Holtz-Stall aufführet, wenn er mit einer so lobens- würdigen Absicht in die Kirche gehet: wer kann denn etwas an ihn auszusetzen finden? Gottlose Leute sind es, daß sie sich gegen ein so unschuldi- ges Blut verschwören, und aus Einem Munde ge- gen ihn lügen. Jedoch, wie ich schon gesagt habe wir wollen abwarten, was für einen Schritt beyde Theile nun thun werden, und wie Sie sich dabey verhalten: alsdenn werden wir mehr Licht in der Sache bekommen.
Was das anlanget, daß Sie den Anfang ge- macht haben, sich gegen ihre Onckles und Geschwi- ster anders als vorhin zu erklären, nachdem diese doch ein für allemahl Jhnen Schuld geben wolten, daß Sie in Herrn Lovelacen verliebt wären, und nur schärffere Pfeile gegen Sie daraus drech- selten, wenn Sie es leugneten: so haben Sie hier- in das gethan, was ich auch würde gethan haben. Jch selbst würde ihnen Stoff zum Argwohn gege- ben haben, um zu sehen, was dieses ausrichtete. Wenn aber - - wenn aber - -! Sie müssen mir hier ein wenig zu gute halten. Sie selbst fanden es nöthig, eine kleine Schutz-Schrift an mich vor- an zu schicken, ehe Sie mir von diesen Briefen Nachricht gaben. Und so lange, bis Sie gegen Jhre Freundin, an deren Ergebenheit Sie nicht zweiffeln können, so deutlich als eine Freundin re- den, werde ich Sie ein wenig plagen müssen. Meine Feder mag demnach nur schreiben; weil sie Lust zu schreiben hat.
Wenn
D d 3
der Clariſſa.
Holtz-Stall auffuͤhret, wenn er mit einer ſo lobens- wuͤrdigen Abſicht in die Kirche gehet: wer kann denn etwas an ihn auszuſetzen finden? Gottloſe Leute ſind es, daß ſie ſich gegen ein ſo unſchuldi- ges Blut verſchwoͤren, und aus Einem Munde ge- gen ihn luͤgen. Jedoch, wie ich ſchon geſagt habe wir wollen abwarten, was fuͤr einen Schritt beyde Theile nun thun werden, und wie Sie ſich dabey verhalten: alsdenn werden wir mehr Licht in der Sache bekommen.
Was das anlanget, daß Sie den Anfang ge- macht haben, ſich gegen ihre Onckles und Geſchwi- ſter anders als vorhin zu erklaͤren, nachdem dieſe doch ein fuͤr allemahl Jhnen Schuld geben wolten, daß Sie in Herrn Lovelacen verliebt waͤren, und nur ſchaͤrffere Pfeile gegen Sie daraus drech- ſelten, wenn Sie es leugneten: ſo haben Sie hier- in das gethan, was ich auch wuͤrde gethan haben. Jch ſelbſt wuͤrde ihnen Stoff zum Argwohn gege- ben haben, um zu ſehen, was dieſes ausrichtete. Wenn aber ‒ ‒ wenn aber ‒ ‒! Sie muͤſſen mir hier ein wenig zu gute halten. Sie ſelbſt fanden es noͤthig, eine kleine Schutz-Schrift an mich vor- an zu ſchicken, ehe Sie mir von dieſen Briefen Nachricht gaben. Und ſo lange, bis Sie gegen Jhre Freundin, an deren Ergebenheit Sie nicht zweiffeln koͤnnen, ſo deutlich als eine Freundin re- den, werde ich Sie ein wenig plagen muͤſſen. Meine Feder mag demnach nur ſchreiben; weil ſie Luſt zu ſchreiben hat.
Wenn
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der Clariſſa.
Holtz-Stall auffuͤhret, wenn er mit einer ſo lobens-
wuͤrdigen Abſicht in die Kirche gehet: wer kann
denn etwas an ihn auszuſetzen finden? Gottloſe
Leute ſind es, daß ſie ſich gegen ein ſo unſchuldi-
ges Blut verſchwoͤren, und aus Einem Munde ge-
gen ihn luͤgen. Jedoch, wie ich ſchon geſagt habe
wir wollen abwarten, was fuͤr einen Schritt beyde
Theile nun thun werden, und wie Sie ſich dabey
verhalten: alsdenn werden wir mehr Licht in der
Sache bekommen.
Was das anlanget, daß Sie den Anfang ge-
macht haben, ſich gegen ihre Onckles und Geſchwi-
ſter anders als vorhin zu erklaͤren, nachdem dieſe
doch ein fuͤr allemahl Jhnen Schuld geben wolten,
daß Sie in Herrn Lovelacen verliebt waͤren,
und nur ſchaͤrffere Pfeile gegen Sie daraus drech-
ſelten, wenn Sie es leugneten: ſo haben Sie hier-
in das gethan, was ich auch wuͤrde gethan haben.
Jch ſelbſt wuͤrde ihnen Stoff zum Argwohn gege-
ben haben, um zu ſehen, was dieſes ausrichtete.
Wenn aber ‒ ‒ wenn aber ‒ ‒! Sie muͤſſen mir
hier ein wenig zu gute halten. Sie ſelbſt fanden
es noͤthig, eine kleine Schutz-Schrift an mich vor-
an zu ſchicken, ehe Sie mir von dieſen Briefen
Nachricht gaben. Und ſo lange, bis Sie gegen
Jhre Freundin, an deren Ergebenheit Sie nicht
zweiffeln koͤnnen, ſo deutlich als eine Freundin re-
den, werde ich Sie ein wenig plagen muͤſſen.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/441>, abgerufen am 25.11.2024.
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