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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748.

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Die Geschichte

Jch fürchte sehr, daß seine Gespenst-mäßige
Erscheinung eine Bedeutung hat, und der Vor-
bote einer noch grössern Uebereilung ist. Wenn
er in unser Haus kommt, (wie er mich denn sehr
bittet ihm das zu erlauben) so fürchte ich, daß
Mord und Todschlag daraus entstehet. Wenn
ein solches Unglück nicht anders vermieden werden
kan, so wollte ich mich lieber lebendig begraben
lassen.

Es wird jetzt grosser Rath gehalten. Jch glau-
be daß meine Briefe in Erwägung gezogen wer-
den. Es ist dieses schon heute früh geschehen, und
das war eben die Veranlassung, daß meine Onck-
les in unsere Kirche kamen. Jch will Jhnen, wie
ich neulich versprach, die Abschriften dieser Briefe
schicken, so bald ich sehe, ob ich ihnen auch die Ant-
wort darauf übersenden kan. Dieser mein jetzi-
ger Brief ist nicht geschrieben, um Jhnen Nach-
richten zu geben, sondern er ist blos die Wirckung
meiner Furcht, und meines Unwillens gegen den,
der mir so viel Furcht verursachet hat. Sechs
Zeilen wären schon genug gewesen, Jhnen alles zu
melden, was ich zur Sache gehöriges geschrieben
habe.

Cl. H.

Siehe den sechs und dreißigsten Brief/
in welchem Herr Lovelaces eigene Er-
zählung der Ursachen zu finden ist/ die
ihn bewogen haben in die Kirche zu
kommen.

Der
Die Geſchichte

Jch fuͤrchte ſehr, daß ſeine Geſpenſt-maͤßige
Erſcheinung eine Bedeutung hat, und der Vor-
bote einer noch groͤſſern Uebereilung iſt. Wenn
er in unſer Haus kommt, (wie er mich denn ſehr
bittet ihm das zu erlauben) ſo fuͤrchte ich, daß
Mord und Todſchlag daraus entſtehet. Wenn
ein ſolches Ungluͤck nicht anders vermieden werden
kan, ſo wollte ich mich lieber lebendig begraben
laſſen.

Es wird jetzt groſſer Rath gehalten. Jch glau-
be daß meine Briefe in Erwaͤgung gezogen wer-
den. Es iſt dieſes ſchon heute fruͤh geſchehen, und
das war eben die Veranlaſſung, daß meine Onck-
les in unſere Kirche kamen. Jch will Jhnen, wie
ich neulich verſprach, die Abſchriften dieſer Briefe
ſchicken, ſo bald ich ſehe, ob ich ihnen auch die Ant-
wort darauf uͤberſenden kan. Dieſer mein jetzi-
ger Brief iſt nicht geſchrieben, um Jhnen Nach-
richten zu geben, ſondern er iſt blos die Wirckung
meiner Furcht, und meines Unwillens gegen den,
der mir ſo viel Furcht verurſachet hat. Sechs
Zeilen waͤren ſchon genug geweſen, Jhnen alles zu
melden, was ich zur Sache gehoͤriges geſchrieben
habe.

Cl. H.

Siehe den ſechs und dreißigſten Brief/
in welchem Herr Lovelaces eigene Er-
zaͤhlung der Urſachen zu finden iſt/ die
ihn bewogen haben in die Kirche zu
kommen.

Der
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[322/0342] Die Geſchichte Jch fuͤrchte ſehr, daß ſeine Geſpenſt-maͤßige Erſcheinung eine Bedeutung hat, und der Vor- bote einer noch groͤſſern Uebereilung iſt. Wenn er in unſer Haus kommt, (wie er mich denn ſehr bittet ihm das zu erlauben) ſo fuͤrchte ich, daß Mord und Todſchlag daraus entſtehet. Wenn ein ſolches Ungluͤck nicht anders vermieden werden kan, ſo wollte ich mich lieber lebendig begraben laſſen. Es wird jetzt groſſer Rath gehalten. Jch glau- be daß meine Briefe in Erwaͤgung gezogen wer- den. Es iſt dieſes ſchon heute fruͤh geſchehen, und das war eben die Veranlaſſung, daß meine Onck- les in unſere Kirche kamen. Jch will Jhnen, wie ich neulich verſprach, die Abſchriften dieſer Briefe ſchicken, ſo bald ich ſehe, ob ich ihnen auch die Ant- wort darauf uͤberſenden kan. Dieſer mein jetzi- ger Brief iſt nicht geſchrieben, um Jhnen Nach- richten zu geben, ſondern er iſt blos die Wirckung meiner Furcht, und meines Unwillens gegen den, der mir ſo viel Furcht verurſachet hat. Sechs Zeilen waͤren ſchon genug geweſen, Jhnen alles zu melden, was ich zur Sache gehoͤriges geſchrieben habe. Cl. H. Siehe den ſechs und dreißigſten Brief/ in welchem Herr Lovelaces eigene Er- zaͤhlung der Urſachen zu finden iſt/ die ihn bewogen haben in die Kirche zu kommen. Der

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/342>, abgerufen am 22.11.2024.