Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.fuhren in die Höhe, -- sollte der Panther -- sollte unser letzter Abend -- sollte -- Aber es war der Philosoph und er begriff nicht gleich, weshalb man ihn umringte, begrüßte und mit Fragen überhäufte wie einen Totgeglaubten. Es stellte sich dann heraus, daß er nur eine Frühlingsreise gemacht und nicht mehr die Zeit gefunden hatte, sich zu verabschieden. 10. Mai ... Ich habe mich entschlossen, eine weite Auslandsfahrt anzutreten. Was sollte mich hier jetzt noch zurückhalten? Im Gegenteil -- manchmal beschleicht mich eine Ahnung, als ob auch meiner irgendein grauenvolles Schicksal harrt, wenn ich bleibe. Ich war noch oft mit Hofmann zusammen, und wenn ich an den Blick denke, den Petersen mir damals zuwarf -- -- Es heißt wohl, daß niemand seinem Geschick zu entrinnen vermag, aber man kann es doch wenigstens versuchen. Chamotte schicke ich in seine Heimat zurück, -- ich will ganz allein sein und nichts aus der Vergangenheit mit hinübernehmen. Er weinte bittere Tränen, als ich ihm das mitteilte. "Sei ein Mann, Chamotte, und denke an deine Zukunft," sagte ich, und mir war elend zumut. Könnte ich auch mir dasselbe zurufen, oder täte es ein anderer fuhren in die Höhe, — sollte der Panther — sollte unser letzter Abend — sollte — Aber es war der Philosoph und er begriff nicht gleich, weshalb man ihn umringte, begrüßte und mit Fragen überhäufte wie einen Totgeglaubten. Es stellte sich dann heraus, daß er nur eine Frühlingsreise gemacht und nicht mehr die Zeit gefunden hatte, sich zu verabschieden. 10. Mai … Ich habe mich entschlossen, eine weite Auslandsfahrt anzutreten. Was sollte mich hier jetzt noch zurückhalten? Im Gegenteil — manchmal beschleicht mich eine Ahnung, als ob auch meiner irgendein grauenvolles Schicksal harrt, wenn ich bleibe. Ich war noch oft mit Hofmann zusammen, und wenn ich an den Blick denke, den Petersen mir damals zuwarf — — Es heißt wohl, daß niemand seinem Geschick zu entrinnen vermag, aber man kann es doch wenigstens versuchen. Chamotte schicke ich in seine Heimat zurück, — ich will ganz allein sein und nichts aus der Vergangenheit mit hinübernehmen. Er weinte bittere Tränen, als ich ihm das mitteilte. „Sei ein Mann, Chamotte, und denke an deine Zukunft,“ sagte ich, und mir war elend zumut. Könnte ich auch mir dasselbe zurufen, oder täte es ein anderer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <p><pb facs="#f0194" n="190"/> fuhren in die Höhe, — sollte der Panther — sollte unser letzter Abend — sollte —</p> <p>Aber es war der Philosoph und er begriff nicht gleich, weshalb man ihn umringte, begrüßte und mit Fragen überhäufte wie einen Totgeglaubten. Es stellte sich dann heraus, daß er nur eine Frühlingsreise gemacht und nicht mehr die Zeit gefunden hatte, sich zu verabschieden.</p> </div> <div type="letter" n="2"> <opener> <dateline> <hi rendition="#right">10. Mai …</hi> </dateline> </opener> <p>Ich habe mich entschlossen, eine weite Auslandsfahrt anzutreten. Was sollte mich hier jetzt noch zurückhalten? Im Gegenteil — manchmal beschleicht mich eine Ahnung, als ob auch meiner irgendein grauenvolles Schicksal harrt, wenn ich bleibe. Ich war noch oft mit Hofmann zusammen, und wenn ich an den Blick denke, den Petersen mir damals zuwarf — —</p> <p>Es heißt wohl, daß niemand seinem Geschick zu entrinnen vermag, aber man kann es doch wenigstens versuchen.</p> <p>Chamotte schicke ich in seine Heimat zurück, — ich will ganz allein sein und nichts aus der Vergangenheit mit hinübernehmen. Er weinte bittere Tränen, als ich ihm das mitteilte.</p> <p>„Sei ein Mann, Chamotte, und denke an deine Zukunft,“ sagte ich, und mir war elend zumut. Könnte ich auch mir dasselbe zurufen, oder täte es ein anderer </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [190/0194]
fuhren in die Höhe, — sollte der Panther — sollte unser letzter Abend — sollte —
Aber es war der Philosoph und er begriff nicht gleich, weshalb man ihn umringte, begrüßte und mit Fragen überhäufte wie einen Totgeglaubten. Es stellte sich dann heraus, daß er nur eine Frühlingsreise gemacht und nicht mehr die Zeit gefunden hatte, sich zu verabschieden.
10. Mai … Ich habe mich entschlossen, eine weite Auslandsfahrt anzutreten. Was sollte mich hier jetzt noch zurückhalten? Im Gegenteil — manchmal beschleicht mich eine Ahnung, als ob auch meiner irgendein grauenvolles Schicksal harrt, wenn ich bleibe. Ich war noch oft mit Hofmann zusammen, und wenn ich an den Blick denke, den Petersen mir damals zuwarf — —
Es heißt wohl, daß niemand seinem Geschick zu entrinnen vermag, aber man kann es doch wenigstens versuchen.
Chamotte schicke ich in seine Heimat zurück, — ich will ganz allein sein und nichts aus der Vergangenheit mit hinübernehmen. Er weinte bittere Tränen, als ich ihm das mitteilte.
„Sei ein Mann, Chamotte, und denke an deine Zukunft,“ sagte ich, und mir war elend zumut. Könnte ich auch mir dasselbe zurufen, oder täte es ein anderer
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Zitationshilfe: | Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/194>, abgerufen am 03.03.2025. |