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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

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kaufte in Bauerkleidung die ihm nöthigen Sachen ein.
Den Tag bracht' er darinnen zu, und Abends ging
er hinaus in sein Holz, von dannen er sich mit seiner
Ladung wieder auf den Weg machte. Selbst wenn
man seine Flügel gefunden hätte, wären sie niemand
zu etwas nütze gewesen, weil er jederzeit die Feder zu
sich in die Tasche steckte. Und auf allen Fall würd'
er sich in weniger als einer Nacht leicht andere haben
machen können.

Aber es ist noch ein Zweifel übrig: wo nahm er
denn das Geld her? Jch habe vergessen zu sagen, daß
man auf dem unbesteiglichen Berge auch arbeitete.
Der Schumacher, der Schneider, die jungen Leute,
jedermann war beschäftigt, und den Ueberfluß der Ar-
beit gab man Victorin, um dafür alle kleine ihnen man-
gelnde Bequemlichkeiten einzukaufen. Sogar der gute
Geistliche unterließ nicht geistreiche Gesänge und andäch-
tige Namen zu schreiben, wie zum Beyspiel den vom Va-
ter Maria, die Victorin den Buchhändlern zu Lyon,
die ihn für den andern Magister Adam aus Nevers hiel-
ten, verhandelte. Die Putzmacherinn erfand die nied-
lichsten Hauben und die aufs beste kleidenden Aufsätze,
ziemlich im Geschmack derer, en Chignon -- doub-
le au couillonne,
der coifures en fichu, der pouf --
a tuyaux, Chignons en -- Chainette,
der coques a
crochet -- renverse, etc.
Die beyden Nätherinnen
dachten die Polonaisen, Circassiennen, Leviten, Reif-
chen und andere nicht weniger zierliche Moden aus:
Victorin brachte diese Sachen im ganzen Reiche herum,
und der gute Geschmack ist daselbst so gut fortgekom-

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kaufte in Bauerkleidung die ihm noͤthigen Sachen ein.
Den Tag bracht’ er darinnen zu, und Abends ging
er hinaus in ſein Holz, von dannen er ſich mit ſeiner
Ladung wieder auf den Weg machte. Selbſt wenn
man ſeine Fluͤgel gefunden haͤtte, waͤren ſie niemand
zu etwas nuͤtze geweſen, weil er jederzeit die Feder zu
ſich in die Taſche ſteckte. Und auf allen Fall wuͤrd’
er ſich in weniger als einer Nacht leicht andere haben
machen koͤnnen.

Aber es iſt noch ein Zweifel uͤbrig: wo nahm er
denn das Geld her? Jch habe vergeſſen zu ſagen, daß
man auf dem unbeſteiglichen Berge auch arbeitete.
Der Schumacher, der Schneider, die jungen Leute,
jedermann war beſchaͤftigt, und den Ueberfluß der Ar-
beit gab man Victorin, um dafuͤr alle kleine ihnen man-
gelnde Bequemlichkeiten einzukaufen. Sogar der gute
Geiſtliche unterließ nicht geiſtreiche Geſaͤnge und andaͤch-
tige Namen zu ſchreiben, wie zum Beyſpiel den vom Va-
ter Maria, die Victorin den Buchhaͤndlern zu Lyon,
die ihn fuͤr den andern Magiſter Adam aus Nevers hiel-
ten, verhandelte. Die Putzmacherinn erfand die nied-
lichſten Hauben und die aufs beſte kleidenden Aufſaͤtze,
ziemlich im Geſchmack derer, en Chignon — doub-
le au couillonné,
der coifures en fichu, der pouf —
à tuyaux, Chignons en — Chainette,
der coques à
crochet — renversé, etc.
Die beyden Naͤtherinnen
dachten die Polonaiſen, Circaſſiennen, Leviten, Reif-
chen und andere nicht weniger zierliche Moden aus:
Victorin brachte dieſe Sachen im ganzen Reiche herum,
und der gute Geſchmack iſt daſelbſt ſo gut fortgekom-

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[89/0097] kaufte in Bauerkleidung die ihm noͤthigen Sachen ein. Den Tag bracht’ er darinnen zu, und Abends ging er hinaus in ſein Holz, von dannen er ſich mit ſeiner Ladung wieder auf den Weg machte. Selbſt wenn man ſeine Fluͤgel gefunden haͤtte, waͤren ſie niemand zu etwas nuͤtze geweſen, weil er jederzeit die Feder zu ſich in die Taſche ſteckte. Und auf allen Fall wuͤrd’ er ſich in weniger als einer Nacht leicht andere haben machen koͤnnen. Aber es iſt noch ein Zweifel uͤbrig: wo nahm er denn das Geld her? Jch habe vergeſſen zu ſagen, daß man auf dem unbeſteiglichen Berge auch arbeitete. Der Schumacher, der Schneider, die jungen Leute, jedermann war beſchaͤftigt, und den Ueberfluß der Ar- beit gab man Victorin, um dafuͤr alle kleine ihnen man- gelnde Bequemlichkeiten einzukaufen. Sogar der gute Geiſtliche unterließ nicht geiſtreiche Geſaͤnge und andaͤch- tige Namen zu ſchreiben, wie zum Beyſpiel den vom Va- ter Maria, die Victorin den Buchhaͤndlern zu Lyon, die ihn fuͤr den andern Magiſter Adam aus Nevers hiel- ten, verhandelte. Die Putzmacherinn erfand die nied- lichſten Hauben und die aufs beſte kleidenden Aufſaͤtze, ziemlich im Geſchmack derer, en Chignon — doub- le au couillonné, der coifures en fichu, der pouf — à tuyaux, Chignons en — Chainette, der coques à crochet — renversé, etc. Die beyden Naͤtherinnen dachten die Polonaiſen, Circaſſiennen, Leviten, Reif- chen und andere nicht weniger zierliche Moden aus: Victorin brachte dieſe Sachen im ganzen Reiche herum, und der gute Geſchmack iſt daſelbſt ſo gut fortgekom- men, F 5

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Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/97>, abgerufen am 23.11.2024.