fel und Ungewißheit beunruhigen, sonderlich wenn man das entblößte Schwerd über seinem Haup- te hängen siehet!
Jch bekomme keine andere Nachricht, als die- jenige, die meine zuversichtliche und dreiste Eli- sabeth sich entfallen läßt, wenn sie nichts zu thun hat. Bald sagt sie: wie ist es, Fräulein, wollen sie ihre Sachen nicht in Ordnung brin- gen? Glauben sie gewiß, es wird ihnen ein Tag zur Abreise bestimmet werden, ehe sie es dencken. Ein anderes mahl giebt sie mir in gebrochenen Worten zu verstehen, was dieser oder jener ge- sagt hat; und es läßt bisweilen, als wenn sie mich nur damit plagen wollte. Sie erzählt mir, daß sich andere erkundigen, wie ich meine Zeit an- wende: und die unverschämte Frage meines Bruders wird mir oft vorgebetet: ob ich et- wan meine Leidens-Geschichte schreiben wollte?
Jch bin ihrer Verwegenheit nun schon ge- wohnt. Und da dieses mein eintziges Mittel ist, anderer Anschläge gegen mich zu erfahren, ehe sie ausgeführt werden, und sie sich darauf beruft, daß sie nichts ohne Befehl thue, wenn sie am allerunverschämtesten ist: so habe ich Geduld mit ihr. Mein Hertz aber ist dabey nicht im- mer unempfindlich.
Jch schlieffe diesen Brief, um ihn an Ort und Stelle zu bringen. Leben Sie wohl!
Cl. Horlowe.
Auf
Die Geſchichte
fel und Ungewißheit beunruhigen, ſonderlich wenn man das entbloͤßte Schwerd uͤber ſeinem Haup- te haͤngen ſiehet!
Jch bekomme keine andere Nachricht, als die- jenige, die meine zuverſichtliche und dreiſte Eli- ſabeth ſich entfallen laͤßt, wenn ſie nichts zu thun hat. Bald ſagt ſie: wie iſt es, Fraͤulein, wollen ſie ihre Sachen nicht in Ordnung brin- gen? Glauben ſie gewiß, es wird ihnen ein Tag zur Abreiſe beſtimmet werden, ehe ſie es dencken. Ein anderes mahl giebt ſie mir in gebrochenen Worten zu verſtehen, was dieſer oder jener ge- ſagt hat; und es laͤßt bisweilen, als wenn ſie mich nur damit plagen wollte. Sie erzaͤhlt mir, daß ſich andere erkundigen, wie ich meine Zeit an- wende: und die unverſchaͤmte Frage meines Bruders wird mir oft vorgebetet: ob ich et- wan meine Leidens-Geſchichte ſchreiben wollte?
Jch bin ihrer Verwegenheit nun ſchon ge- wohnt. Und da dieſes mein eintziges Mittel iſt, anderer Anſchlaͤge gegen mich zu erfahren, ehe ſie ausgefuͤhrt werden, und ſie ſich darauf beruft, daß ſie nichts ohne Befehl thue, wenn ſie am allerunverſchaͤmteſten iſt: ſo habe ich Geduld mit ihr. Mein Hertz aber iſt dabey nicht im- mer unempfindlich.
Jch ſchlieffe dieſen Brief, um ihn an Ort und Stelle zu bringen. Leben Sie wohl!
Cl. Horlowe.
Auf
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Die Geſchichte
fel und Ungewißheit beunruhigen, ſonderlich wenn
man das entbloͤßte Schwerd uͤber ſeinem Haup-
te haͤngen ſiehet!
Jch bekomme keine andere Nachricht, als die-
jenige, die meine zuverſichtliche und dreiſte Eli-
ſabeth ſich entfallen laͤßt, wenn ſie nichts zu
thun hat. Bald ſagt ſie: wie iſt es, Fraͤulein,
wollen ſie ihre Sachen nicht in Ordnung brin-
gen? Glauben ſie gewiß, es wird ihnen ein Tag
zur Abreiſe beſtimmet werden, ehe ſie es dencken.
Ein anderes mahl giebt ſie mir in gebrochenen
Worten zu verſtehen, was dieſer oder jener ge-
ſagt hat; und es laͤßt bisweilen, als wenn ſie
mich nur damit plagen wollte. Sie erzaͤhlt mir,
daß ſich andere erkundigen, wie ich meine Zeit an-
wende: und die unverſchaͤmte Frage meines
Bruders wird mir oft vorgebetet: ob ich et-
wan meine Leidens-Geſchichte ſchreiben
wollte?
Jch bin ihrer Verwegenheit nun ſchon ge-
wohnt. Und da dieſes mein eintziges Mittel
iſt, anderer Anſchlaͤge gegen mich zu erfahren,
ehe ſie ausgefuͤhrt werden, und ſie ſich darauf
beruft, daß ſie nichts ohne Befehl thue, wenn ſie
am allerunverſchaͤmteſten iſt: ſo habe ich Geduld
mit ihr. Mein Hertz aber iſt dabey nicht im-
mer unempfindlich.
Jch ſchlieffe dieſen Brief, um ihn an Ort und
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/120>, abgerufen am 22.11.2024.
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