Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Geschichte
was meinen Sie war die Ursache? Wir wurden
durch anderer Schaden klug.

Verachten Sie das Geld nicht so sehr. Sie
können in die Umstände kommen, daß Sie es hö-
her achten lernen. Dis ist noch etwas, das Sie ler-
nen können, und Herr Solmes wird nach dem
Begriff, den Sie von ihm haben, sehr geschickt
seyn, es Sie zu lehren.

Jhre Hitze kann ich in der That nicht loben,
ich kann Sie auch nicht durch die Beschimpfungen
entschuldigen, die Sie sich selbst zugezogen haben.
Wenn ich sie für unverschuldet hielte, so wollte ich
Jhr Fürsprecher werden: allein ich habe immer die
Meinung gehabt, das Kinder keine Einwendun-
gen gegen den Willen ihrer Eltern machen müßen.
Als Jhnen Jhr seel. Gros-Vater sein Gut ver-
machte, ob er gleich drey lebendige Söhne hinter.
ließ, und Jhr älterer Bruder und ältere Schwester
noch vor Jhnen waren, so ließen wir uns es alle ge-
fallen. Und warum das? Weil es unsers Vaters
Wille war. Folgen Sie unserem Exempel. Wenn
Sie das nicht thun wollen, so haben Sie bey de-
nen am wenigsten Entschuldigung, die Jhnen mit
so gutem Exempel vorgegangen sind. Mercken
Sie sich das, meine Base.

Von Jhrem Bruder reden Sie gar zu verächt-
lich: und in Jhrem Brieffe an ihn so wohl als an
Jhre Schwester brauchen Sie zu wenig Respect.
Er ist Jhr Bruder, und um ein Drittheil älter als
Sie; und noch dazu eine Manns-Person. Wenn
Sie so viel aus einer Bekantschaft, die ein Jahr

alt

Die Geſchichte
was meinen Sie war die Urſache? Wir wurden
durch anderer Schaden klug.

Verachten Sie das Geld nicht ſo ſehr. Sie
koͤnnen in die Umſtaͤnde kommen, daß Sie es hoͤ-
her achten lernen. Dis iſt noch etwas, das Sie ler-
nen koͤnnen, und Herr Solmes wird nach dem
Begriff, den Sie von ihm haben, ſehr geſchickt
ſeyn, es Sie zu lehren.

Jhre Hitze kann ich in der That nicht loben,
ich kann Sie auch nicht durch die Beſchimpfungen
entſchuldigen, die Sie ſich ſelbſt zugezogen haben.
Wenn ich ſie fuͤr unverſchuldet hielte, ſo wollte ich
Jhr Fuͤrſprecher werden: allein ich habe immer die
Meinung gehabt, das Kinder keine Einwendun-
gen gegen den Willen ihrer Eltern machen muͤßen.
Als Jhnen Jhr ſeel. Gros-Vater ſein Gut ver-
machte, ob er gleich drey lebendige Soͤhne hinter.
ließ, und Jhr aͤlterer Bruder und aͤltere Schweſter
noch vor Jhnen waren, ſo ließen wir uns es alle ge-
fallen. Und warum das? Weil es unſers Vaters
Wille war. Folgen Sie unſerem Exempel. Wenn
Sie das nicht thun wollen, ſo haben Sie bey de-
nen am wenigſten Entſchuldigung, die Jhnen mit
ſo gutem Exempel vorgegangen ſind. Mercken
Sie ſich das, meine Baſe.

Von Jhrem Bruder reden Sie gar zu veraͤcht-
lich: und in Jhrem Brieffe an ihn ſo wohl als an
Jhre Schweſter brauchen Sie zu wenig Reſpect.
Er iſt Jhr Bruder, und um ein Drittheil aͤlter als
Sie; und noch dazu eine Manns-Perſon. Wenn
Sie ſo viel aus einer Bekantſchaft, die ein Jahr

