwischen kommen, die dem verspre-
"chenden Theile die Erfüllung ohnmöglich
"macht.

"Dies war das allererste Versprechen, so ich
"in meinem Leben von Jhnen empfangen habe:
"an dem vielleicht Leben und Tod hängen kan.
"Denn ich verzweiffele fast, wenn ich an die un-
"menschliche Härte gedencke, damit Jhnen zu
"Hause begegnet wird.

"Sie wollen lieber den Tod wählen/ als
"Herrn Solmes!
(Wie verachte ich in mei-
"nem Hertzen einen solchen Mitbuhler!) Mei-
"ne allerliebste Fräulein, was sind das anders,
"als Worte? Wessen Worte? - - Worte ei-
"ner liebenswürdigen und unschätzbaren - - -
"bundbrüchigen? Soll ich Sie so nennen? Wie
"soll ich Jhrem Versprechen Glauben zustellen?

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der Clariſſa.

„O das veraͤnderliche wanckelmuͤthige Ge-
„ſchlecht! kan aber Fraͤulein Clariſſa Har-
„lowe
‒ ‒ ‒
„Vergeben Sie mir, ich weiß nicht was ich
„ſchreibe.

„Jch beruffe mich auf Jhr Verſprechen: ich
muß mich darauf beruffen: oder Sie muͤſſen
„wenigſtens die Guͤtigkeit haben, beſſere Urſa-
„chen zu erfinden, warum Sie es brechen wol-
„len; und mich uͤberzeugen, daß Sie beſſere
„Gruͤnde gehabt als gemelder haben. Ein ein-
„mahl gegebenes Verſprechen, das mit gutem
„Bedacht gegeben iſt, kan nur der erlaſſen, dem
„es gegeben iſt: oder es muß eine offenbahre
„Hinderniß dazwiſchen kommen, die dem verſpre-
„chenden Theile die Erfuͤllung ohnmoͤglich
„macht.

„Dies war das allererſte Verſprechen, ſo ich
„in meinem Leben von Jhnen empfangen habe:
„an dem vielleicht Leben und Tod haͤngen kan.
„Denn ich verzweiffele faſt, wenn ich an die un-
„menſchliche Haͤrte gedencke, damit Jhnen zu
„Hauſe begegnet wird.

Sie wollen lieber den Tod waͤhlen/ als
„Herrn Solmes!
(Wie verachte ich in mei-
„nem Hertzen einen ſolchen Mitbuhler!) Mei-
„ne allerliebſte Fraͤulein, was ſind das anders,
„als Worte? Weſſen Worte? ‒ ‒ Worte ei-
„ner liebenswuͤrdigen und unſchaͤtzbaren ‒ ‒ ‒
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[201/0207] der Clariſſa. „O das veraͤnderliche wanckelmuͤthige Ge- „ſchlecht! kan aber Fraͤulein Clariſſa Har- „lowe ‒ ‒ ‒ „Vergeben Sie mir, ich weiß nicht was ich „ſchreibe. „Jch beruffe mich auf Jhr Verſprechen: ich „muß mich darauf beruffen: oder Sie muͤſſen „wenigſtens die Guͤtigkeit haben, beſſere Urſa- „chen zu erfinden, warum Sie es brechen wol- „len; und mich uͤberzeugen, daß Sie beſſere „Gruͤnde gehabt als gemelder haben. Ein ein- „mahl gegebenes Verſprechen, das mit gutem „Bedacht gegeben iſt, kan nur der erlaſſen, dem „es gegeben iſt: oder es muß eine offenbahre „Hinderniß dazwiſchen kommen, die dem verſpre- „chenden Theile die Erfuͤllung ohnmoͤglich „macht. „Dies war das allererſte Verſprechen, ſo ich „in meinem Leben von Jhnen empfangen habe: „an dem vielleicht Leben und Tod haͤngen kan. „Denn ich verzweiffele faſt, wenn ich an die un- „menſchliche Haͤrte gedencke, damit Jhnen zu „Hauſe begegnet wird. „Sie wollen lieber den Tod waͤhlen/ als „Herrn Solmes! (Wie verachte ich in mei- „nem Hertzen einen ſolchen Mitbuhler!) Mei- „ne allerliebſte Fraͤulein, was ſind das anders, „als Worte? Weſſen Worte? ‒ ‒ Worte ei- „ner liebenswuͤrdigen und unſchaͤtzbaren ‒ ‒ ‒ „bundbruͤchigen? Soll ich Sie ſo nennen? Wie „ſoll ich Jhrem Verſprechen Glauben zuſtellen? ſon- N 5

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/207>, abgerufen am 24.11.2024.