und ich müßte fürchten, daß ich mit jedem an- brechenden Tage von neuen in meinem Hertzen einen Bund brechen würde, den ich vor dem Al- tar gemacht hätte.
Es scheint so gar, als wenn der Mann auf Rache wegen meiner Abneigung dencket, ob ich es gleich nicht in meiner Gewalt habe, geneig- ter gegen ihn zu seyn. Gestern versicherte mir meine abgeschmackte Wächterin, daß alle meine Widerspenstigkeit nicht so viel bedeuten würde/ als der Schnupftoback, den sie zwischen ihrem artigen Fingerchen und dem Daumen hätte; ich würde doch Herrn Solmes nehmen müssen. Es würde daher das beste seyn, wenn ich den Spaß nicht zu weit triebe: Denn Herr Solmes sey ein verständiger Mann/ und hätte ihr selbst gesagt: "ich "handelte sehr unverständig/ da ich doch "endlich sein Eigenthum werden müste. "Denn wenn er nicht mehr Erbarmen "hätte (dis war ihr Ausdruck. Jch will nicht gewiß sagen, ob er sich eben desselben Wortes bedient hat) als ich/ so würde ich Ursache "haben/ bis änmeinen Tod zu bereuen, daß "ich ihm so übel begegnete."
Genug von diesem Menschen! Aus demjeni- gen, was Sie von dem Ritter Harry Dow- neton gehört haben, ist klar genug, daß er allen Hochmuth und Grobheit besitzt, die man bey Manns-Personen vermuthen kan, ohne eine ein-
tzige
Die Geſchichte
und ich muͤßte fuͤrchten, daß ich mit jedem an- brechenden Tage von neuen in meinem Hertzen einen Bund brechen wuͤrde, den ich vor dem Al- tar gemacht haͤtte.
Es ſcheint ſo gar, als wenn der Mann auf Rache wegen meiner Abneigung dencket, ob ich es gleich nicht in meiner Gewalt habe, geneig- ter gegen ihn zu ſeyn. Geſtern verſicherte mir meine abgeſchmackte Waͤchterin, daß alle meine Widerſpenſtigkeit nicht ſo viel bedeuten wuͤrde/ als der Schnupftoback, den ſie zwiſchen ihrem artigen Fingerchen und dem Daumen haͤtte; ich wuͤrde doch Herrn Solmes nehmen muͤſſen. Es wuͤrde daher das beſte ſeyn, wenn ich den Spaß nicht zu weit triebe: Denn Herr Solmes ſey ein verſtaͤndiger Mann/ und haͤtte ihr ſelbſt geſagt: „ich „handelte ſehr unverſtaͤndig/ da ich doch „endlich ſein Eigenthum werden muͤſte. „Denn wenn er nicht mehr Erbarmen „haͤtte (dis war ihr Ausdruck. Jch will nicht gewiß ſagen, ob er ſich eben deſſelben Wortes bedient hat) als ich/ ſo wuͤrde ich Urſache „haben/ bis aͤnmeinen Tod zu bereuen, daß „ich ihm ſo uͤbel begegnete.„
Genug von dieſem Menſchen! Aus demjeni- gen, was Sie von dem Ritter Harry Dow- neton gehoͤrt haben, iſt klar genug, daß er allen Hochmuth und Grobheit beſitzt, die man bey Manns-Perſonen vermuthen kan, ohne eine ein-
tzige
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[104/0110]
Die Geſchichte
und ich muͤßte fuͤrchten, daß ich mit jedem an-
brechenden Tage von neuen in meinem Hertzen
einen Bund brechen wuͤrde, den ich vor dem Al-
tar gemacht haͤtte.
Es ſcheint ſo gar, als wenn der Mann auf
Rache wegen meiner Abneigung dencket, ob ich
es gleich nicht in meiner Gewalt habe, geneig-
ter gegen ihn zu ſeyn. Geſtern verſicherte mir
meine abgeſchmackte Waͤchterin, daß alle meine
Widerſpenſtigkeit nicht ſo viel bedeuten
wuͤrde/ als der Schnupftoback, den ſie zwiſchen
ihrem artigen Fingerchen und dem Daumen haͤtte;
ich wuͤrde doch Herrn Solmes nehmen
muͤſſen. Es wuͤrde daher das beſte ſeyn,
wenn ich den Spaß nicht zu weit triebe:
Denn Herr Solmes ſey ein verſtaͤndiger
Mann/ und haͤtte ihr ſelbſt geſagt: „ich
„handelte ſehr unverſtaͤndig/ da ich doch
„endlich ſein Eigenthum werden muͤſte.
„Denn wenn er nicht mehr Erbarmen
„haͤtte (dis war ihr Ausdruck. Jch will nicht
gewiß ſagen, ob er ſich eben deſſelben Wortes
bedient hat) als ich/ ſo wuͤrde ich Urſache
„haben/ bis aͤnmeinen Tod zu bereuen, daß
„ich ihm ſo uͤbel begegnete.„
Genug von dieſem Menſchen! Aus demjeni-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/110>, abgerufen am 22.11.2024.
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