geredet haben: und meiner Schwester Gesicht schien dieses zu bekräfftigen, das ebenfals gantz glüend war, nur daß es brauner und eigensinni- ger aussahe. Vielleicht hatte sie von dem, was vorgegangen war, eine umstänndliche Nachricht gegeben, um meine Schwester und durch diese meinen Bruder und Onckels zu überzeugen, daß sie alles mögliche bey mir angewandt hätte.
Jch glaube, ich bin als ein Uehelthäter, den sein Gewissen niederschlägt, in den Saal getreten. Jch bat mir Erlaubniß aus, mit ihr allein zu sprechen: sie gab mir aber die Antwort in solchen Worten und mit solchen Geberden, daß meine Vermuthung sehr bestärcket ward.
Sie nahm eine Ernsthafftigkeit an, die sich zu ihrem gütigen Gesichte niemals schicket, und sag- te: Clarissa Hatlowe/ du siehst mir gar nicht aus, als wenn du nachgeben, sondern als wenn du um etwas bitten wolltest. Wenn ich mich irre, so sage es mir: und alsdenn bin ich bereit, mit dir zu gehen, wohin du beliebest. Doch dem sey wie ihm wolle, du kanst alles in deiner Schwester Gegenwart sagen.
Jch dachte, meine Mutter hätte wohl mit mir allein gehen können, da sie genugsam weiß, daß meine Schwester gar nicht meine Freundin ist.
Jch antwortete: ich sey herunter gekommen, um mir bey ihr Vergebung wegen dessen aus zu- bitten, worin ich mich gegen sie selbst bey der vo- rigen Unterredung vergangen haben möchte, und um sie zu ersuchen, daß sie sich bemühen möchte,
meinen
der Clariſſa.
geredet haben: und meiner Schweſter Geſicht ſchien dieſes zu bekraͤfftigen, das ebenfals gantz gluͤend war, nur daß es brauner und eigenſinni- ger ausſahe. Vielleicht hatte ſie von dem, was vorgegangen war, eine umſtaͤnndliche Nachricht gegeben, um meine Schweſter und durch dieſe meinen Bruder und Onckels zu uͤberzeugen, daß ſie alles moͤgliche bey mir angewandt haͤtte.
Jch glaube, ich bin als ein Uehelthaͤter, den ſein Gewiſſen niederſchlaͤgt, in den Saal getreten. Jch bat mir Erlaubniß aus, mit ihr allein zu ſprechen: ſie gab mir aber die Antwort in ſolchen Worten und mit ſolchen Geberden, daß meine Vermuthung ſehr beſtaͤrcket ward.
Sie nahm eine Ernſthafftigkeit an, die ſich zu ihrem guͤtigen Geſichte niemals ſchicket, und ſag- te: Clariſſa Hatlowe/ du ſiehſt mir gar nicht aus, als wenn du nachgeben, ſondern als wenn du um etwas bitten wollteſt. Wenn ich mich irre, ſo ſage es mir: und alsdenn bin ich bereit, mit dir zu gehen, wohin du beliebeſt. Doch dem ſey wie ihm wolle, du kanſt alles in deineꝛ Schweſter Gegenwart ſagen.
Jch dachte, meine Mutter haͤtte wohl mit mir allein gehen koͤnnen, da ſie genugſam weiß, daß meine Schweſter gar nicht meine Freundin iſt.
