genommen; weil wir sehr dafür sorgen, daß sie nichts, was ihrer Reinlichkeit schaden und ihnen etwas widriges mittheilen könte, vornehmen: die Weiber sind folgsam und ehrerbietig gegen die Män- ner, und stehen als die Bewahrer der künftigen Geschlechter bei diesen in Achtung und Ansehn: und warum solte auch iemand eine Frau schlecht be- handlen oder verführen wollen, die einst die seini- ge werden kan.
Unsere Vergnügungen bestehen in Spielen, wel- che den Körper in Bewegung erhalten, ohne zu ermüden, und mehr Geschicklichkeit, als Kräfte verlangen. Blos der Ruhm kan in einem Lande wie das unsrige die Belohnung des Siegers sein. Die Frauenzimmer machen sich mit Tanzen einen Zeitvertreib, das ihnen einen bessern Anstand giebt, oder mit künstlichen Spielen, die ebenfals den Entzweck haben, ihre Bewegungen leichter und angenehmer zu machen. Auch beschäftigen sie sich mit Erfindungen und Versuchen verschjedener Arten von Putz und suchen ihre sanften und biegsamen Stimmen dem mänlichen Gesange der Mannsper- sonen, oder denen Jnstrumenten, welche die letztern spielen, anzupassen. Ueber dies haben sie eine Art von Spiel, das ihnen vorzüglich gefält; sie üben sich nämlich unter einander darin, welche die ar- tigsten Mienen, das verführerischste Lächeln anneh- men, oder die würksamsten Mittel ausfündig ma- chen kan, den Männern in allen möglichen Um- ständen zu gefallen. Man prägt ihnen von Kind-
heit
genommen; weil wir ſehr dafuͤr ſorgen, daß ſie nichts, was ihrer Reinlichkeit ſchaden und ihnen etwas widriges mittheilen koͤnte, vornehmen: die Weiber ſind folgſam und ehrerbietig gegen die Maͤn- ner, und ſtehen als die Bewahrer der kuͤnftigen Geſchlechter bei dieſen in Achtung und Anſehn: und warum ſolte auch iemand eine Frau ſchlecht be- handlen oder verfuͤhren wollen, die einſt die ſeini- ge werden kan.
Unſere Vergnuͤgungen beſtehen in Spielen, wel- che den Koͤrper in Bewegung erhalten, ohne zu ermuͤden, und mehr Geſchicklichkeit, als Kraͤfte verlangen. Blos der Ruhm kan in einem Lande wie das unſrige die Belohnung des Siegers ſein. Die Frauenzimmer machen ſich mit Tanzen einen Zeitvertreib, das ihnen einen beſſern Anſtand giebt, oder mit kuͤnſtlichen Spielen, die ebenfals den Entzweck haben, ihre Bewegungen leichter und angenehmer zu machen. Auch beſchaͤftigen ſie ſich mit Erfindungen und Verſuchen verſchjedener Arten von Putz und ſuchen ihre ſanften und biegſamen Stimmen dem maͤnlichen Geſange der Mannsper- ſonen, oder denen Jnſtrumenten, welche die letztern ſpielen, anzupaſſen. Ueber dies haben ſie eine Art von Spiel, das ihnen vorzuͤglich gefaͤlt; ſie uͤben ſich naͤmlich unter einander darin, welche die ar- tigſten Mienen, das verfuͤhreriſchſte Laͤcheln anneh- men, oder die wuͤrkſamſten Mittel ausfuͤndig ma- chen kan, den Maͤnnern in allen moͤglichen Um- ſtaͤnden zu gefallen. Man praͤgt ihnen von Kind-
heit
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genommen; weil wir ſehr dafuͤr ſorgen, daß ſie
nichts, was ihrer Reinlichkeit ſchaden und ihnen
etwas widriges mittheilen koͤnte, vornehmen: die
Weiber ſind folgſam und ehrerbietig gegen die Maͤn-
ner, und ſtehen als die Bewahrer der kuͤnftigen
Geſchlechter bei dieſen in Achtung und Anſehn: und
warum ſolte auch iemand eine Frau ſchlecht be-
handlen oder verfuͤhren wollen, die einſt die ſeini-
ge werden kan.
Unſere Vergnuͤgungen beſtehen in Spielen, wel-
che den Koͤrper in Bewegung erhalten, ohne zu
ermuͤden, und mehr Geſchicklichkeit, als Kraͤfte
verlangen. Blos der Ruhm kan in einem Lande
wie das unſrige die Belohnung des Siegers ſein.
Die Frauenzimmer machen ſich mit Tanzen einen
Zeitvertreib, das ihnen einen beſſern Anſtand giebt,
oder mit kuͤnſtlichen Spielen, die ebenfals den
Entzweck haben, ihre Bewegungen leichter und
angenehmer zu machen. Auch beſchaͤftigen ſie ſich
mit Erfindungen und Verſuchen verſchjedener Arten
von Putz und ſuchen ihre ſanften und biegſamen
Stimmen dem maͤnlichen Geſange der Mannsper-
ſonen, oder denen Jnſtrumenten, welche die letztern
ſpielen, anzupaſſen. Ueber dies haben ſie eine Art
von Spiel, das ihnen vorzuͤglich gefaͤlt; ſie uͤben
ſich naͤmlich unter einander darin, welche die ar-
tigſten Mienen, das verfuͤhreriſchſte Laͤcheln anneh-
men, oder die wuͤrkſamſten Mittel ausfuͤndig ma-
chen kan, den Maͤnnern in allen moͤglichen Um-
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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/341>, abgerufen am 16.07.2024.
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