wenn ich nur von der Gewogenheit der Tochter einiger massen versichert gewesen wäre. Und doch verlange ich kein Haar auf ihren tummen Köpfen zu krümmen.
Jhr alle solt euren Befehl schrifftlich erhalten, wenn ich euch nöthig habe. Es wird aber kaum mehr nöthig seyn, als daß ihr eur Gesicht in mei- ner Gesellschaft zeiget. Vier Kerls, die so ausse- hen, hat noch niemand beysammen gehabt: Mow- bray so brav und so kriegerisch: Belton so dreiste und so finnicht: Tourville so hübsch und so kin- disch: und du so rauh und wild, und dem ersten Anblick nach ein Wagehals. Wenn ich eur An- führer bin, wer wird nicht vor uns erzittern, wenn er auch gleich auf Feindseligkeiten ausgehet? Was für ein Hertz müste der haben? sonderlich wenn jeder unter uns einen oder ein Paar Be- dienten bey sich hat, die er vor vielen Jahren we- gen ihrer Gleichheit mit ihm gewählt hat?
Jch habe denn geschrieben, weil du es haben woltest: von Etwas und vön Nichts/ von dem Dinge und Undinge; von Rache die ich liebe, von Liebe die ich hasse, weil sie über mich herr- schet, und der Teufel weiß wovon sonst noch: denn wenn ich meinen Brief durchblättere muß ich mich wundern, daß er so lang gerathen ist. Du magst ihn durchlesen: ich möchte es nicht thun wenn ich einen güldenen Berg verdienen könte. Allein du hast versprochen zufrieden zu seyn, wenn ich nur schreibe, es mag auch so liederlich ge- schrieben seyn als es will.
So
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der Clariſſa.
wenn ich nur von der Gewogenheit der Tochter einiger maſſen verſichert geweſen waͤre. Und doch verlange ich kein Haar auf ihren tummen Koͤpfen zu kruͤmmen.
Jhr alle ſolt euren Befehl ſchrifftlich erhalten, wenn ich euch noͤthig habe. Es wird aber kaum mehr noͤthig ſeyn, als daß ihr eur Geſicht in mei- ner Geſellſchaft zeiget. Vier Kerls, die ſo ausſe- hen, hat noch niemand beyſam̃en gehabt: Mow- bray ſo brav und ſo kriegeriſch: Belton ſo dreiſte und ſo finnicht: Tourville ſo huͤbſch und ſo kin- diſch: und du ſo rauh und wild, und dem erſten Anblick nach ein Wagehals. Wenn ich eur An- fuͤhrer bin, wer wird nicht vor uns erzittern, wenn er auch gleich auf Feindſeligkeiten ausgehet? Was fuͤr ein Hertz muͤſte der haben? ſonderlich wenn jeder unter uns einen oder ein Paar Be- dienten bey ſich hat, die er vor vielen Jahren we- gen ihrer Gleichheit mit ihm gewaͤhlt hat?
Jch habe denn geſchrieben, weil du es haben wolteſt: von Etwas und voͤn Nichts/ von dem Dinge und Undinge; von Rache die ich liebe, von Liebe die ich haſſe, weil ſie uͤber mich herr- ſchet, und der Teufel weiß wovon ſonſt noch: denn wenn ich meinen Brief durchblaͤttere muß ich mich wundern, daß er ſo lang gerathen iſt. Du magſt ihn durchleſen: ich moͤchte es nicht thun wenn ich einen guͤldenen Berg verdienen koͤnte. Allein du haſt verſprochen zufrieden zu ſeyn, wenn ich nur ſchreibe, es mag auch ſo liederlich ge- ſchrieben ſeyn als es will.
So
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der Clariſſa.
wenn ich nur von der Gewogenheit der Tochter
einiger maſſen verſichert geweſen waͤre. Und
doch verlange ich kein Haar auf ihren tummen
Koͤpfen zu kruͤmmen.
Jhr alle ſolt euren Befehl ſchrifftlich erhalten,
wenn ich euch noͤthig habe. Es wird aber kaum
mehr noͤthig ſeyn, als daß ihr eur Geſicht in mei-
ner Geſellſchaft zeiget. Vier Kerls, die ſo ausſe-
hen, hat noch niemand beyſam̃en gehabt: Mow-
bray ſo brav und ſo kriegeriſch: Belton ſo dreiſte
und ſo finnicht: Tourville ſo huͤbſch und ſo kin-
diſch: und du ſo rauh und wild, und dem erſten
Anblick nach ein Wagehals. Wenn ich eur An-
fuͤhrer bin, wer wird nicht vor uns erzittern, wenn
er auch gleich auf Feindſeligkeiten ausgehet?
Was fuͤr ein Hertz muͤſte der haben? ſonderlich
wenn jeder unter uns einen oder ein Paar Be-
dienten bey ſich hat, die er vor vielen Jahren we-
gen ihrer Gleichheit mit ihm gewaͤhlt hat?
Jch habe denn geſchrieben, weil du es haben
wolteſt: von Etwas und voͤn Nichts/ von dem
Dinge und Undinge; von Rache die ich liebe,
von Liebe die ich haſſe, weil ſie uͤber mich herr-
ſchet, und der Teufel weiß wovon ſonſt noch:
denn wenn ich meinen Brief durchblaͤttere muß ich
mich wundern, daß er ſo lang gerathen iſt. Du
magſt ihn durchleſen: ich moͤchte es nicht thun
wenn ich einen guͤldenen Berg verdienen koͤnte.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/361>, abgerufen am 23.11.2024.
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