Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.ist es nicht wirklich seltsam? Meinen Sie nicht, daß es kosmische Bedeutung hat?" Damit brach das Gespräch ab, denn Gerhard kam, und die Dame ging bald darauf fort. Ich setzte mich zu ihnen und fragte Sendt, was denn das für eine rätselhafte Geschichte sei, ich hätte leider nicht vermeiden können, sie mitanzuhören. Und jetzt zweifelte ich nicht mehr daran, daß man hierzulande Zauberei treibt. "Haben Sie denn nicht gemerkt, daß die Dame mir einen Traum erzählte?" "Nein -- darauf bin ich gar nicht gekommen." "Lieber Dame," sagte Gerhard, und es klang beinah wehmütig -- er hat überhaupt immer etwas Schmerzliches im Ton -- "Sie machen Fortschritte. Schon können Sie Traum und Wirklichkeit nicht mehr unterscheiden. Das geht uns allen hier wohl manchmal so -- nicht wahr, cher philosophe?" "Traum oder nicht Traum," antwortete der Philosoph nervös, "was sie mir da auftischte, war wieder einmal eine Wahnmochingerei, wie sie im Buch steht." "Wahnmochingerei -- was ist das?" "Nun, was Sie da eben mitangehört haben." Doktor Gerhard wollte wissen, was für ein Traum es gewesen sei. "Natürlich ein kosmischer," sagte der Philosoph, "sie hoffte es wenigstens und wollte von mir wissen, ist es nicht wirklich seltsam? Meinen Sie nicht, daß es kosmische Bedeutung hat?“ Damit brach das Gespräch ab, denn Gerhard kam, und die Dame ging bald darauf fort. Ich setzte mich zu ihnen und fragte Sendt, was denn das für eine rätselhafte Geschichte sei, ich hätte leider nicht vermeiden können, sie mitanzuhören. Und jetzt zweifelte ich nicht mehr daran, daß man hierzulande Zauberei treibt. „Haben Sie denn nicht gemerkt, daß die Dame mir einen Traum erzählte?“ „Nein — darauf bin ich gar nicht gekommen.“ „Lieber Dame,“ sagte Gerhard, und es klang beinah wehmütig — er hat überhaupt immer etwas Schmerzliches im Ton — „Sie machen Fortschritte. Schon können Sie Traum und Wirklichkeit nicht mehr unterscheiden. Das geht uns allen hier wohl manchmal so — nicht wahr, cher philosophe?“ „Traum oder nicht Traum,“ antwortete der Philosoph nervös, „was sie mir da auftischte, war wieder einmal eine Wahnmochingerei, wie sie im Buch steht.“ „Wahnmochingerei — was ist das?“ „Nun, was Sie da eben mitangehört haben.“ Doktor Gerhard wollte wissen, was für ein Traum es gewesen sei. „Natürlich ein kosmischer,“ sagte der Philosoph, „sie hoffte es wenigstens und wollte von mir wissen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <p><pb facs="#f0028" n="24"/> ist es nicht wirklich seltsam? Meinen Sie nicht, daß es kosmische Bedeutung hat?“</p> <p>Damit brach das Gespräch ab, denn Gerhard kam, und die Dame ging bald darauf fort. Ich setzte mich zu ihnen und fragte Sendt, was denn das für eine rätselhafte Geschichte sei, ich hätte leider nicht vermeiden können, sie mitanzuhören. Und jetzt zweifelte ich nicht mehr daran, daß man hierzulande Zauberei treibt.</p> <p>„Haben Sie denn nicht gemerkt, daß die Dame mir einen Traum erzählte?“</p> <p>„Nein — darauf bin ich gar nicht gekommen.“</p> <p>„Lieber Dame,“ sagte Gerhard, und es klang beinah wehmütig — er hat überhaupt immer etwas Schmerzliches im Ton — „Sie machen Fortschritte. Schon können Sie Traum und Wirklichkeit nicht mehr unterscheiden. Das geht uns allen hier wohl manchmal so — nicht wahr, <hi rendition="#aq">cher philosophe</hi>?“</p> <p>„Traum oder nicht Traum,“ antwortete der Philosoph nervös, „was sie mir da auftischte, war wieder einmal eine Wahnmochingerei, wie sie im Buch steht.“</p> <p>„Wahnmochingerei — was ist das?“</p> <p>„Nun, was Sie da eben mitangehört haben.“</p> <p>Doktor Gerhard wollte wissen, was für ein Traum es gewesen sei.</p> <p>„Natürlich ein kosmischer,“ sagte der Philosoph, „sie hoffte es wenigstens und wollte von mir wissen, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [24/0028]
ist es nicht wirklich seltsam? Meinen Sie nicht, daß es kosmische Bedeutung hat?“
Damit brach das Gespräch ab, denn Gerhard kam, und die Dame ging bald darauf fort. Ich setzte mich zu ihnen und fragte Sendt, was denn das für eine rätselhafte Geschichte sei, ich hätte leider nicht vermeiden können, sie mitanzuhören. Und jetzt zweifelte ich nicht mehr daran, daß man hierzulande Zauberei treibt.
„Haben Sie denn nicht gemerkt, daß die Dame mir einen Traum erzählte?“
„Nein — darauf bin ich gar nicht gekommen.“
„Lieber Dame,“ sagte Gerhard, und es klang beinah wehmütig — er hat überhaupt immer etwas Schmerzliches im Ton — „Sie machen Fortschritte. Schon können Sie Traum und Wirklichkeit nicht mehr unterscheiden. Das geht uns allen hier wohl manchmal so — nicht wahr, cher philosophe?“
„Traum oder nicht Traum,“ antwortete der Philosoph nervös, „was sie mir da auftischte, war wieder einmal eine Wahnmochingerei, wie sie im Buch steht.“
„Wahnmochingerei — was ist das?“
„Nun, was Sie da eben mitangehört haben.“
Doktor Gerhard wollte wissen, was für ein Traum es gewesen sei.
„Natürlich ein kosmischer,“ sagte der Philosoph, „sie hoffte es wenigstens und wollte von mir wissen,
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Zitationshilfe: | Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/28>, abgerufen am 16.02.2025. |