meine Onckles nicht mehr sprechen darff. Jst es möglich, daß eine solche Gemahlin, eine solche Schwester, eine solche Mutter, nichts bey den Jhrigen ausrichten kan? Wer will denn, (wie Sie selbst gesagt haben) heyrathen, wenn es zu ändern stehet? Jch mercke, daß mein Zorn von neuen aufwachet. Nehmen Sie Jhr Gut wieder, mein Schatz: mehr will ich nicht schrei- ben, um Sie nicht zu betrüben, da ich Jhnen doch nicht helfen kan. Nur dieses noch! ich bin
Jhre wahrhafftig ergebene Freundin und Dienerin Anna Howe.
Der acht und zwantzigste Brief von Fräulein Clarissa Harlowe an Fräulein Howe/
Freytags den 10. Märtz.
Sie werden mir vergönnen, ein paar Stellen Jhres neulichen angenehmen Briefes zu ahnden, die mir sehr empfindlich sind.
So niedergeschlagen ich auch bin, so kan ich Jhnen doch nicht verheelen, daß ich auf Sie sehr ungehalten bin, weil Sie die meinigen allzuheftig tadeln, sonderlich meinen Vater; und weil Sie so gar meines Gros-Vaters in der Erde nicht scho- nen. Selbst Jhre Frau Mutter kan Jhrem scharffen Tadel nicht entgehen. Man kan sich
zwar
Die Geſchichte
meine Onckles nicht mehr ſprechen darff. Jſt es moͤglich, daß eine ſolche Gemahlin, eine ſolche Schweſter, eine ſolche Mutter, nichts bey den Jhrigen ausrichten kan? Wer will denn, (wie Sie ſelbſt geſagt haben) heyrathen, wenn es zu aͤndern ſtehet? Jch mercke, daß mein Zorn von neuen aufwachet. Nehmen Sie Jhr Gut wieder, mein Schatz: mehr will ich nicht ſchrei- ben, um Sie nicht zu betruͤben, da ich Jhnen doch nicht helfen kan. Nur dieſes noch! ich bin
Jhre wahrhafftig ergebene Freundin und Dienerin Anna Howe.
Der acht und zwantzigſte Brief von Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein Howe/
Freytags den 10. Maͤrtz.
Sie werden mir vergoͤnnen, ein paar Stellen Jhres neulichen angenehmen Briefes zu ahnden, die mir ſehr empfindlich ſind.
So niedergeſchlagen ich auch bin, ſo kan ich Jhnen doch nicht verheelen, daß ich auf Sie ſehr ungehalten bin, weil Sie die meinigen allzuheftig tadeln, ſonderlich meinen Vater; und weil Sie ſo gar meines Gros-Vaters in der Erde nicht ſcho- nen. Selbſt Jhre Frau Mutter kan Jhrem ſcharffen Tadel nicht entgehen. Man kan ſich
zwar
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Die Geſchichte
meine Onckles nicht mehr ſprechen darff.
Jſt es moͤglich, daß eine ſolche Gemahlin, eine
ſolche Schweſter, eine ſolche Mutter, nichts bey
den Jhrigen ausrichten kan? Wer will denn,
(wie Sie ſelbſt geſagt haben) heyrathen, wenn es
zu aͤndern ſtehet? Jch mercke, daß mein Zorn
von neuen aufwachet. Nehmen Sie Jhr Gut
wieder, mein Schatz: mehr will ich nicht ſchrei-
ben, um Sie nicht zu betruͤben, da ich Jhnen
doch nicht helfen kan. Nur dieſes noch! ich
bin
Jhre wahrhafftig ergebene Freundin
und Dienerin
Anna Howe.
Der acht und zwantzigſte Brief
von
Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein
Howe/
Freytags den 10. Maͤrtz.
Sie werden mir vergoͤnnen, ein paar Stellen
Jhres neulichen angenehmen Briefes zu
ahnden, die mir ſehr empfindlich ſind.
So niedergeſchlagen ich auch bin, ſo kan ich
Jhnen doch nicht verheelen, daß ich auf Sie ſehr
ungehalten bin, weil Sie die meinigen allzuheftig
tadeln, ſonderlich meinen Vater; und weil Sie ſo
gar meines Gros-Vaters in der Erde nicht ſcho-
nen. Selbſt Jhre Frau Mutter kan Jhrem
ſcharffen Tadel nicht entgehen. Man kan ſich
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/318>, abgerufen am 16.02.2025.
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