war er bey ihm, und er führt' ihn in die besten Ge- sellschaften der Stadt ein, als einen jungen Mann von glänzenden Aussichten, und den man daher auf- nehmen mußte.
Dies war es eben was Victorin wünschte. Er nahm den Ton der großen Welt an, und bildete sich in weniger denn nichts zum vollkommensten Kavalier.
Jndeß arbeitet' er immer an dem Wagen seines Freundes fort. Ein Schlösser mußte das Räder- werk, ohne daß er erfuhr wozu, machen, und nach Verlauf der versprochenen acht Tage war die Ma- schine zu Stande. Der Petitmaitre hüpfte vor Freuden.
Einen Sonntag Nachmittags um vier Uhr beym schönsten Wetter stieg er in seinen Wagen: der Kut- scher spannte an; und als man die Stränge wieder ablegte, stutzt' er, und hielt seinen Herrn für wahn- sinnig. Aber Victorin hatte die Maschine schon ver- sucht. Mittelst zweyer Auftritte, von dem Fuße des Herrn im Wagen in Bewegung gesetzt, gab man den Rädern den Gang eines ziemlichen Pferdetrabs. Eine Spindel, nahe bey der Hand, diente den Wa- gen zu lenken; durch Verdoppelung der Bewegung fuhr man ohne Gefahr Berg auf, und durch Ver- minderung hinunter. Der Kutscher sah dies an- fangs voll Verwunderung, machte bald das Kreuz und schrie, es sey der Teufel. Sein Herr droht' ihm, aber der Schlingel wollte nicht aufsteigen, bis ihn etliche Stockschläge darzu brachten.
Anfangs
war er bey ihm, und er fuͤhrt’ ihn in die beſten Ge- ſellſchaften der Stadt ein, als einen jungen Mann von glaͤnzenden Ausſichten, und den man daher auf- nehmen mußte.
Dies war es eben was Victorin wuͤnſchte. Er nahm den Ton der großen Welt an, und bildete ſich in weniger denn nichts zum vollkommenſten Kavalier.
Jndeß arbeitet’ er immer an dem Wagen ſeines Freundes fort. Ein Schloͤſſer mußte das Raͤder- werk, ohne daß er erfuhr wozu, machen, und nach Verlauf der verſprochenen acht Tage war die Ma- ſchine zu Stande. Der Petitmaitre huͤpfte vor Freuden.
Einen Sonntag Nachmittags um vier Uhr beym ſchoͤnſten Wetter ſtieg er in ſeinen Wagen: der Kut- ſcher ſpannte an; und als man die Straͤnge wieder ablegte, ſtutzt’ er, und hielt ſeinen Herrn fuͤr wahn- ſinnig. Aber Victorin hatte die Maſchine ſchon ver- ſucht. Mittelſt zweyer Auftritte, von dem Fuße des Herrn im Wagen in Bewegung geſetzt, gab man den Raͤdern den Gang eines ziemlichen Pferdetrabs. Eine Spindel, nahe bey der Hand, diente den Wa- gen zu lenken; durch Verdoppelung der Bewegung fuhr man ohne Gefahr Berg auf, und durch Ver- minderung hinunter. Der Kutſcher ſah dies an- fangs voll Verwunderung, machte bald das Kreuz und ſchrie, es ſey der Teufel. Sein Herr droht’ ihm, aber der Schlingel wollte nicht aufſteigen, bis ihn etliche Stockſchlaͤge darzu brachten.
Anfangs
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war er bey ihm, und er fuͤhrt’ ihn in die beſten Ge-
ſellſchaften der Stadt ein, als einen jungen Mann
von glaͤnzenden Ausſichten, und den man daher auf-
nehmen mußte.
Dies war es eben was Victorin wuͤnſchte. Er
nahm den Ton der großen Welt an, und bildete ſich
in weniger denn nichts zum vollkommenſten Kavalier.
Jndeß arbeitet’ er immer an dem Wagen ſeines
Freundes fort. Ein Schloͤſſer mußte das Raͤder-
werk, ohne daß er erfuhr wozu, machen, und nach
Verlauf der verſprochenen acht Tage war die Ma-
ſchine zu Stande. Der Petitmaitre huͤpfte vor
Freuden.
Einen Sonntag Nachmittags um vier Uhr beym
ſchoͤnſten Wetter ſtieg er in ſeinen Wagen: der Kut-
ſcher ſpannte an; und als man die Straͤnge wieder
ablegte, ſtutzt’ er, und hielt ſeinen Herrn fuͤr wahn-
ſinnig. Aber Victorin hatte die Maſchine ſchon ver-
ſucht. Mittelſt zweyer Auftritte, von dem Fuße
des Herrn im Wagen in Bewegung geſetzt, gab man
den Raͤdern den Gang eines ziemlichen Pferdetrabs.
Eine Spindel, nahe bey der Hand, diente den Wa-
gen zu lenken; durch Verdoppelung der Bewegung
fuhr man ohne Gefahr Berg auf, und durch Ver-
minderung hinunter. Der Kutſcher ſah dies an-
fangs voll Verwunderung, machte bald das Kreuz
und ſchrie, es ſey der Teufel. Sein Herr droht’
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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/52>, abgerufen am 24.11.2024.
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