übet hat. Mein Hertz ist mir zu schwer, als daß ich mehr hievon schreiben sollte.
Jch will Jhnen nun melden, was für Ursa- chen ich habe, voller Furcht zu seyn.
Jch habe schon in dem Brieffe, den ich heute früh schrieb, zu erkennen gegeben, daß sich ein Sturm zusammen zöge. Diesen Nachmittag kam Herr Solmes mit meinem Bruder aus der Kirche; und bald nachher brachte mir Eli- sabeth einen Brief, ohne zu sagen, von wem er käme. Die Aufschrifft hatte eine mir unbe- kannte Hand gemacht: man muste etwan glau- ben, daß ich den Brieff nicht annehmen und erbrechen würde, wenn ich zum voraus wüste, wer ihn geschrieben hätte. Jch sende Jhnen die Abschrifft:
"Jch halte mich für einen seer unglücklichen "Mahn zu sein, daß ich noch niemahls so glück- "lich gewest bin, ihnen meine Aufwartung ei- "ne halbe Stunde lang zu machen. Jch ha- "be Jhnen etwas zu sagen, daran ihnen viel "gelegen ist, wenn sie mich nur vor sich lassen "wollen. Es betrifft ihre Ehre, und die Ehre "der gansen Familie. Es betrifft die Absichten "der Perschon, von der Sie mehr halten sol- "len, als sie wert ist, und es betrifft einige
gott-
Die Geſchichte
uͤbet hat. Mein Hertz iſt mir zu ſchwer, als daß ich mehr hievon ſchreiben ſollte.
Jch will Jhnen nun melden, was fuͤr Urſa- chen ich habe, voller Furcht zu ſeyn.
Jch habe ſchon in dem Brieffe, den ich heute fruͤh ſchrieb, zu erkennen gegeben, daß ſich ein Sturm zuſammen zoͤge. Dieſen Nachmittag kam Herr Solmes mit meinem Bruder aus der Kirche; und bald nachher brachte mir Eli- ſabeth einen Brief, ohne zu ſagen, von wem er kaͤme. Die Aufſchrifft hatte eine mir unbe- kannte Hand gemacht: man muſte etwan glau- ben, daß ich den Brieff nicht annehmen und erbrechen wuͤrde, wenn ich zum voraus wuͤſte, wer ihn geſchrieben haͤtte. Jch ſende Jhnen die Abſchrifft:
„Jch halte mich fuͤr einen ſeer ungluͤcklichen „Mahn zu ſein, daß ich noch niemahls ſo gluͤck- „lich geweſt bin, ihnen meine Aufwartung ei- „ne halbe Stunde lang zu machen. Jch ha- „be Jhnen etwas zu ſagen, daran ihnen viel „gelegen iſt, wenn ſie mich nur vor ſich laſſen „wollen. Es betrifft ihre Ehre, und die Ehre „der ganſen Familie. Es betrifft die Abſichten „der Perſchon, von der Sie mehr halten ſol- „len, als ſie wert iſt, und es betrifft einige
gott-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0140"n="134"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#g">Die Geſchichte</hi></hi></fw><lb/>
uͤbet hat. Mein Hertz iſt mir zu ſchwer, als<lb/>
daß ich mehr hievon ſchreiben ſollte.</p><lb/><p>Jch will Jhnen nun melden, was fuͤr Urſa-<lb/>
chen ich habe, voller Furcht zu ſeyn.</p><lb/><p>Jch habe ſchon in dem Brieffe, den ich heute<lb/>
fruͤh ſchrieb, zu erkennen gegeben, daß ſich ein<lb/>
Sturm zuſammen zoͤge. Dieſen Nachmittag<lb/>
kam Herr <hirendition="#fr">Solmes</hi> mit meinem Bruder aus<lb/>
der Kirche; und bald nachher brachte mir <hirendition="#fr">Eli-<lb/>ſabeth</hi> einen Brief, ohne zu ſagen, von wem<lb/>
er kaͤme. Die Aufſchrifft hatte eine mir unbe-<lb/>
kannte Hand gemacht: man muſte etwan glau-<lb/>
ben, daß ich den Brieff nicht annehmen und<lb/>
erbrechen wuͤrde, wenn ich zum voraus wuͤſte,<lb/>
wer ihn geſchrieben haͤtte. Jch ſende Jhnen<lb/>
die Abſchrifft:</p><lb/><floatingText><body><salute><hirendition="#c">„<hirendition="#fr">An Fraͤulein Clariſſa Harlowe.</hi>„<lb/>„Wehrteſte Froͤlin„</hi></salute><lb/><dateline><hirendition="#et">„den 26. Maͤrz.„</hi></dateline><lb/><p>„Jch halte mich fuͤr einen ſeer ungluͤcklichen<lb/>„Mahn zu ſein, daß ich noch niemahls ſo gluͤck-<lb/>„lich geweſt bin, ihnen meine Aufwartung ei-<lb/>„ne halbe Stunde lang zu machen. Jch ha-<lb/>„be Jhnen etwas zu ſagen, daran ihnen viel<lb/>„gelegen iſt, wenn ſie mich nur vor ſich laſſen<lb/>„wollen. Es betrifft ihre Ehre, und die Ehre<lb/>„der ganſen Familie. Es betrifft die Abſichten<lb/>„der Perſchon, von der Sie mehr halten ſol-<lb/>„len, als ſie wert iſt, und es betrifft einige<lb/><fwplace="bottom"type="catch">gott-</fw><lb/></p></body></floatingText></div></div></body></text></TEI>
[134/0140]
Die Geſchichte
uͤbet hat. Mein Hertz iſt mir zu ſchwer, als
daß ich mehr hievon ſchreiben ſollte.
Jch will Jhnen nun melden, was fuͤr Urſa-
chen ich habe, voller Furcht zu ſeyn.
Jch habe ſchon in dem Brieffe, den ich heute
fruͤh ſchrieb, zu erkennen gegeben, daß ſich ein
Sturm zuſammen zoͤge. Dieſen Nachmittag
kam Herr Solmes mit meinem Bruder aus
der Kirche; und bald nachher brachte mir Eli-
ſabeth einen Brief, ohne zu ſagen, von wem
er kaͤme. Die Aufſchrifft hatte eine mir unbe-
kannte Hand gemacht: man muſte etwan glau-
ben, daß ich den Brieff nicht annehmen und
erbrechen wuͤrde, wenn ich zum voraus wuͤſte,
wer ihn geſchrieben haͤtte. Jch ſende Jhnen
die Abſchrifft:
„An Fraͤulein Clariſſa Harlowe.„
„Wehrteſte Froͤlin„
„den 26. Maͤrz.„
„Jch halte mich fuͤr einen ſeer ungluͤcklichen
„Mahn zu ſein, daß ich noch niemahls ſo gluͤck-
„lich geweſt bin, ihnen meine Aufwartung ei-
„ne halbe Stunde lang zu machen. Jch ha-
„be Jhnen etwas zu ſagen, daran ihnen viel
„gelegen iſt, wenn ſie mich nur vor ſich laſſen
„wollen. Es betrifft ihre Ehre, und die Ehre
„der ganſen Familie. Es betrifft die Abſichten
„der Perſchon, von der Sie mehr halten ſol-
„len, als ſie wert iſt, und es betrifft einige
gott-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/140>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.