eure Ausschweiffungen kosteten euch nichts: eur Vater mußte das Geld dazu hergeben.
Meine Ausschweiffungen? Arabelle! Hat mir mein Vater jemahls etwas gegeben, das er euch nicht auch gegeben hat?
Ja Clärchen; ich habe freylich durch euch mehr bekommen, als ich mit gutem Gewißen von meinem Vater hätte fodern können. Jch habe aber doch noch etwas davon das ich aufweisen kann. Was habt ihr? Was könnt ihr aufwei- sen. Sollten es wol fünfzig Stücke seyn? Jch glaube es nicht!
Nein! nicht so viel!
Jch glaube es euch gern! Eure Mutter Nor- ton - - aber Mum! mum! mum!
Gemeines Gemüth! die redliche Frau ist zwar in armseeligen Umständen, sie hat aber gewiß ein erhabenes Hertz: ein viel vornehmeres Hertz, als die, welche sie einer Niederträchtigkeit beschuldi- gen wollen, dazu sie nicht aufgelegt ist.
Was habt ihr mit dem vielen Gelde angefan- gen, das euch von Kindheit an zum Vertändeln gegeben ist? Last mich doch auch etwas davon wissen. (Sie wollte recht listig aussehen.) Hat, hat, hat, Lovelace, hat euer Schelm es auf Zin- sen ausgeliehen?
Wenn mich doch meine Schwester nicht zwin- gen wollte, für sie roth zu werden! Es ist auf Zin- sen ausgethan! - - Jch hoffe es wird mir Zinsen über Zinsen bringen: bessere Zinsen, als wenn es der Rost in meinem Kasten verzehrte, wie ibr es machet!
Jch
H h 5
der Clariſſa.
eure Ausſchweiffungen koſteten euch nichts: eur Vater mußte das Geld dazu hergeben.
Meine Ausſchweiffungen? Arabelle! Hat mir mein Vater jemahls etwas gegeben, das er euch nicht auch gegeben hat?
Ja Claͤrchen; ich habe freylich durch euch mehr bekommen, als ich mit gutem Gewißen von meinem Vater haͤtte fodern koͤnnen. Jch habe aber doch noch etwas davon das ich aufweiſen kann. Was habt ihr? Was koͤnnt ihr aufwei- ſen. Sollten es wol fuͤnfzig Stuͤcke ſeyn? Jch glaube es nicht!
Nein! nicht ſo viel!
Jch glaube es euch gern! Eure Mutter Nor- ton ‒ ‒ aber Mum! mum! mum!
Gemeines Gemuͤth! die redliche Frau iſt zwar in armſeeligen Umſtaͤnden, ſie hat aber gewiß ein erhabenes Hertz: ein viel vornehmeres Hertz, als die, welche ſie einer Niedertraͤchtigkeit beſchuldi- gen wollen, dazu ſie nicht aufgelegt iſt.
Was habt ihr mit dem vielen Gelde angefan- gen, das euch von Kindheit an zum Vertaͤndeln gegeben iſt? Laſt mich doch auch etwas davon wiſſen. (Sie wollte recht liſtig ausſehen.) Hat, hat, hat, Lovelace, hat euer Schelm es auf Zin- ſen ausgeliehen?
Wenn mich doch meine Schweſter nicht zwin- gen wollte, fuͤr ſie roth zu werden! Es iſt auf Zin- ſen ausgethan! ‒ ‒ Jch hoffe es wird mir Zinſen uͤber Zinſen bringen: beſſere Zinſen, als wenn es der Roſt in meinem Kaſten verzehrte, wie ibr es machet!
