Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.und unter seinem Kommando wurde eine Art militärische Einkleidung vorgenommen. Wir fuhren aufs Land, alle in der heitersten Stimmung, selbst im Waggon fingen sie noch wieder an, einen Konter zu tanzen, aber der Schaffner verbot es. Es war ein wundervoller, weißer Wintertag, wir trieben uns viele Stunden im Schnee herum. Susanna hatte mich zum Partner genommen, und ich fühlte mich stillglücklich, ich der Müde, Verurteilte, unter diesen Unermüdlichen. Sie verlangen ja nicht, daß ich mich persönlich stark betätige, und ich störe sie nicht, ich lasse mich so gerne mitziehen. -- Maria war an dem Tag stürmisch und voller Leben, mit Willy zusammen sauste sie leidenschaftlich die Abhänge hinunter -- einmal stürzen sie und der Schlitten geht entzwei. Orlonski macht ihr Vorwürfe, es ist immer etwas Krieg zwischen den beiden, und er hält beim Sport auf Ordnung. Sie lacht nur und sagt: "Oh, meinetwegen soll alles zerbrechen, -- alles, nicht nur der Schlitten, auf dem ich fahre." Und Susanna war schläfrig, ihre Bewegungen hatten etwas Mattes, -- sie meinte, die Welt sei für sie heute in lauter Schleier gewickelt. Wenn Orlonski in ihre Nähe kam, drückte sie ihm die Hand. Er sah sie an -- seine Augen sind scharf und graublau -- wie von Stahl -- "Onski, ich bin sehr glücklich -- das Leben ist so schön --" sagte sie. und unter seinem Kommando wurde eine Art militärische Einkleidung vorgenommen. Wir fuhren aufs Land, alle in der heitersten Stimmung, selbst im Waggon fingen sie noch wieder an, einen Konter zu tanzen, aber der Schaffner verbot es. Es war ein wundervoller, weißer Wintertag, wir trieben uns viele Stunden im Schnee herum. Susanna hatte mich zum Partner genommen, und ich fühlte mich stillglücklich, ich der Müde, Verurteilte, unter diesen Unermüdlichen. Sie verlangen ja nicht, daß ich mich persönlich stark betätige, und ich störe sie nicht, ich lasse mich so gerne mitziehen. — Maria war an dem Tag stürmisch und voller Leben, mit Willy zusammen sauste sie leidenschaftlich die Abhänge hinunter — einmal stürzen sie und der Schlitten geht entzwei. Orlonski macht ihr Vorwürfe, es ist immer etwas Krieg zwischen den beiden, und er hält beim Sport auf Ordnung. Sie lacht nur und sagt: „Oh, meinetwegen soll alles zerbrechen, — alles, nicht nur der Schlitten, auf dem ich fahre.“ Und Susanna war schläfrig, ihre Bewegungen hatten etwas Mattes, — sie meinte, die Welt sei für sie heute in lauter Schleier gewickelt. Wenn Orlonski in ihre Nähe kam, drückte sie ihm die Hand. Er sah sie an — seine Augen sind scharf und graublau — wie von Stahl — „Onski, ich bin sehr glücklich — das Leben ist so schön —“ sagte sie. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <p><pb facs="#f0097" n="93"/> und unter seinem Kommando wurde eine Art militärische Einkleidung vorgenommen. Wir fuhren aufs Land, alle in der heitersten Stimmung, selbst im Waggon fingen sie noch wieder an, einen Konter zu tanzen, aber der Schaffner verbot es.</p> <p>Es war ein wundervoller, weißer Wintertag, wir trieben uns viele Stunden im Schnee herum. Susanna hatte mich zum Partner genommen, und ich fühlte mich stillglücklich, ich der Müde, Verurteilte, unter diesen Unermüdlichen. Sie verlangen ja nicht, daß ich mich persönlich stark betätige, und ich störe sie nicht, ich lasse mich so gerne mitziehen. — Maria war an dem Tag stürmisch und voller Leben, mit Willy zusammen sauste sie leidenschaftlich die Abhänge hinunter — einmal stürzen sie und der Schlitten geht entzwei. Orlonski macht ihr Vorwürfe, es ist immer etwas Krieg zwischen den beiden, und er hält beim Sport auf Ordnung. Sie lacht nur und sagt:</p> <p>„Oh, meinetwegen soll alles zerbrechen, — alles, nicht nur der Schlitten, auf dem ich fahre.“</p> <p>Und Susanna war schläfrig, ihre Bewegungen hatten etwas Mattes, — sie meinte, die Welt sei für sie heute in lauter Schleier gewickelt. Wenn Orlonski in ihre Nähe kam, drückte sie ihm die Hand. Er sah sie an — seine Augen sind scharf und graublau — wie von Stahl —</p> <p>„Onski, ich bin sehr glücklich — das Leben ist so schön —“ sagte sie.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [93/0097]
und unter seinem Kommando wurde eine Art militärische Einkleidung vorgenommen. Wir fuhren aufs Land, alle in der heitersten Stimmung, selbst im Waggon fingen sie noch wieder an, einen Konter zu tanzen, aber der Schaffner verbot es.
Es war ein wundervoller, weißer Wintertag, wir trieben uns viele Stunden im Schnee herum. Susanna hatte mich zum Partner genommen, und ich fühlte mich stillglücklich, ich der Müde, Verurteilte, unter diesen Unermüdlichen. Sie verlangen ja nicht, daß ich mich persönlich stark betätige, und ich störe sie nicht, ich lasse mich so gerne mitziehen. — Maria war an dem Tag stürmisch und voller Leben, mit Willy zusammen sauste sie leidenschaftlich die Abhänge hinunter — einmal stürzen sie und der Schlitten geht entzwei. Orlonski macht ihr Vorwürfe, es ist immer etwas Krieg zwischen den beiden, und er hält beim Sport auf Ordnung. Sie lacht nur und sagt:
„Oh, meinetwegen soll alles zerbrechen, — alles, nicht nur der Schlitten, auf dem ich fahre.“
Und Susanna war schläfrig, ihre Bewegungen hatten etwas Mattes, — sie meinte, die Welt sei für sie heute in lauter Schleier gewickelt. Wenn Orlonski in ihre Nähe kam, drückte sie ihm die Hand. Er sah sie an — seine Augen sind scharf und graublau — wie von Stahl —
„Onski, ich bin sehr glücklich — das Leben ist so schön —“ sagte sie.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |