zu sprechen, noch sich ihnen zu zeigen, weil er weiß, daß man ihn unrechtmäßig im Bildnisse aufgehangen habe, und daß ihm der Prozeß ge- macht worden sey. Sie werden also, vielge- liebter Vater, die Güte haben, ihre Fenster zu- zuhalten, und sich nicht auf die Aussicht zu be- geben, wo sie so gern das, was auf dem Felde vorgeht, mit ihrem Fernglase entdecken; denn sonst dürfte es Victorin wohl nie wagen sich der Gefahr auszusetzen und ihre mir so theure Ant- wort abzuholen. Jch verharre mit der tiefsten Verehrung
Jhre zärtliche und unterthänige Tochter Christine von B-m-t.
Als die schöne Christine diesen Brief an ihren Vater geschrieben hatte, las sie ihn Victorin vor, der über den Beweiß ihres Zutrauens sehr erfreut war: sie versiegelt' und übergab ihm denselben, um ihn nach seiner Bequemlichkeit zu überbringen, und der junge Mann, welcher wußte, daß die Schönen in ihren Wünschen sehr lebhaft sind, machte sich die folgende Nacht nach dem Schlosse B-m-t auf.
Es ist unnöthig zu erwähnen, daß die Furcht da behalten oder erkannt zu werden ihn abhielt, sich seinem Vater zu zeigen: Aber bey Gelegenheit des Briefes von Christinen, schrieb er auch einen au
seine
zu ſprechen, noch ſich ihnen zu zeigen, weil er weiß, daß man ihn unrechtmaͤßig im Bildniſſe aufgehangen habe, und daß ihm der Prozeß ge- macht worden ſey. Sie werden alſo, vielge- liebter Vater, die Guͤte haben, ihre Fenſter zu- zuhalten, und ſich nicht auf die Ausſicht zu be- geben, wo ſie ſo gern das, was auf dem Felde vorgeht, mit ihrem Fernglaſe entdecken; denn ſonſt duͤrfte es Victorin wohl nie wagen ſich der Gefahr auszuſetzen und ihre mir ſo theure Ant- wort abzuholen. Jch verharre mit der tiefſten Verehrung
Jhre zaͤrtliche und unterthaͤnige Tochter Chriſtine von B-m-t.
Als die ſchoͤne Chriſtine dieſen Brief an ihren Vater geſchrieben hatte, las ſie ihn Victorin vor, der uͤber den Beweiß ihres Zutrauens ſehr erfreut war: ſie verſiegelt’ und uͤbergab ihm denſelben, um ihn nach ſeiner Bequemlichkeit zu uͤberbringen, und der junge Mann, welcher wußte, daß die Schoͤnen in ihren Wuͤnſchen ſehr lebhaft ſind, machte ſich die folgende Nacht nach dem Schloſſe B-m-t auf.
Es iſt unnoͤthig zu erwaͤhnen, daß die Furcht da behalten oder erkannt zu werden ihn abhielt, ſich ſeinem Vater zu zeigen: Aber bey Gelegenheit des Briefes von Chriſtinen, ſchrieb er auch einen au
ſeine
<TEI><text><body><divn="1"><floatingText><body><divtype="letter"><p><pbfacs="#f0080"n="72"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
zu ſprechen, noch ſich ihnen zu zeigen, weil er<lb/>
weiß, daß man ihn unrechtmaͤßig im Bildniſſe<lb/>
aufgehangen habe, und daß ihm der Prozeß ge-<lb/>
macht worden ſey. Sie werden alſo, vielge-<lb/>
liebter Vater, die Guͤte haben, ihre Fenſter zu-<lb/>
zuhalten, und ſich nicht auf die Ausſicht zu be-<lb/>
geben, wo ſie ſo gern das, was auf dem Felde<lb/>
vorgeht, mit ihrem Fernglaſe entdecken; denn<lb/>ſonſt duͤrfte es Victorin wohl nie wagen ſich der<lb/>
Gefahr auszuſetzen und ihre mir ſo theure Ant-<lb/>
wort abzuholen. Jch verharre mit der tiefſten<lb/>
Verehrung</p><lb/><closer><salute><hirendition="#et"><hirendition="#fr"><hirendition="#g">Jhre</hi></hi><lb/>
zaͤrtliche und unterthaͤnige Tochter<lb/><hirendition="#fr"><hirendition="#g">Chriſtine von B-m-t.</hi></hi></hi></salute></closer></div></body></floatingText><lb/><p>Als die ſchoͤne Chriſtine dieſen Brief an ihren<lb/>
Vater geſchrieben hatte, las ſie ihn Victorin vor,<lb/>
der uͤber den Beweiß ihres Zutrauens ſehr erfreut<lb/>
war: ſie verſiegelt’ und uͤbergab ihm denſelben, um<lb/>
ihn nach ſeiner Bequemlichkeit zu uͤberbringen, und<lb/>
der junge Mann, welcher wußte, daß die Schoͤnen<lb/>
in ihren Wuͤnſchen ſehr lebhaft ſind, machte ſich die<lb/>
folgende Nacht nach dem Schloſſe B-m-t auf.</p><lb/><p>Es iſt unnoͤthig zu erwaͤhnen, daß die Furcht<lb/>
da behalten oder erkannt zu werden ihn abhielt, ſich<lb/>ſeinem Vater zu zeigen: Aber bey Gelegenheit des<lb/>
Briefes von Chriſtinen, ſchrieb er auch einen au<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſeine</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[72/0080]
zu ſprechen, noch ſich ihnen zu zeigen, weil er
weiß, daß man ihn unrechtmaͤßig im Bildniſſe
aufgehangen habe, und daß ihm der Prozeß ge-
macht worden ſey. Sie werden alſo, vielge-
liebter Vater, die Guͤte haben, ihre Fenſter zu-
zuhalten, und ſich nicht auf die Ausſicht zu be-
geben, wo ſie ſo gern das, was auf dem Felde
vorgeht, mit ihrem Fernglaſe entdecken; denn
ſonſt duͤrfte es Victorin wohl nie wagen ſich der
Gefahr auszuſetzen und ihre mir ſo theure Ant-
wort abzuholen. Jch verharre mit der tiefſten
Verehrung
Jhre
zaͤrtliche und unterthaͤnige Tochter
Chriſtine von B-m-t.
Als die ſchoͤne Chriſtine dieſen Brief an ihren
Vater geſchrieben hatte, las ſie ihn Victorin vor,
der uͤber den Beweiß ihres Zutrauens ſehr erfreut
war: ſie verſiegelt’ und uͤbergab ihm denſelben, um
ihn nach ſeiner Bequemlichkeit zu uͤberbringen, und
der junge Mann, welcher wußte, daß die Schoͤnen
in ihren Wuͤnſchen ſehr lebhaft ſind, machte ſich die
folgende Nacht nach dem Schloſſe B-m-t auf.
Es iſt unnoͤthig zu erwaͤhnen, daß die Furcht
da behalten oder erkannt zu werden ihn abhielt, ſich
ſeinem Vater zu zeigen: Aber bey Gelegenheit des
Briefes von Chriſtinen, ſchrieb er auch einen au
ſeine
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/80>, abgerufen am 15.08.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.