Dis gefiel mir sehr wol, weil er in dieser Handlung sich freygebig und doch auch verständig aufführte, und, wie mein Onckle sehr richtig an- merckte, die jährliche Pacht des Gutes nicht her- untersetzte. Dem ohngeachtet schlug mir das Hertz nicht dabey, und ich bekam keine Röthe ins Ge- sicht. Sie können mir auf mein Wort glau- ben. Aber das muß ich Jhnen gestehen, daß ich heimlich zu mir sagte: wenn es mein Verhängniß wäre, diesen Mann zu kriegen, so würde er mich nicht abhalten mir durch Wohlthaten ein Ver- gnügen zu machen. Es ist Schade, daß ein Herr, der so viel gutes an sich hat, nicht in allen Stücken tugendhaft ist.
Vergeben Sie mir, daß ich mich bey einem Ne- ben-Umstande so weitläufftig aufgehalten habe. Jch komme wieder auf die Unterredung meines Onckles mit meinen Geschwistern: Er sagte noch weiter: Herr Lovelace habe ausser seinem Stamm-Gute noch sehr schöne Erbschaff- ten zu erwarten. Als er um Arabellen ange- halten/ habe ihm der Lord M. gesagt/ was sowohl er selbst als seine beyden Halbschwe- stern für ihn zu thun gesinnet wären/ um ihn desto mehr in den Stand zu setzen/ daß er sich dereinst dem Titel gemäß auffüh- ren könnte/ der durch den Tod des Lord M. verlöscht/ und den sie nachher auf ihn zu bringen hoffen. Ja sie hätten noch
grössere
der Clariſſa.
dem Gottes-Dienſt bey mir vorlieb nimmt.
Dis gefiel mir ſehr wol, weil er in dieſer Handlung ſich freygebig und doch auch verſtaͤndig auffuͤhrte, und, wie mein Onckle ſehr richtig an- merckte, die jaͤhrliche Pacht des Gutes nicht her- unterſetzte. Dem ohngeachtet ſchlug mir das Hertz nicht dabey, und ich bekam keine Roͤthe ins Ge- ſicht. Sie koͤnnen mir auf mein Wort glau- ben. Aber das muß ich Jhnen geſtehen, daß ich heimlich zu mir ſagte: wenn es mein Verhaͤngniß waͤre, dieſen Mann zu kriegen, ſo wuͤrde er mich nicht abhalten mir durch Wohlthaten ein Ver- gnuͤgen zu machen. Es iſt Schade, daß ein Herr, der ſo viel gutes an ſich hat, nicht in allen Stuͤcken tugendhaft iſt.
Vergeben Sie mir, daß ich mich bey einem Ne- ben-Umſtande ſo weitlaͤufftig aufgehalten habe. Jch komme wieder auf die Unterredung meines Onckles mit meinen Geſchwiſtern: Er ſagte noch weiter: Herr Lovelace habe auſſer ſeinem Stamm-Gute noch ſehr ſchoͤne Erbſchaff- ten zu erwarten. Als er um Arabellen ange- halten/ habe ihm der Lord M. geſagt/ was ſowohl er ſelbſt als ſeine beyden Halbſchwe- ſtern fuͤr ihn zu thun geſinnet waͤren/ um ihn deſto mehr in den Stand zu ſetzen/ daß er ſich dereinſt dem Titel gemaͤß auffuͤh- ren koͤnnte/ der durch den Tod des Lord M. verloͤſcht/ und den ſie nachher auf ihn zu bringen hoffen. Ja ſie haͤtten noch
groͤſſere
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der Clariſſa.
dem Gottes-Dienſt bey mir vorlieb
nimmt.
Dis gefiel mir ſehr wol, weil er in dieſer
Handlung ſich freygebig und doch auch verſtaͤndig
auffuͤhrte, und, wie mein Onckle ſehr richtig an-
merckte, die jaͤhrliche Pacht des Gutes nicht her-
unterſetzte. Dem ohngeachtet ſchlug mir das Hertz
nicht dabey, und ich bekam keine Roͤthe ins Ge-
ſicht. Sie koͤnnen mir auf mein Wort glau-
ben. Aber das muß ich Jhnen geſtehen, daß ich
heimlich zu mir ſagte: wenn es mein Verhaͤngniß
waͤre, dieſen Mann zu kriegen, ſo wuͤrde er mich
nicht abhalten mir durch Wohlthaten ein Ver-
gnuͤgen zu machen. Es iſt Schade, daß ein
Herr, der ſo viel gutes an ſich hat, nicht in
allen Stuͤcken tugendhaft iſt.
Vergeben Sie mir, daß ich mich bey einem Ne-
ben-Umſtande ſo weitlaͤufftig aufgehalten habe.
Jch komme wieder auf die Unterredung meines
Onckles mit meinen Geſchwiſtern: Er ſagte noch
weiter: Herr Lovelace habe auſſer ſeinem
Stamm-Gute noch ſehr ſchoͤne Erbſchaff-
ten zu erwarten. Als er um Arabellen ange-
halten/ habe ihm der Lord M. geſagt/ was
ſowohl er ſelbſt als ſeine beyden Halbſchwe-
ſtern fuͤr ihn zu thun geſinnet waͤren/ um
ihn deſto mehr in den Stand zu ſetzen/
daß er ſich dereinſt dem Titel gemaͤß auffuͤh-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/147>, abgerufen am 27.11.2024.
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