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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

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ren? Gottlose, in die gröste Unwissenheit versunkene
Menschen, die mit einer erschrecklichen Gottesläste-
rung das höchste Wesen nach ihrem blutdürstigen Her-
zen beurtheilt haben! Ach, meine Brüder! ihr seid
ia Menschen; kehrt zu Gesinnungen, die der Vernunft
angemessen sind, zurück; Jagt die ehrlosen Jnquisi-
tors fort, die den Geist der Religion zernichten, an-
statt, daß sie vorgeben ihn zu erhalten. Einem ieden
von euch sei es erlaubt, seinen Einsichten und seiner
Ueberzeugung gemäs zu denken, das heißt die Men-
schen erniedrigen und sie unter das Vieh herabwürdi-
gen, wenn man sie verhindert, zu reden und zu han-
deln wie sie denken. Ja es heißt die ewige Vernunft
lästern, davon die Gottheit uns allen einen Funken zu
unsrer Leitung mitgetheilt hat: das heißt sie der Un-
gerechtigkeit beschuldigen oder sich über ihre Unbeson-
nenheit aufhalten: dies ist die schrecklichste Entheili-
gung; Derienige, welcher andre verfolgt, damit sie
so denken sollen, wie er, müsse gleich einem giftigen
Thiere auf eine wüste Jnsel versetzt werden; Nein
Portugiesen, nur eine allgemeine Toleranz und eine
gänzliche Gleichgültigkeit gegen alle Meinungen,
kann den Frieden erhalten. "Niemand hat ein meh-
reres Recht, als über seine eigne Meinung. Derie-
nige, welcher unter dem Vorwande des Eifers gegen
Gott, für seine Religion eingenommen ist, giebt zu
erkennen, daß er weder die Macht Gottes kent, weil
er ihn beschützen will, noch seine Güte, weil er ihm
durch Unrechtthun einen Dienst zu erweisen glaubt.
Jrriger böser Mensch, Gott ist mächtiger als du,
und bedarf deiner Hülfe nicht. Es ist als wenn der

unbe-



ren? Gottloſe, in die groͤſte Unwiſſenheit verſunkene
Menſchen, die mit einer erſchrecklichen Gotteslaͤſte-
rung das hoͤchſte Weſen nach ihrem blutduͤrſtigen Her-
zen beurtheilt haben! Ach, meine Bruͤder! ihr ſeid
ia Menſchen; kehrt zu Geſinnungen, die der Vernunft
angemeſſen ſind, zuruͤck; Jagt die ehrloſen Jnquiſi-
tors fort, die den Geiſt der Religion zernichten, an-
ſtatt, daß ſie vorgeben ihn zu erhalten. Einem ieden
von euch ſei es erlaubt, ſeinen Einſichten und ſeiner
Ueberzeugung gemaͤs zu denken, das heißt die Men-
ſchen erniedrigen und ſie unter das Vieh herabwuͤrdi-
gen, wenn man ſie verhindert, zu reden und zu han-
deln wie ſie denken. Ja es heißt die ewige Vernunft
laͤſtern, davon die Gottheit uns allen einen Funken zu
unſrer Leitung mitgetheilt hat: das heißt ſie der Un-
gerechtigkeit beſchuldigen oder ſich uͤber ihre Unbeſon-
nenheit aufhalten: dies iſt die ſchrecklichſte Entheili-
gung; Derienige, welcher andre verfolgt, damit ſie
ſo denken ſollen, wie er, muͤſſe gleich einem giftigen
Thiere auf eine wuͤſte Jnſel verſetzt werden; Nein
Portugieſen, nur eine allgemeine Toleranz und eine
gaͤnzliche Gleichguͤltigkeit gegen alle Meinungen,
kann den Frieden erhalten. „Niemand hat ein meh-
reres Recht, als uͤber ſeine eigne Meinung. Derie-
nige, welcher unter dem Vorwande des Eifers gegen
Gott, fuͤr ſeine Religion eingenommen iſt, giebt zu
erkennen, daß er weder die Macht Gottes kent, weil
er ihn beſchuͤtzen will, noch ſeine Guͤte, weil er ihm
durch Unrechtthun einen Dienſt zu erweiſen glaubt.
Jrriger boͤſer Menſch, Gott iſt maͤchtiger als du,
und bedarf deiner Huͤlfe nicht. Es iſt als wenn der

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[376/0384] ren? Gottloſe, in die groͤſte Unwiſſenheit verſunkene Menſchen, die mit einer erſchrecklichen Gotteslaͤſte- rung das hoͤchſte Weſen nach ihrem blutduͤrſtigen Her- zen beurtheilt haben! Ach, meine Bruͤder! ihr ſeid ia Menſchen; kehrt zu Geſinnungen, die der Vernunft angemeſſen ſind, zuruͤck; Jagt die ehrloſen Jnquiſi- tors fort, die den Geiſt der Religion zernichten, an- ſtatt, daß ſie vorgeben ihn zu erhalten. Einem ieden von euch ſei es erlaubt, ſeinen Einſichten und ſeiner Ueberzeugung gemaͤs zu denken, das heißt die Men- ſchen erniedrigen und ſie unter das Vieh herabwuͤrdi- gen, wenn man ſie verhindert, zu reden und zu han- deln wie ſie denken. Ja es heißt die ewige Vernunft laͤſtern, davon die Gottheit uns allen einen Funken zu unſrer Leitung mitgetheilt hat: das heißt ſie der Un- gerechtigkeit beſchuldigen oder ſich uͤber ihre Unbeſon- nenheit aufhalten: dies iſt die ſchrecklichſte Entheili- gung; Derienige, welcher andre verfolgt, damit ſie ſo denken ſollen, wie er, muͤſſe gleich einem giftigen Thiere auf eine wuͤſte Jnſel verſetzt werden; Nein Portugieſen, nur eine allgemeine Toleranz und eine gaͤnzliche Gleichguͤltigkeit gegen alle Meinungen, kann den Frieden erhalten. „Niemand hat ein meh- reres Recht, als uͤber ſeine eigne Meinung. Derie- nige, welcher unter dem Vorwande des Eifers gegen Gott, fuͤr ſeine Religion eingenommen iſt, giebt zu erkennen, daß er weder die Macht Gottes kent, weil er ihn beſchuͤtzen will, noch ſeine Guͤte, weil er ihm durch Unrechtthun einen Dienſt zu erweiſen glaubt. Jrriger boͤſer Menſch, Gott iſt maͤchtiger als du, und bedarf deiner Huͤlfe nicht. Es iſt als wenn der unbe-

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Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/384>, abgerufen am 27.11.2024.