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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

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lange Zeit allein hinlänglich gewesen war, im hohen
Alter starb, so reisten die Prinzen Hermantin, Da-
gobert etc. um die Einförmigkeit der Religion und des
Gottesdienstes zu erhalten, mit dem Schiffe sogleich
nach Europa, und entführten den Bischof von ***
von dem man vor einigen Jahren glaubte, er sei ge-
storben, weil er würklich krank war; legten aber ei-
nen Leichnam an die Stelle dieses Prälaten. Er ist
es, der unsre gegenwärtigen Geistlichen, dem Gese-
tze gemäs, nämlich lauter Alte eingesetzt hat.

Auf der Rückkehr von dieser Reise waren die
Prinzen, als sie ziemlich über Jndien kamen, Zeugen
von einem Avto-da-fe, das die andächtigen Portu-
giesen in Goa feiern wolten. Es bestand aus einer gan-
zen Familie elender Mauren, dem Vater, der Mut-
ter, zwei Knaben und drey Mädchen die den Maho-
metismum aus Furcht abgeschworen aber aus Ueber-
zeugung wieder angenommen hatten; aus zwei iüdi-
schen Familien, die aus Eigennutz übergetreten wa-
ren, zur vermeintlichen Beruhigung ihres Gewissens
aber das Judenthum im Stillen trieben; endlich aus
einigen noch unschuldigen Protestanten, die aber von
den eifrigen Katholiken destomehr gehaßt wurden. Die
heilige Feierlichkeit näherte sich ihrem Ende, die
Scheiterhaufen waren gelegt: man hatte die Unglück-
lichen mit ihren Mützen, und Sanbenitas mit Flam-
men, Teufeln und allen abscheulichen Schrecknissen
des Aberglaubens besät, bereits angebunden. Her-
mantin würde ohne dem Geschrei der maurischen und
iüdischen Mädchen das auch nicht einmal geachtet ha-

ben.



lange Zeit allein hinlaͤnglich geweſen war, im hohen
Alter ſtarb, ſo reiſten die Prinzen Hermantin, Da-
gobert ꝛc. um die Einfoͤrmigkeit der Religion und des
Gottesdienſtes zu erhalten, mit dem Schiffe ſogleich
nach Europa, und entfuͤhrten den Biſchof von ***
von dem man vor einigen Jahren glaubte, er ſei ge-
ſtorben, weil er wuͤrklich krank war; legten aber ei-
nen Leichnam an die Stelle dieſes Praͤlaten. Er iſt
es, der unſre gegenwaͤrtigen Geiſtlichen, dem Geſe-
tze gemaͤs, naͤmlich lauter Alte eingeſetzt hat.

Auf der Ruͤckkehr von dieſer Reiſe waren die
Prinzen, als ſie ziemlich uͤber Jndien kamen, Zeugen
von einem Avto-da-fe, das die andaͤchtigen Portu-
gieſen in Goa feiern wolten. Es beſtand aus einer gan-
zen Familie elender Mauren, dem Vater, der Mut-
ter, zwei Knaben und drey Maͤdchen die den Maho-
metiſmum aus Furcht abgeſchworen aber aus Ueber-
zeugung wieder angenommen hatten; aus zwei iuͤdi-
ſchen Familien, die aus Eigennutz uͤbergetreten wa-
ren, zur vermeintlichen Beruhigung ihres Gewiſſens
aber das Judenthum im Stillen trieben; endlich aus
einigen noch unſchuldigen Proteſtanten, die aber von
den eifrigen Katholiken deſtomehr gehaßt wurden. Die
heilige Feierlichkeit naͤherte ſich ihrem Ende, die
Scheiterhaufen waren gelegt: man hatte die Ungluͤck-
lichen mit ihren Muͤtzen, und Sanbenitas mit Flam-
men, Teufeln und allen abſcheulichen Schreckniſſen
des Aberglaubens beſaͤt, bereits angebunden. Her-
mantin wuͤrde ohne dem Geſchrei der mauriſchen und
iuͤdiſchen Maͤdchen das auch nicht einmal geachtet ha-

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[374/0382] lange Zeit allein hinlaͤnglich geweſen war, im hohen Alter ſtarb, ſo reiſten die Prinzen Hermantin, Da- gobert ꝛc. um die Einfoͤrmigkeit der Religion und des Gottesdienſtes zu erhalten, mit dem Schiffe ſogleich nach Europa, und entfuͤhrten den Biſchof von *** von dem man vor einigen Jahren glaubte, er ſei ge- ſtorben, weil er wuͤrklich krank war; legten aber ei- nen Leichnam an die Stelle dieſes Praͤlaten. Er iſt es, der unſre gegenwaͤrtigen Geiſtlichen, dem Geſe- tze gemaͤs, naͤmlich lauter Alte eingeſetzt hat. Auf der Ruͤckkehr von dieſer Reiſe waren die Prinzen, als ſie ziemlich uͤber Jndien kamen, Zeugen von einem Avto-da-fe, das die andaͤchtigen Portu- gieſen in Goa feiern wolten. Es beſtand aus einer gan- zen Familie elender Mauren, dem Vater, der Mut- ter, zwei Knaben und drey Maͤdchen die den Maho- metiſmum aus Furcht abgeſchworen aber aus Ueber- zeugung wieder angenommen hatten; aus zwei iuͤdi- ſchen Familien, die aus Eigennutz uͤbergetreten wa- ren, zur vermeintlichen Beruhigung ihres Gewiſſens aber das Judenthum im Stillen trieben; endlich aus einigen noch unſchuldigen Proteſtanten, die aber von den eifrigen Katholiken deſtomehr gehaßt wurden. Die heilige Feierlichkeit naͤherte ſich ihrem Ende, die Scheiterhaufen waren gelegt: man hatte die Ungluͤck- lichen mit ihren Muͤtzen, und Sanbenitas mit Flam- men, Teufeln und allen abſcheulichen Schreckniſſen des Aberglaubens beſaͤt, bereits angebunden. Her- mantin wuͤrde ohne dem Geſchrei der mauriſchen und iuͤdiſchen Maͤdchen das auch nicht einmal geachtet ha- ben.

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Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/382>, abgerufen am 23.11.2024.