Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.Durch die kappadozische Dame kam ich an den Hofmannschen Tisch. Ab und zu erschien Susanna und setzte sich neben mich. Das war mir ein Trost, -- ich hätte mich sonst wieder recht ratlos gefühlt. Ich dachte, man würde sich gemessen und weihevoll benehmen, und es machte mich stutzig, daß der Professor als Teufel verkleidet war und in wilden Sprüngen tanzte. -- Gott, das ist wohl begreiflich, ich hatte noch nie einen Professor in rotem Trikot gesehen. Eine Anzahl Jünglinge bildeten einen Kreis um ihn -- ich glaube, es wurde ein Walzer gespielt, aber niemand kümmerte sich darum, sie sprangen auf ihre eigene Weise, und die kappadozische Dame war ganz entzückt und sagte, das sei dionysisch. Adrian teilte ihre Begeisterung und erklärte, er würde nächstens auf seinem Atelier eine Satansmesse veranstalten, ob ich nicht auch kommen wollte, -- ich meinte etwas kleinlaut, daß ich noch nicht genug von Magie verstände -- -- "Oh, ich kann Ihnen ein Buch darüber leihen. -- Ja -- übrigens weiß ich doch nicht recht -- ob eine Satansmesse das Richtige wäre, aber eine Orgie -- eine panerotische Orgie -- was meinen Sie dazu, gnädiges Fräulein?" Susanna trat mich so energisch auf den Fuß, daß ich unwillkürlich stöhnte -- ich hatte nur Sandalen an. Und Adrian wandte sich rasch nach mir um: "Sie scheinen das nicht recht zu billigen, Monsieur Durch die kappadozische Dame kam ich an den Hofmannschen Tisch. Ab und zu erschien Susanna und setzte sich neben mich. Das war mir ein Trost, — ich hätte mich sonst wieder recht ratlos gefühlt. Ich dachte, man würde sich gemessen und weihevoll benehmen, und es machte mich stutzig, daß der Professor als Teufel verkleidet war und in wilden Sprüngen tanzte. — Gott, das ist wohl begreiflich, ich hatte noch nie einen Professor in rotem Trikot gesehen. Eine Anzahl Jünglinge bildeten einen Kreis um ihn — ich glaube, es wurde ein Walzer gespielt, aber niemand kümmerte sich darum, sie sprangen auf ihre eigene Weise, und die kappadozische Dame war ganz entzückt und sagte, das sei dionysisch. Adrian teilte ihre Begeisterung und erklärte, er würde nächstens auf seinem Atelier eine Satansmesse veranstalten, ob ich nicht auch kommen wollte, — ich meinte etwas kleinlaut, daß ich noch nicht genug von Magie verstände — — „Oh, ich kann Ihnen ein Buch darüber leihen. — Ja — übrigens weiß ich doch nicht recht — ob eine Satansmesse das Richtige wäre, aber eine Orgie — eine panerotische Orgie — was meinen Sie dazu, gnädiges Fräulein?“ Susanna trat mich so energisch auf den Fuß, daß ich unwillkürlich stöhnte — ich hatte nur Sandalen an. Und Adrian wandte sich rasch nach mir um: „Sie scheinen das nicht recht zu billigen, Monsieur <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <pb facs="#f0055" n="51"/> <p>Durch die kappadozische Dame kam ich an den Hofmannschen Tisch. Ab und zu erschien Susanna und setzte sich neben mich. Das war mir ein Trost, — ich hätte mich sonst wieder recht ratlos gefühlt. Ich dachte, man würde sich gemessen und weihevoll benehmen, und es machte mich stutzig, daß der Professor als Teufel verkleidet war und in wilden Sprüngen tanzte. — Gott, das ist wohl begreiflich, ich hatte noch nie einen Professor in rotem Trikot gesehen. Eine Anzahl Jünglinge bildeten einen Kreis um ihn — ich glaube, es wurde ein Walzer gespielt, aber niemand kümmerte sich darum, sie sprangen auf ihre eigene Weise, und die kappadozische Dame war ganz entzückt und sagte, das sei dionysisch. Adrian teilte ihre Begeisterung und erklärte, er würde nächstens auf seinem Atelier eine Satansmesse veranstalten, ob ich nicht auch kommen wollte, — ich meinte etwas kleinlaut, daß ich noch nicht genug von Magie verstände — —</p> <p>„Oh, ich kann Ihnen ein Buch darüber leihen. — Ja — übrigens weiß ich doch nicht recht — ob eine Satansmesse das Richtige wäre, aber eine Orgie — eine panerotische Orgie — was meinen Sie dazu, gnädiges Fräulein?“</p> <p>Susanna trat mich so energisch auf den Fuß, daß ich unwillkürlich stöhnte — ich hatte nur Sandalen an. Und Adrian wandte sich rasch nach mir um:</p> <p>„Sie scheinen das nicht recht zu billigen, Monsieur </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [51/0055]
Durch die kappadozische Dame kam ich an den Hofmannschen Tisch. Ab und zu erschien Susanna und setzte sich neben mich. Das war mir ein Trost, — ich hätte mich sonst wieder recht ratlos gefühlt. Ich dachte, man würde sich gemessen und weihevoll benehmen, und es machte mich stutzig, daß der Professor als Teufel verkleidet war und in wilden Sprüngen tanzte. — Gott, das ist wohl begreiflich, ich hatte noch nie einen Professor in rotem Trikot gesehen. Eine Anzahl Jünglinge bildeten einen Kreis um ihn — ich glaube, es wurde ein Walzer gespielt, aber niemand kümmerte sich darum, sie sprangen auf ihre eigene Weise, und die kappadozische Dame war ganz entzückt und sagte, das sei dionysisch. Adrian teilte ihre Begeisterung und erklärte, er würde nächstens auf seinem Atelier eine Satansmesse veranstalten, ob ich nicht auch kommen wollte, — ich meinte etwas kleinlaut, daß ich noch nicht genug von Magie verstände — —
„Oh, ich kann Ihnen ein Buch darüber leihen. — Ja — übrigens weiß ich doch nicht recht — ob eine Satansmesse das Richtige wäre, aber eine Orgie — eine panerotische Orgie — was meinen Sie dazu, gnädiges Fräulein?“
Susanna trat mich so energisch auf den Fuß, daß ich unwillkürlich stöhnte — ich hatte nur Sandalen an. Und Adrian wandte sich rasch nach mir um:
„Sie scheinen das nicht recht zu billigen, Monsieur
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