Jch antwortete: ich ſey herunter gekommen, um mir bey ihr Vergebung wegen deſſen aus zu- bitten, worin ich mich gegen ſie ſelbſt bey der vo- rigen Unterredung vergangen haben moͤchte, und um ſie zu erſuchen, daß ſie ſich bemuͤhen moͤchte,
meinen
<TEI><text><body><divn="2"><p><pbfacs="#f0255"n="235"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#g">der Clariſſa.</hi></hi></fw><lb/>
geredet haben: und meiner Schweſter Geſicht<lb/>ſchien dieſes zu bekraͤfftigen, das ebenfals gantz<lb/>
gluͤend war, nur daß es brauner und eigenſinni-<lb/>
ger ausſahe. Vielleicht hatte ſie von dem, was<lb/>
vorgegangen war, eine umſtaͤnndliche Nachricht<lb/>
gegeben, um meine Schweſter und durch dieſe<lb/>
meinen Bruder und Onckels zu uͤberzeugen, daß<lb/>ſie alles moͤgliche bey mir angewandt haͤtte.</p><lb/><p>Jch glaube, ich bin als ein Uehelthaͤter, den<lb/>ſein Gewiſſen niederſchlaͤgt, in den Saal getreten.<lb/>
Jch bat mir Erlaubniß aus, mit ihr allein zu<lb/>ſprechen: ſie gab mir aber die Antwort in ſolchen<lb/>
Worten und mit ſolchen Geberden, daß meine<lb/>
Vermuthung ſehr beſtaͤrcket ward.</p><lb/><p>Sie nahm eine Ernſthafftigkeit an, die ſich zu<lb/>
ihrem guͤtigen Geſichte niemals ſchicket, und ſag-<lb/>
te: <hirendition="#fr">Clariſſa</hi> H<hirendition="#fr">atlowe/</hi> du ſiehſt mir gar nicht<lb/>
aus, als wenn du nachgeben, ſondern als wenn<lb/>
du um etwas bitten wollteſt. Wenn ich mich<lb/>
irre, ſo ſage es mir: und alsdenn bin ich bereit,<lb/>
mit dir zu gehen, wohin du beliebeſt. Doch dem<lb/>ſey wie ihm wolle, du kanſt alles in deineꝛ<lb/>
Schweſter Gegenwart ſagen.</p><lb/><p>Jch dachte, meine Mutter haͤtte <hirendition="#fr">wohl</hi> mit mir<lb/>
allein gehen koͤnnen, da ſie genugſam weiß, daß<lb/>
meine Schweſter gar nicht meine Freundin iſt.</p><lb/><p>Jch antwortete: ich ſey herunter gekommen,<lb/>
um mir bey ihr Vergebung wegen deſſen aus zu-<lb/>
bitten, worin ich mich gegen ſie ſelbſt bey der vo-<lb/>
rigen Unterredung vergangen haben moͤchte, und<lb/>
um ſie zu erſuchen, daß ſie ſich bemuͤhen moͤchte,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">meinen</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[235/0255]
der Clariſſa.
geredet haben: und meiner Schweſter Geſicht
ſchien dieſes zu bekraͤfftigen, das ebenfals gantz
gluͤend war, nur daß es brauner und eigenſinni-
ger ausſahe. Vielleicht hatte ſie von dem, was
vorgegangen war, eine umſtaͤnndliche Nachricht
gegeben, um meine Schweſter und durch dieſe
meinen Bruder und Onckels zu uͤberzeugen, daß
ſie alles moͤgliche bey mir angewandt haͤtte.
Jch glaube, ich bin als ein Uehelthaͤter, den
ſein Gewiſſen niederſchlaͤgt, in den Saal getreten.
Jch bat mir Erlaubniß aus, mit ihr allein zu
ſprechen: ſie gab mir aber die Antwort in ſolchen
Worten und mit ſolchen Geberden, daß meine
Vermuthung ſehr beſtaͤrcket ward.
Sie nahm eine Ernſthafftigkeit an, die ſich zu
ihrem guͤtigen Geſichte niemals ſchicket, und ſag-
te: Clariſſa Hatlowe/ du ſiehſt mir gar nicht
aus, als wenn du nachgeben, ſondern als wenn
du um etwas bitten wollteſt. Wenn ich mich
irre, ſo ſage es mir: und alsdenn bin ich bereit,
mit dir zu gehen, wohin du beliebeſt. Doch dem
ſey wie ihm wolle, du kanſt alles in deineꝛ
Schweſter Gegenwart ſagen.
Jch dachte, meine Mutter haͤtte wohl mit mir
allein gehen koͤnnen, da ſie genugſam weiß, daß
meine Schweſter gar nicht meine Freundin iſt.
Jch antwortete: ich ſey herunter gekommen,
um mir bey ihr Vergebung wegen deſſen aus zu-
bitten, worin ich mich gegen ſie ſelbſt bey der vo-
rigen Unterredung vergangen haben moͤchte, und
um ſie zu erſuchen, daß ſie ſich bemuͤhen moͤchte,
meinen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/255>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.