Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.liebenswürdig anerkennendem Ton an den danebenstehenden Maler: "Nun, Herr Bender, ich sehe hier ein überaus wohlgelungenes Bildnis -- (ringsum entstand eine erwartungsvolle Pause, und nun fuhr er plötzlich beinah drohend fort:) -- von jenem infamen Mönch, der uns um die schönsten Früchte der Renaissance betrogen hat -- (Pause) -- und den man im Altertum sicher auf dem Forum gestäupt hätte -- --" Die erwartungsvolle Pause war in allgemeine Verlegenheit übergegangen, ein paar Minuten lang blieb alles totenstill. Ich sah den Sprecher an und fand in diesem Augenblick, daß sein Kopf mit den breiten, unbeweglichen Zügen nicht, wie ich neulich meinte, an einen katholischen Geistlichen, sondern tatsächlich an alte römische Kaiserbüsten erinnerte. Man hätte sich mit ein wenig erhitzter Phantasie wohl vorstellen können, daß er jetzt gleich mit derselben monoton singenden, wie aus einem Grabe hervortönenden Stimme den Befehl erteilen würde, eine ganze Stadt voller Christen zu verbrennen. Der Maler stand ein wenig betroffen da, Frau Hofmann lächelte triumphierend über die Anwesenden hinweg, als fühle sie wohl, daß eben etwas Bedeutendes unter ihrem Dache geschehen sei, und dann brach die mutige kappadozische Dame das Schweigen: "Es wäre höchst interessant, Herr Delius, wenn liebenswürdig anerkennendem Ton an den danebenstehenden Maler: „Nun, Herr Bender, ich sehe hier ein überaus wohlgelungenes Bildnis — (ringsum entstand eine erwartungsvolle Pause, und nun fuhr er plötzlich beinah drohend fort:) — von jenem infamen Mönch, der uns um die schönsten Früchte der Renaissance betrogen hat — (Pause) — und den man im Altertum sicher auf dem Forum gestäupt hätte — —“ Die erwartungsvolle Pause war in allgemeine Verlegenheit übergegangen, ein paar Minuten lang blieb alles totenstill. Ich sah den Sprecher an und fand in diesem Augenblick, daß sein Kopf mit den breiten, unbeweglichen Zügen nicht, wie ich neulich meinte, an einen katholischen Geistlichen, sondern tatsächlich an alte römische Kaiserbüsten erinnerte. Man hätte sich mit ein wenig erhitzter Phantasie wohl vorstellen können, daß er jetzt gleich mit derselben monoton singenden, wie aus einem Grabe hervortönenden Stimme den Befehl erteilen würde, eine ganze Stadt voller Christen zu verbrennen. Der Maler stand ein wenig betroffen da, Frau Hofmann lächelte triumphierend über die Anwesenden hinweg, als fühle sie wohl, daß eben etwas Bedeutendes unter ihrem Dache geschehen sei, und dann brach die mutige kappadozische Dame das Schweigen: „Es wäre höchst interessant, Herr Delius, wenn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <p><pb facs="#f0064" n="60"/> liebenswürdig anerkennendem Ton an den danebenstehenden Maler:</p> <p>„Nun, Herr Bender, ich sehe hier ein überaus wohlgelungenes Bildnis — (ringsum entstand eine erwartungsvolle Pause, und nun fuhr er plötzlich beinah drohend fort:) — von jenem infamen Mönch, der uns um die schönsten Früchte der Renaissance betrogen hat — (Pause) — und den man im Altertum sicher auf dem Forum gestäupt hätte — —“</p> <p>Die erwartungsvolle Pause war in allgemeine Verlegenheit übergegangen, ein paar Minuten lang blieb alles totenstill.</p> <p>Ich sah den Sprecher an und fand in diesem Augenblick, daß sein Kopf mit den breiten, unbeweglichen Zügen nicht, wie ich neulich meinte, an einen katholischen Geistlichen, sondern tatsächlich an alte römische Kaiserbüsten erinnerte. Man hätte sich mit ein wenig erhitzter Phantasie wohl vorstellen können, daß er jetzt gleich mit derselben monoton singenden, wie aus einem Grabe hervortönenden Stimme den Befehl erteilen würde, eine ganze Stadt voller Christen zu verbrennen.</p> <p>Der Maler stand ein wenig betroffen da, Frau Hofmann lächelte triumphierend über die Anwesenden hinweg, als fühle sie wohl, daß eben etwas Bedeutendes unter ihrem Dache geschehen sei, und dann brach die mutige kappadozische Dame das Schweigen:</p> <p>„Es wäre höchst interessant, Herr Delius, wenn </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [60/0064]
liebenswürdig anerkennendem Ton an den danebenstehenden Maler:
„Nun, Herr Bender, ich sehe hier ein überaus wohlgelungenes Bildnis — (ringsum entstand eine erwartungsvolle Pause, und nun fuhr er plötzlich beinah drohend fort:) — von jenem infamen Mönch, der uns um die schönsten Früchte der Renaissance betrogen hat — (Pause) — und den man im Altertum sicher auf dem Forum gestäupt hätte — —“
Die erwartungsvolle Pause war in allgemeine Verlegenheit übergegangen, ein paar Minuten lang blieb alles totenstill.
Ich sah den Sprecher an und fand in diesem Augenblick, daß sein Kopf mit den breiten, unbeweglichen Zügen nicht, wie ich neulich meinte, an einen katholischen Geistlichen, sondern tatsächlich an alte römische Kaiserbüsten erinnerte. Man hätte sich mit ein wenig erhitzter Phantasie wohl vorstellen können, daß er jetzt gleich mit derselben monoton singenden, wie aus einem Grabe hervortönenden Stimme den Befehl erteilen würde, eine ganze Stadt voller Christen zu verbrennen.
Der Maler stand ein wenig betroffen da, Frau Hofmann lächelte triumphierend über die Anwesenden hinweg, als fühle sie wohl, daß eben etwas Bedeutendes unter ihrem Dache geschehen sei, und dann brach die mutige kappadozische Dame das Schweigen:
„Es wäre höchst interessant, Herr Delius, wenn
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |