"Lassen Sie uns sehen, ob wir in einer eintzigen "Sache Gehör finden sollen, oder nicht."
"Johann Harlowe."
Nach einer kurtzen Ueberlegung entschloß ich mich zu Uebernehmung dieser Bedingung. Jch fürchte nur, daß Herr Lovelace durch seinen Kundschaffter Nachricht davon erhalten, und dadurch zu einer verzweiffelten Entschliessung be- wogen werden möchte: insonderheit, da ich an ihn schreiben und die Unterredung, die er schon im Geiste mit mir hält, weiter hinaus setzen will, nachdem ich mehr Zeit gewonnen habe. Fol- genden Brief habe ich an meinen Onckle ge- schrieben:
"Hochgeehrtester Herr Vetter"
"Ob ich gleich sehe, was die vorgeschlagene "Bedingung für einen Zweck haben kan, so will "ich mich ihr dennoch unterwerfen: und ich "wünschte, daß ich dieses in Absicht auf alles "übrige, das von mir verlanget wird, auch thun "könnte. Wenn ich einen nennen soll, in dessen "Gegenwart ich diesen Herrn sprechen will, und "ich meine Mutter nicht nennen darf, deren "Gegenwart ich mir sonst am liebsten dabey aus- "bitten wollte, so sey es mir erlaubt, meinen "Onckle zu nennen, wo es ihm gefällig ist. "Wenn ich auch einen Tag bestimmen soll, und "hoffen darf, daß mir erlaubt sey, einen etwas "entfernten Tag zu wählen: so sey es der künf-
"tige
der Clariſſa.
„Laſſen Sie uns ſehen, ob wir in einer eintzigen „Sache Gehoͤr finden ſollen, oder nicht.„
„Johann Harlowe.„
Nach einer kurtzen Ueberlegung entſchloß ich mich zu Uebernehmung dieſer Bedingung. Jch fuͤrchte nur, daß Herr Lovelace durch ſeinen Kundſchaffter Nachricht davon erhalten, und dadurch zu einer verzweiffelten Entſchlieſſung be- wogen werden moͤchte: inſonderheit, da ich an ihn ſchreiben und die Unterredung, die er ſchon im Geiſte mit mir haͤlt, weiter hinaus ſetzen will, nachdem ich mehr Zeit gewonnen habe. Fol- genden Brief habe ich an meinen Onckle ge- ſchrieben:
„Hochgeehrteſter Herr Vetter„
„Ob ich gleich ſehe, was die vorgeſchlagene „Bedingung fuͤr einen Zweck haben kan, ſo will „ich mich ihr dennoch unterwerfen: und ich „wuͤnſchte, daß ich dieſes in Abſicht auf alles „uͤbrige, das von mir verlanget wird, auch thun „koͤnnte. Wenn ich einen nennen ſoll, in deſſen „Gegenwart ich dieſen Herrn ſprechen will, und „ich meine Mutter nicht nennen darf, deren „Gegenwart ich mir ſonſt am liebſten dabey aus- „bitten wollte, ſo ſey es mir erlaubt, meinen „Onckle zu nennen, wo es ihm gefaͤllig iſt. „Wenn ich auch einen Tag beſtimmen ſoll, und „hoffen darf, daß mir erlaubt ſey, einen etwas „entfernten Tag zu waͤhlen: ſo ſey es der kuͤnf-
„tige
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der Clariſſa.
„Laſſen Sie uns ſehen, ob wir in einer eintzigen
„Sache Gehoͤr finden ſollen, oder nicht.„
„Johann Harlowe.„
Nach einer kurtzen Ueberlegung entſchloß ich
mich zu Uebernehmung dieſer Bedingung. Jch
fuͤrchte nur, daß Herr Lovelace durch ſeinen
Kundſchaffter Nachricht davon erhalten, und
dadurch zu einer verzweiffelten Entſchlieſſung be-
wogen werden moͤchte: inſonderheit, da ich an
ihn ſchreiben und die Unterredung, die er ſchon
im Geiſte mit mir haͤlt, weiter hinaus ſetzen will,
nachdem ich mehr Zeit gewonnen habe. Fol-
genden Brief habe ich an meinen Onckle ge-
ſchrieben:
„Hochgeehrteſter Herr Vetter„
„Ob ich gleich ſehe, was die vorgeſchlagene
„Bedingung fuͤr einen Zweck haben kan, ſo will
„ich mich ihr dennoch unterwerfen: und ich
„wuͤnſchte, daß ich dieſes in Abſicht auf alles
„uͤbrige, das von mir verlanget wird, auch thun
„koͤnnte. Wenn ich einen nennen ſoll, in deſſen
„Gegenwart ich dieſen Herrn ſprechen will, und
„ich meine Mutter nicht nennen darf, deren
„Gegenwart ich mir ſonſt am liebſten dabey aus-
„bitten wollte, ſo ſey es mir erlaubt, meinen
„Onckle zu nennen, wo es ihm gefaͤllig iſt.
„Wenn ich auch einen Tag beſtimmen ſoll, und
„hoffen darf, daß mir erlaubt ſey, einen etwas
„entfernten Tag zu waͤhlen: ſo ſey es der kuͤnf-
„tige
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/197>, abgerufen am 27.11.2024.
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