ändern. Denn wir wollen uns in unsere Hoff- nung nicht betrogen sehen; und unsern Freund eben so wenig als uns.
Wenn Jhr Gut ihm wohl gelegen ist, so ist ja das kein Unglück. Jst das ein Beweiß, naseweises Kind, daß er Sie nicht lieb hat. Sollte der nicht etwas Vermögen mit Jhnen bekommen, der so wenig von Jhnen zu erwarten hat? Mercken Sie das! Allein ist nicht dieses Gut in gewisser massen unser Gut? Haben wir nicht alle ein nähe- res Recht dazu, wenn es auf das Recht ankom- men solte? War es nicht blos die Gütigkeit eines alten abgelebten Mannes (GOtt habe ihn selig!) dadurch dieses Gut vor uns vorbey gegangen und an Sie gekommen ist? Wohlan! dürfen wir denn nicht ein Wort dazu sagen, wer es erheyra- then soll? Können Sie es über das Hertz bringen, daß es ein liederlicher Kerl, der uns allen feind ist, auf den Hin - - - hängen soll? Jch soll das erwä- gen, was Sie schreiben. Erwäge dieses, Mäd- chen! so wird sich finden, daß wir mehr Recht zu sprechen haben, als Sie dencken.
Die Härte, (wie Sie es nennen) damit Jhnen begegnet ist, haben Sie sich selbst zu dancken. So bald Sie nur wollen, wird alles harte ein Ende ha- ben. Das rührt mich also nicht, was Sie davon schreiben. Sie sind nicht eher eingesperret und von Jhren Eltern verbannet worden, als bis man alle Mittel in der Güte versucht hatte. Mercken Sie das! Herr Solmes ist an Jhrem Ungehor- sam unschuldig. Mercken Sie das auch!
Aus
der Clariſſa.
aͤndern. Denn wir wollen uns in unſere Hoff- nung nicht betrogen ſehen; und unſern Freund eben ſo wenig als uns.
Wenn Jhr Gut ihm wohl gelegen iſt, ſo iſt ja das kein Ungluͤck. Jſt das ein Beweiß, naſeweiſes Kind, daß er Sie nicht lieb hat. Sollte der nicht etwas Vermoͤgen mit Jhnen bekommen, der ſo wenig von Jhnen zu erwarten hat? Mercken Sie das! Allein iſt nicht dieſes Gut in gewiſſer maſſen unſer Gut? Haben wir nicht alle ein naͤhe- res Recht dazu, wenn es auf das Recht ankom- men ſolte? War es nicht blos die Guͤtigkeit eines alten abgelebten Mannes (GOtt habe ihn ſelig!) dadurch dieſes Gut vor uns vorbey gegangen und an Sie gekommen iſt? Wohlan! duͤrfen wir denn nicht ein Wort dazu ſagen, wer es erheyra- then ſoll? Koͤnnen Sie es uͤber das Hertz bringen, daß es ein liederlicher Kerl, der uns allen feind iſt, auf den Hin ‒ ‒ ‒ haͤngen ſoll? Jch ſoll das erwaͤ- gen, was Sie ſchreiben. Erwaͤge dieſes, Maͤd- chen! ſo wird ſich finden, daß wir mehr Recht zu ſprechen haben, als Sie dencken.
Die Haͤrte, (wie Sie es nennen) damit Jhnen begegnet iſt, haben Sie ſich ſelbſt zu dancken. So bald Sie nur wollen, wird alles harte ein Ende ha- ben. Das ruͤhrt mich alſo nicht, was Sie davon ſchreiben. Sie ſind nicht eher eingeſperret und von Jhren Eltern verbannet worden, als bis man alle Mittel in der Guͤte verſucht hatte. Mercken Sie das! Herr Solmes iſt an Jhrem Ungehor- ſam unſchuldig. Mercken Sie das auch!
Aus
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der Clariſſa.
aͤndern. Denn wir wollen uns in unſere Hoff-
nung nicht betrogen ſehen; und unſern Freund eben
ſo wenig als uns.
Wenn Jhr Gut ihm wohl gelegen iſt, ſo iſt ja
das kein Ungluͤck. Jſt das ein Beweiß, naſeweiſes
Kind, daß er Sie nicht lieb hat. Sollte der nicht
etwas Vermoͤgen mit Jhnen bekommen, der ſo
wenig von Jhnen zu erwarten hat? Mercken
Sie das! Allein iſt nicht dieſes Gut in gewiſſer
maſſen unſer Gut? Haben wir nicht alle ein naͤhe-
res Recht dazu, wenn es auf das Recht ankom-
men ſolte? War es nicht blos die Guͤtigkeit eines
alten abgelebten Mannes (GOtt habe ihn ſelig!)
dadurch dieſes Gut vor uns vorbey gegangen und
an Sie gekommen iſt? Wohlan! duͤrfen wir
denn nicht ein Wort dazu ſagen, wer es erheyra-
then ſoll? Koͤnnen Sie es uͤber das Hertz bringen,
daß es ein liederlicher Kerl, der uns allen feind iſt,
auf den Hin ‒ ‒ ‒ haͤngen ſoll? Jch ſoll das erwaͤ-
gen, was Sie ſchreiben. Erwaͤge dieſes, Maͤd-
chen! ſo wird ſich finden, daß wir mehr Recht zu
ſprechen haben, als Sie dencken.
Die Haͤrte, (wie Sie es nennen) damit Jhnen
begegnet iſt, haben Sie ſich ſelbſt zu dancken. So
bald Sie nur wollen, wird alles harte ein Ende ha-
ben. Das ruͤhrt mich alſo nicht, was Sie davon
ſchreiben. Sie ſind nicht eher eingeſperret und
von Jhren Eltern verbannet worden, als bis man
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/383>, abgerufen am 23.11.2024.
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