Jch
H h 5
<TEI><text><body><divn="2"><p><pbfacs="#f0509"n="489"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#g">der Clariſſa.</hi></hi></fw><lb/>
eure Ausſchweiffungen koſteten euch nichts: eur<lb/>
Vater mußte das Geld dazu hergeben.</p><lb/><p>Meine <hirendition="#fr">Ausſchweiffungen? Arabelle!</hi> Hat<lb/>
mir mein Vater jemahls etwas gegeben, das<lb/>
er euch nicht auch gegeben hat?</p><lb/><p>Ja <hirendition="#fr">Claͤrchen;</hi> ich habe freylich durch euch<lb/>
mehr bekommen, als ich mit gutem Gewißen von<lb/>
meinem Vater haͤtte fodern koͤnnen. Jch habe<lb/>
aber doch noch etwas davon das ich aufweiſen<lb/>
kann. Was habt ihr? Was koͤnnt ihr aufwei-<lb/>ſen. Sollten es wol fuͤnfzig Stuͤcke ſeyn? Jch<lb/>
glaube es nicht!</p><lb/><p>Nein! nicht ſo viel!</p><lb/><p>Jch glaube es euch gern! Eure Mutter <hirendition="#fr">Nor-<lb/>
ton</hi>‒‒ aber Mum! mum! mum!</p><lb/><p>Gemeines Gemuͤth! die redliche Frau iſt zwar<lb/>
in armſeeligen Umſtaͤnden, ſie hat aber gewiß ein<lb/>
erhabenes Hertz: ein viel vornehmeres Hertz, als<lb/>
die, welche ſie einer Niedertraͤchtigkeit beſchuldi-<lb/>
gen wollen, dazu ſie nicht aufgelegt iſt.</p><lb/><p>Was habt ihr mit dem vielen Gelde angefan-<lb/>
gen, das euch von Kindheit an zum Vertaͤndeln<lb/>
gegeben iſt? Laſt mich doch auch etwas davon<lb/>
wiſſen. (Sie wollte recht liſtig ausſehen.) Hat,<lb/>
hat, hat, <hirendition="#fr">Lovelace,</hi> hat euer Schelm es auf Zin-<lb/>ſen ausgeliehen?</p><lb/><p>Wenn mich doch meine Schweſter nicht zwin-<lb/>
gen wollte, fuͤr ſie roth zu werden! Es iſt auf Zin-<lb/>ſen ausgethan! ‒‒ Jch hoffe es wird mir Zinſen<lb/>
uͤber Zinſen bringen: beſſere Zinſen, als wenn<lb/>
es der Roſt in meinem Kaſten verzehrte, wie ibr<lb/>
es machet!</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">H h 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">Jch</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[489/0509]
der Clariſſa.
eure Ausſchweiffungen koſteten euch nichts: eur
Vater mußte das Geld dazu hergeben.
Meine Ausſchweiffungen? Arabelle! Hat
mir mein Vater jemahls etwas gegeben, das
er euch nicht auch gegeben hat?
Ja Claͤrchen; ich habe freylich durch euch
mehr bekommen, als ich mit gutem Gewißen von
meinem Vater haͤtte fodern koͤnnen. Jch habe
aber doch noch etwas davon das ich aufweiſen
kann. Was habt ihr? Was koͤnnt ihr aufwei-
ſen. Sollten es wol fuͤnfzig Stuͤcke ſeyn? Jch
glaube es nicht!
Nein! nicht ſo viel!
Jch glaube es euch gern! Eure Mutter Nor-
ton ‒ ‒ aber Mum! mum! mum!
Gemeines Gemuͤth! die redliche Frau iſt zwar
in armſeeligen Umſtaͤnden, ſie hat aber gewiß ein
erhabenes Hertz: ein viel vornehmeres Hertz, als
die, welche ſie einer Niedertraͤchtigkeit beſchuldi-
gen wollen, dazu ſie nicht aufgelegt iſt.
Was habt ihr mit dem vielen Gelde angefan-
gen, das euch von Kindheit an zum Vertaͤndeln
gegeben iſt? Laſt mich doch auch etwas davon
wiſſen. (Sie wollte recht liſtig ausſehen.) Hat,
hat, hat, Lovelace, hat euer Schelm es auf Zin-
ſen ausgeliehen?
Wenn mich doch meine Schweſter nicht zwin-
gen wollte, fuͤr ſie roth zu werden! Es iſt auf Zin-
ſen ausgethan! ‒ ‒ Jch hoffe es wird mir Zinſen
uͤber Zinſen bringen: beſſere Zinſen, als wenn
es der Roſt in meinem Kaſten verzehrte, wie ibr
es machet!
Jch
H h 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 489. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/509>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.