daß ich recht habe misvergnügt über Sie zu seyn, wenn Sie mir in Jhren Briefen einige Geheim- nisse ihres Hertzens zu verheelen suchen.
Wenn Sie mir deutlich und ohne Umschweiff melden wollten, wie viel Antheil Lovelace an Jhrem Hertzen hat oder nicht hat, so würde ich Jhnen besser als jetzt rathen können, was Sie thun sollen. Sie sind so berühmt deswegen, daß Sie künftige Dinge vorher sehen können, daß kein Frauenzimmer einen stärckern Anspruch auf die Gabe der Weissagung (wenn ich es so nennen dürffte) machen kann, als Sie. Sollten Sie denn nicht in Jhrem Hertzen überlegt haben, wie glücklich oder unglücklich Sie bey ihm seyn wür- den, wenn Sie die seinige werden sollten? Ohne Zweiffel haben Sie dieses auch in Absicht auf Herrn Solmes gethan: daher kommt eben Jhr Widerwille gegen den einen, und Jhre bedungene Neigung zu dem andern. Wollen Sie mir nun er- öffnen, wie er Jhnen auf der besten und schlim- mesten Seite vorgekommen ist? was für Ursachen Sie finden, ihn zu wählen oder zu verwersen? Wir wollen alsdenn beydes gegen einander wägen, um zu sehen, auf welche Seite sich der Ausschlag künftig lencken möchte, oder schon jetzt lenckt. Nichts gerin- geres als die Anvertrauung der geheimsten Rath- schlüsse Jhres Hertzens, wird meine Liebe und meine Freundschaft gegen Sie befriedigen können. Sie werden sich nicht scheuen, sich selbst ein Geheimniß von dieser Art anzuvertrauen: wenn Sie sich aber selbst nicht trauen sollten, so könnten Sie freylich
mit
Die Geſchichte
daß ich recht habe misvergnuͤgt uͤber Sie zu ſeyn, wenn Sie mir in Jhren Briefen einige Geheim- niſſe ihres Hertzens zu verheelen ſuchen.
Wenn Sie mir deutlich und ohne Umſchweiff melden wollten, wie viel Antheil Lovelace an Jhrem Hertzen hat oder nicht hat, ſo wuͤrde ich Jhnen beſſer als jetzt rathen koͤnnen, was Sie thun ſollen. Sie ſind ſo beruͤhmt deswegen, daß Sie kuͤnftige Dinge vorher ſehen koͤnnen, daß kein Frauenzimmer einen ſtaͤrckern Anſpruch auf die Gabe der Weiſſagung (wenn ich es ſo nennen duͤrffte) machen kann, als Sie. Sollten Sie denn nicht in Jhrem Hertzen uͤberlegt haben, wie gluͤcklich oder ungluͤcklich Sie bey ihm ſeyn wuͤr- den, wenn Sie die ſeinige werden ſollten? Ohne Zweiffel haben Sie dieſes auch in Abſicht auf Herrn Solmes gethan: daher kommt eben Jhr Widerwille gegen den einen, und Jhre bedungene Neigung zu dem andern. Wollen Sie mir nun er- oͤffnen, wie er Jhnen auf der beſten und ſchlim- meſten Seite vorgekommen iſt? was fuͤr Urſachen Sie finden, ihn zu waͤhlen oder zu verwerſen? Wir wollen alsdenn beydes gegen einander waͤgen, um zu ſehen, auf welche Seite ſich der Ausſchlag kuͤnftig lencken moͤchte, oder ſchon jetzt lenckt. Nichts gerin- geres als die Anvertrauung der geheimſten Rath- ſchluͤſſe Jhres Hertzens, wird meine Liebe und meine Freundſchaft gegen Sie befriedigen koͤnnen. Sie werden ſich nicht ſcheuen, ſich ſelbſt ein Geheimniß von dieſer Art anzuvertrauen: wenn Sie ſich aber ſelbſt nicht trauen ſollten, ſo koͤnnten Sie freylich
mit
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Die Geſchichte
daß ich recht habe misvergnuͤgt uͤber Sie zu ſeyn,
wenn Sie mir in Jhren Briefen einige Geheim-
niſſe ihres Hertzens zu verheelen ſuchen.
Wenn Sie mir deutlich und ohne Umſchweiff
melden wollten, wie viel Antheil Lovelace an
Jhrem Hertzen hat oder nicht hat, ſo wuͤrde ich
Jhnen beſſer als jetzt rathen koͤnnen, was Sie
thun ſollen. Sie ſind ſo beruͤhmt deswegen,
daß Sie kuͤnftige Dinge vorher ſehen koͤnnen, daß
kein Frauenzimmer einen ſtaͤrckern Anſpruch auf
die Gabe der Weiſſagung (wenn ich es ſo nennen
duͤrffte) machen kann, als Sie. Sollten Sie
denn nicht in Jhrem Hertzen uͤberlegt haben, wie
gluͤcklich oder ungluͤcklich Sie bey ihm ſeyn wuͤr-
den, wenn Sie die ſeinige werden ſollten? Ohne
Zweiffel haben Sie dieſes auch in Abſicht auf
Herrn Solmes gethan: daher kommt eben Jhr
Widerwille gegen den einen, und Jhre bedungene
Neigung zu dem andern. Wollen Sie mir nun er-
oͤffnen, wie er Jhnen auf der beſten und ſchlim-
meſten Seite vorgekommen iſt? was fuͤr Urſachen
Sie finden, ihn zu waͤhlen oder zu verwerſen? Wir
wollen alsdenn beydes gegen einander waͤgen, um
zu ſehen, auf welche Seite ſich der Ausſchlag kuͤnftig
lencken moͤchte, oder ſchon jetzt lenckt. Nichts gerin-
geres als die Anvertrauung der geheimſten Rath-
ſchluͤſſe Jhres Hertzens, wird meine Liebe und meine
Freundſchaft gegen Sie befriedigen koͤnnen. Sie
werden ſich nicht ſcheuen, ſich ſelbſt ein Geheimniß
von dieſer Art anzuvertrauen: wenn Sie ſich aber
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/444>, abgerufen am 25.11.2024.
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