alt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div>
          <p><pb facs="#f0390" n="370"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Die Ge&#x017F;chichte</hi></hi></fw><lb/>
was meinen Sie war die Ur&#x017F;ache? Wir wurden<lb/>
durch anderer Schaden klug.</p><lb/>
          <p>Verachten Sie das Geld nicht &#x017F;o &#x017F;ehr. Sie<lb/>
ko&#x0364;nnen in die Um&#x017F;ta&#x0364;nde kommen, daß Sie es ho&#x0364;-<lb/>
her achten lernen. Dis i&#x017F;t noch etwas, das Sie ler-<lb/>
nen ko&#x0364;nnen, und Herr <hi rendition="#fr">Solmes</hi> wird nach dem<lb/>
Begriff, den Sie von ihm haben, &#x017F;ehr ge&#x017F;chickt<lb/>
&#x017F;eyn, es Sie zu lehren.</p><lb/>
          <p>Jhre Hitze kann ich in der That nicht loben,<lb/>
ich kann Sie auch nicht durch die Be&#x017F;chimpfungen<lb/>
ent&#x017F;chuldigen, die Sie &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zugezogen haben.<lb/>
Wenn ich &#x017F;ie fu&#x0364;r unver&#x017F;chuldet hielte, &#x017F;o wollte ich<lb/>
Jhr Fu&#x0364;r&#x017F;precher werden: allein ich habe immer die<lb/>
Meinung gehabt, das Kinder keine Einwendun-<lb/>
gen gegen den Willen ihrer Eltern machen mu&#x0364;ßen.<lb/>
Als Jhnen Jhr &#x017F;eel. Gros-Vater &#x017F;ein Gut ver-<lb/>
machte, ob er gleich drey lebendige So&#x0364;hne hinter.<lb/>
ließ, und Jhr a&#x0364;lterer Bruder und a&#x0364;ltere Schwe&#x017F;ter<lb/>
noch vor Jhnen waren, &#x017F;o ließen wir uns es alle ge-<lb/>
fallen. Und warum das? Weil es un&#x017F;ers Vaters<lb/>
Wille war. Folgen Sie un&#x017F;erem Exempel. Wenn<lb/>
Sie das nicht thun wollen, &#x017F;o haben Sie bey de-<lb/>
nen am wenig&#x017F;ten Ent&#x017F;chuldigung, die Jhnen mit<lb/>
&#x017F;o gutem Exempel vorgegangen &#x017F;ind. Mercken<lb/>
Sie &#x017F;ich das, meine Ba&#x017F;e.</p><lb/>
          <p>Von Jhrem Bruder reden Sie gar zu vera&#x0364;cht-<lb/>
lich: und in Jhrem Brieffe an ihn &#x017F;o wohl als an<lb/>
Jhre Schwe&#x017F;ter brauchen Sie zu wenig Re&#x017F;pect.<lb/>
Er i&#x017F;t Jhr Bruder, und um ein Drittheil a&#x0364;lter als<lb/>
Sie; und noch dazu eine Manns-Per&#x017F;on. Wenn<lb/>
Sie &#x017F;o viel aus einer Bekant&#x017F;chaft, die ein Jahr<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">alt</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[370/0390] Die Geſchichte was meinen Sie war die Urſache? Wir wurden durch anderer Schaden klug. Verachten Sie das Geld nicht ſo ſehr. Sie koͤnnen in die Umſtaͤnde kommen, daß Sie es hoͤ- her achten lernen. Dis iſt noch etwas, das Sie ler- nen koͤnnen, und Herr Solmes wird nach dem Begriff, den Sie von ihm haben, ſehr geſchickt ſeyn, es Sie zu lehren. Jhre Hitze kann ich in der That nicht loben, ich kann Sie auch nicht durch die Beſchimpfungen entſchuldigen, die Sie ſich ſelbſt zugezogen haben. Wenn ich ſie fuͤr unverſchuldet hielte, ſo wollte ich Jhr Fuͤrſprecher werden: allein ich habe immer die Meinung gehabt, das Kinder keine Einwendun- gen gegen den Willen ihrer Eltern machen muͤßen. Als Jhnen Jhr ſeel. Gros-Vater ſein Gut ver- machte, ob er gleich drey lebendige Soͤhne hinter. ließ, und Jhr aͤlterer Bruder und aͤltere Schweſter noch vor Jhnen waren, ſo ließen wir uns es alle ge- fallen. Und warum das? Weil es unſers Vaters Wille war. Folgen Sie unſerem Exempel. Wenn Sie das nicht thun wollen, ſo haben Sie bey de- nen am wenigſten Entſchuldigung, die Jhnen mit ſo gutem Exempel vorgegangen ſind. Mercken Sie ſich das, meine Baſe. Von Jhrem Bruder reden Sie gar zu veraͤcht- lich: und in Jhrem Brieffe an ihn ſo wohl als an Jhre Schweſter brauchen Sie zu wenig Reſpect. Er iſt Jhr Bruder, und um ein Drittheil aͤlter als Sie; und noch dazu eine Manns-Perſon. Wenn Sie ſo viel aus einer Bekantſchaft, die ein Jahr alt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/390
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/390>, abgerufen am 23.11.2024.