ihrer Heimat zurück. Der Alte Noffub und sein Sohn Teugnil gaben daher der Nation davon Nach- richt, welche sich versamlete, um von diesen aus- serordentlichen Gästen Abschied zu nehmen. Man mach- te ihnen kostbare Geschenke, die sie auf das Schif trugen: man ersülte sie mit Seegens- und Glückwün- schen, und als sie abzureisen im Begrif waren, fing der Alte Noffub in umgekehrter Sprache also an:
"Meine lieben Kinder, ich kenne euer Betragen "gegen die verschiedenen Gattungen von Menschen "die ihr entdeckt habt. Es verdient Lob: aber "glaubt mir, mischt euch nicht zu sehr in die Hän- "del dieser Völker. Unmerklich würdet ihr euch "zum grösten Unglück für Herrn und Eigen- "thümer derselben ansehn. Erhaltet die Gleichheit "unter euch. Jch will nicht verlangen, daß "ihr alle unsere Gebräuche annehmen solt: be- "haltet aber die eurigen, die ich für gut genug "halte. Wir sind glücklich wie ihr seht, macht "nun Gebrauch von eurer Vernunft und zieht Fol- "gen daraus. Schreibt mit goldnen Buchstaben, "und in allen bekanten Sprachen an das Haupt- "thor eurer Stadt: ohne volkomne Gleichheit, "findet keine Tugend, kein Glück statt. Lebt "wohl!" --
Nach genommenem Abschied von den Megapa- tagonen, kehrten die sechs Prinzen auf dem kürze- sten Wege mit dem Schiffe nach der Christininsel zurück. Unterwegens begegneten sie dem Schif des
Kapi-
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ihrer Heimat zuruͤck. Der Alte Noffub und ſein Sohn Teugnil gaben daher der Nation davon Nach- richt, welche ſich verſamlete, um von dieſen auſ- ſerordentlichen Gaͤſten Abſchied zu nehmen. Man mach- te ihnen koſtbare Geſchenke, die ſie auf das Schif trugen: man erſuͤlte ſie mit Seegens- und Gluͤckwuͤn- ſchen, und als ſie abzureiſen im Begrif waren, fing der Alte Noffub in umgekehrter Sprache alſo an:
„Meine lieben Kinder, ich kenne euer Betragen „gegen die verſchiedenen Gattungen von Menſchen „die ihr entdeckt habt. Es verdient Lob: aber „glaubt mir, miſcht euch nicht zu ſehr in die Haͤn- „del dieſer Voͤlker. Unmerklich wuͤrdet ihr euch „zum groͤſten Ungluͤck fuͤr Herrn und Eigen- „thuͤmer derſelben anſehn. Erhaltet die Gleichheit „unter euch. Jch will nicht verlangen, daß „ihr alle unſere Gebraͤuche annehmen ſolt: be- „haltet aber die eurigen, die ich fuͤr gut genug „halte. Wir ſind gluͤcklich wie ihr ſeht, macht „nun Gebrauch von eurer Vernunft und zieht Fol- „gen daraus. Schreibt mit goldnen Buchſtaben, „und in allen bekanten Sprachen an das Haupt- „thor eurer Stadt: ohne volkomne Gleichheit, „findet keine Tugend, kein Gluͤck ſtatt. Lebt „wohl!‟ —
Nach genommenem Abſchied von den Megapa- tagonen, kehrten die ſechs Prinzen auf dem kuͤrze- ſten Wege mit dem Schiffe nach der Chriſtininſel zuruͤck. Unterwegens begegneten ſie dem Schif des
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ihrer Heimat zuruͤck. Der Alte Noffub und ſein
Sohn Teugnil gaben daher der Nation davon Nach-
richt, welche ſich verſamlete, um von dieſen auſ-
ſerordentlichen Gaͤſten Abſchied zu nehmen. Man mach-
te ihnen koſtbare Geſchenke, die ſie auf das Schif
trugen: man erſuͤlte ſie mit Seegens- und Gluͤckwuͤn-
ſchen, und als ſie abzureiſen im Begrif waren, fing
der Alte Noffub in umgekehrter Sprache alſo an:
„Meine lieben Kinder, ich kenne euer Betragen
„gegen die verſchiedenen Gattungen von Menſchen
„die ihr entdeckt habt. Es verdient Lob: aber
„glaubt mir, miſcht euch nicht zu ſehr in die Haͤn-
„del dieſer Voͤlker. Unmerklich wuͤrdet ihr euch
„zum groͤſten Ungluͤck fuͤr Herrn und Eigen-
„thuͤmer derſelben anſehn. Erhaltet die Gleichheit
„unter euch. Jch will nicht verlangen, daß
„ihr alle unſere Gebraͤuche annehmen ſolt: be-
„haltet aber die eurigen, die ich fuͤr gut genug
„halte. Wir ſind gluͤcklich wie ihr ſeht, macht
„nun Gebrauch von eurer Vernunft und zieht Fol-
„gen daraus. Schreibt mit goldnen Buchſtaben,
„und in allen bekanten Sprachen an das Haupt-
„thor eurer Stadt: ohne volkomne Gleichheit,
„findet keine Tugend, kein Gluͤck ſtatt. Lebt
„wohl!‟ —
Nach genommenem Abſchied von den Megapa-
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ſten Wege mit dem Schiffe nach der Chriſtininſel
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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/363>, abgerufen am 17.07.2024.
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